Die Toechter der Familie Faraday
fahren. Es würde Maggie sicher guttun, von vertrauten Dingen umgeben zu sein. Maggie hatte sich geweigert. Zwischen ihr und Angus wäre es vorbei.
Miranda hatte ihre Nichte erneut umarmen wollen, doch Maggie hatte sich beruhigt, sich aufgesetzt und die Tränen abgewischt. »Ich habe mich auch entschieden zu kündigen. Ich kann nicht zurück. Ich kann nie mehr in dieses Büro gehen.«
»Maggie, bitte mach langsam. Du hast einen gewaltigen Schock. Lass dir ein wenig Zeit.«
Maggie war aufgestanden. Mit ihren ein Meter sechzig, der schlanken Figur, der blassen Haut und den dunklen Augen hatte sie Miranda an Clementine als Teenager erinnert. »Ich brauche keine Zeit. Mein Chef hat mir auch gesagt, ich soll mir ein paar Tage freinehmen. Unseren Counselor aufsuchen. Als ob das reichen und danach alles wieder normal würde. Das wird es nie mehr, denn ich bin nicht mehr wie früher.«
»Doch, Maggie, das bist du.«
»Bin ich nicht. Mir ist, als hätte ich mich bisher einfach treiben lassen. Ich habe niemals innegehalten und nachgedacht. Aber ich kann etwas ändern. Ich kann mich entscheiden auszuscheren.«
»Aber was willst du tun? In London bleiben? Dir einen anderen Job suchen?«
Maggie hatte sich die Nasenspitze gerieben. »Ich weiß noch nicht. Ich muss das alles erst überdenken. Ich kann das Geschehene nicht ungeschehen machen, aber ich kann wenigstens etwas für die Familie dieses Mannes tun. Versuchen, etwas gutzumachen. Ich habe Ersparnisse. Das wird dort nötiger gebraucht als bei mir.«
»Maggie, du triffst vorschnelle Entscheidungen. Denk noch einmal über alles nach.«
»Das muss ich nicht. Es könnte nicht klarer sein. Weißt du, als was mein Chef diesen Mann bezeichnet hat? Als Kollateralschaden. ›Vergessen Sie den, Maggie. Sie sind großartig in Ihrem Job. Wir haben noch viel mit Ihnen vor.‹« Sie war wieder zusammengebrochen. Miranda hatte sie im Arm gehalten.
»Es ist ja gut, Maggie«, hatte Miranda gesagt und ihr das dunkle Haar aus dem Gesicht gestrichen. »Denk jetzt nicht mehr daran. Vergiss diesen Mann, und auch Angus. Das ist im Moment nicht wichtig.«
»Doch, es ist wichtig.« Maggie hatte sich aufgesetzt. Es war, als hätte sie eine Offenbarung. Sie hätte seit Monaten Zweifel wegen Angus gehabt, sich von dem Leben verführen lassen, das er ihr bieten konnte, hatte sie gestanden. Tickets für die Oper im Covent Garden, für Theaterstücke im West End. Es war, als spielte sie Verkleiden. Es hatte Spaß gemacht. Bis ihr eines Tages bewusst geworden war, dass alles, was ihm wichtig war, ihr vollkommen unwichtig war.
» Er wollte unbedingt in dieser teuren Gegend wohnen, er hat darauf bestanden, dass wir uns Designermöbel kaufen und nur Designerklamotten tragen, und ich habe mitgemacht. Wie konnte ich bloß so schwach sein?«
»Du bist nicht schwach. Das ist wirklich das Letzte, was ich von dir behaupten würde.«
»Aber ich war schwach, Miranda. Ich bin sechsundzwanzig. Ich hätte mehr Verstand haben müssen. Was habe ich mir nur dabei gedacht, mich auf jemanden wie ihn einzulassen?«
Miranda hatte sich auf die Zunge gebissen. Sie hatte bei seinem Anblick den gleichen Gedanken gehabt, sich aber entschieden zu schweigen. Sie war so froh gewesen, dass Maggie endlich einen Mann gefunden hatte. Ihr fortwährender Status als Single hatte zu vielen langen Gesprächen zwischen ihrer Mutter und ihren Tanten geführt. Miranda hatte gehofft, dass sie Angus im Laufe der Zeit mögen würde. Aber er war ihr von Mal zu Mal mehr auf die Nerven gegangen. Er hatte sie allerdings auch nicht leiden können. Was sie mit großem Vergnügen zur Kenntnis genommen hatte.
Miranda hatte noch einmal vergeblich zu Bedacht geraten. Aber es war, so hatte sie Clementine später bei einem ihrer vielen Telefonate berichtet, als wollte man einen Erdrutsch mit einem Besen aufhalten. »Wenn sich deine Tochter einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, kann nichts und niemand sie stoppen, oder?«
Als sich Miranda und Maggie am nächsten Tag zum Mittagessen trafen, hatte Maggie bereits die Kündigung eingereicht und der Familie des Mannes anonym einen großzügigen Scheck zukommen lassen.
Miranda dagegen hatte eine Lösung für Maggies Wohnungsproblem gefunden. Ihr war das New Yorker Apartment ihrer Freundin Ramona in den Sinn gekommen. Miranda und Ramona waren viele Jahre lang zusammen geflogen, bis Ramona endlich den amerikanischen Geschäftsmann heiratete, mit dem sie fast zehn Jahre lang eine Affäre gehabt hatte.
Weitere Kostenlose Bücher