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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Und Sadie? Was konnte sie über Sadie sagen? Wenn das damals nicht passiert wäre, wenn Sadie nicht diese unglaubliche Nummer mit Maggie abgezogen hätte und danach verschwunden wäre, wenn sie, wie Miranda erwartet hatte, in Hobart geblieben wäre – würde sie ihr immer noch so auf die Nerven gehen?
    Sie dachte häufig an Sadie. Miranda hielt oft im Flugzeug nach ihr Ausschau, an Flughäfen, in all den Städten, in die sie reiste. Sie fragte sich, wie Sadie jetzt wohl aussähe. Die Vorstellung, dass Sadie Hippie geworden war, hatte sich ihr derart eingeprägt, dass Miranda ihre Schwester oft in schlabberigen Ballonhosen und einem T-Shirt ohne Büstenhalter vor sich sah – was natürlich eine vollkommen überholte Vorstellung war.
    Miranda hatte es weder ihrem Vater noch ihren Schwestern erzählt, aber sie hatte nach Sadie gesucht, als sie vor Jahren auf einer Wochenendparty in Byron Bay gewesen war, nicht weit von dem Ort entfernt, wo Leo und Clementine Sadie damals mit Maggie gefunden hatten. Falls Sadie wirklich Hippie geworden wäre, hätte sie sich keinen besseren Ort aussuchen können. Dort gab es nur Himmel, Meer und grüne Hügel, das Licht änderte sich mit jeder Stunde, die Atmosphäre war entspannt, die Geschäfte entlang der Hauptstraße boten sämtlich Kristalle, organisches Essen, Chakras und Gesänge feil. Miranda hatte sich nicht schnell genug aus dem Staub machen können. Vorher hatte sie jedoch noch ein paar beiläufige Erkundigungen eingeholt. Sie hatte in vier Geschäften gefragt, in zwei der Pubs, auf einem der Campingplätze. Niemand hatte je von einer Sadie Faraday gehört. Dafür war Miranda gleich zweimal eine Massage angeboten worden.
    Miranda war immer froh, wenn die jährlichen Karten von Sadie eintrafen. Insgeheim befürchteten alle, dass Sadie etwas Unüberlegtes tun könnte, Drogen oder Alkohol konsumieren oder in ein tiefes Loch der Verzweiflung fallen könnte. Doch ihre Karten wiesen nie auf etwas Derartiges hin. So kurz sie auch waren, der Ton war stets heiter. »Bei mir läuft es bestens«, schrieb sie oft. Sie erwähnte Leo oder ihre Schwestern mit keinem Wort. Es war, als hätte Sadie sie aus ihrem Leben gestrichen.
    »Entschuldigen Sie, darf ich vielleicht in Ihre Zeitung schauen?« Es war der Herr neben ihr.
    Sie drehte sich zur Seite. »Aber selbstverständlich. Bedienen Sie sich«, sagte sie mit der Stimme, die sie für sexy hielt. Ein klein wenig tiefer als sonst. Sein Lächeln wurde breiter. Ach, die Männer waren doch alle gleich. Sie konnte nicht mehr sagen, wie oft sie schon um ihre Zeitung gebeten worden war – die beliebteste Frage, um im Flieger ein Gespräch in Gang zu setzen. Vor Miranda lagen zwölf Stunden Flugzeit. Es machte wenig Sinn, sich schon jetzt auf eine längere Unterhaltung einzulassen.
    Sie holte ihr Buch aus der Tasche am Vordersitz. Maggies letzte Karte diente als Lesezeichen. Miranda hatte ihre Nichte zuletzt vor drei Monaten gesehen. Miranda war im Urlaub in Frankreich gewesen, als sie auf ihrem Handy den verzweifelten Anruf erhalten hatte. Unter einem solchen Tränenstrom, dass sie eine Weile gebraucht hatte, bis sie Maggie verstanden hatte. Fast hätte sie noch darüber gescherzt. »Nur damit ich das auch wirklich begreife, Maggie. Ein Mann hat sich während einer Konferenz eine Waffe an den Kopf gehalten, dann bist du nach Hause gefahren und hast Angus und deine beste Freundin in flagranti in seinem Arbeitszimmer erwischt. Bist du sicher, dass du mir da keine Episode aus Zeit der Sehnsucht erzählst?«
    Die Lage war ernst. Das hatte Miranda rasch begriffen. Nachdem sie Maggie versichert hatte, dass sie so schnell wie möglich kommen würde, hatte sie ihre Schwestern angerufen. Sie konnte niemand erreichen. Miranda hatte noch am gleichen Abend versucht, von Paris aus nach London zu fliegen. Unglücklicherweise hatte dichter Nebel geherrscht. Sie hatte erst am nächsten Morgen einen Flug bekommen und vom Flughafen aus direkt ein Taxi zu dem Hotel genommen, in dem Maggie Zuflucht gesucht hatte.
    Maggie hatte in ihrem Zimmer gewartet, das Haar wirr, Bluse und Rock zerknittert. Ihr Koffer hatte ungeöffnet neben dem Bett gestanden. Sie hatte in ihren Kleidern geschlafen. Miranda hatte sie sofort in die Arme genommen. Maggie hatte zu erzählen begonnen. Miranda musste nicht nachhaken, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
    Sie hatte immer noch unter Schock gestanden. Miranda hatte vorgeschlagen, das Hotel zu verlassen und nach Hause zu

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