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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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vermutlich auch die Dinge mit Angus einfach laufen lassen.
    Das waren keine angenehmen Gedanken. Sie sah sich viel lieber als die Betrogene und Angus als den Schurken.
    »Ich hätte sowieso mit ihm Schluss gemacht, ganz bestimmt«, sagte sie laut und ignorierte den erstaunten Blick eines älteren Mannes, der an ihr vorbeiging.
    Als sie nach Hause kam, wartete eine Nachricht von Gabriel auf dem Anrufbeantworter. Er wollte wissen, wie es mit Dolly gelaufen war. Sie rief umgehend zurück.
    »Wir sind heute wunderbar miteinander ausgekommen. Ich mag sie.«
    »Sie mögen sie? Dolly muss sich entschieden haben, Sie auch zu mögen.«
    »So weit würde ich vielleicht nicht gehen. Sagen wir, sie toleriert mich.«
    »Sie wollen sie also weiterhin besuchen?«
    »Sie will mich morgen schon wiedersehen.«
    »Und Sie gehen hin? So schnell? Na dann viel Glück. Ich mache einen Vermerk in Ihrer Akte, für Mom. Jetzt bekommen Sie garantiert zwei goldene Sterne.«
    Immer noch verschwitzt, ging Maggie unter die Dusche und zog sich dann um. Vor ihr lag der angebrochene Tag. Das Telefonat mit Gabriel hatte sie daran erinnert, dass sie keine Freunde in der Stadt hatte. Wenn ihr etwas passieren würde, würde das überhaupt jemand merken? Würde irgendjemand nach ihr sehen? Es könnte doch sein, dass tagelang niemand anrief, und wenn, dachten die Anrufer beim Klang des Anrufbeantworters vermutlich nur, Maggie wäre unterwegs oder wollte in Ruhe gelassen werden. Ob es ein Pendant zu den Mietenkeln gab, für Menschen in ihrem Alter? Mietfreunde? Vielleicht sollte sie das Dora bei Gelegenheit vorschlagen. Oder Gabriel? Sollte sie ihn anrufen und sich mit ihm verabreden?
    Nein, sie würde losgehen und sich ein wenig Obst und Gemüse kaufen, einen gesunden Salat machen, vielleicht später schwimmen gehen. Das war praktisch, alltäglich. Und eigenständig. Darum ging es doch bei ihrem Aufenthalt in New York. Um ihre Eigenständigkeit.
    Erst im Supermarkt fiel ihr auf, dass ihr Portemonnaie fehlte. Sie erlebte einen sehr peinlichen Moment an der Kasse, als ihr klar wurde, dass sie all ihre Einkäufe wieder zurücklegen musste. Sie verfolgte ihre Schritte rückwärts. Das Portemonnaie lag nicht beim Gemüse. Es war nicht im Einkaufswagen. Sie ging wieder in ihr Apartment. Dort war es auch nicht. Dann fiel es ihr ein. Sie hatte es bei Dolly aus der Tasche geholt, um ihr das Foto zu zeigen. Sie sah vor ihrem geistigen Auge genau, wo sie es hingelegt hatte. Mist.
    Sie rief an. Keine Antwort. Der Anrufbeantworter schaltete sich sofort ein. Bestimmt saß Dolly bei einem ihrer Kreuzworträtsel und ignorierte das Telefon. Maggie hatte nichts vor. Sie entschied, es gleich zu holen. Dolly mit einem zweiten Besuch zu überraschen.
    Die MetroCard war ebenfalls in ihrem Portemonnaie. Das bedeutete einen weiteren Marsch durch die Hitze. Wieder fünf Etagen treppauf. Den Korridor entlang. Sie klopfte an die Tür. Keine Antwort. Sie klopfte erneut. »Dolly?«
    Noch immer keine Antwort.
    Sie stieß gegen die Tür. Sie sollte abgeschlossen und die Kette sollte vorgelegt sein. Die Tür ging auf.
    Maggie klopfte wieder. »Dolly?«
    Dolly war da, sie saß in ihrem Sessel. Die Arme lagen im Schoß, der Kopf hing nach vorn. Maggie musste nicht einmal ihren Puls fühlen. Dolly war tot.

26
    Maggie war erst nach sechs Uhr wieder im Greenwich Village. Sie war in Dollys Wohnung geblieben und hatte neben ihrem Leichnam auf den Notarzt gewartet. Erklärt, wer sie war und warum sie dort war. Eine Obduktion wäre unvermeidlich, hatte es geheißen, doch der Fall schien klar. Keine verdächtigen Anzeichen. Sehr wahrscheinlich Herzversagen.
    »Gut, dass Sie so vergesslich sind«, sagte einer der Männer und reichte Maggie ihr Portemonnaie.
    »Kannten Sie sie schon lange?«, fragte einer der Polizisten, als sie zusammen den Flur entlanggingen.
    »Einige Wochen.« Sie erklärte ihm die Situation. »Sie hat mich ständig rausgeschmissen. Mir immer gesagt, dass ich nicht mehr zu ihr kommen soll. Nur heute nicht. Heute hat sie mich gebeten wiederzukommen.«
    »Vielleicht hat sie es ja geahnt.«
    Maggie sah zu ihm auf. »Glauben Sie, man ahnt das?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wohl kaum. Würden wir alle so einen Schlamassel in unserem Leben anrichten, wenn wir wüssten, unsere Zeit ist fast um?«
    Seine Worte spukten Maggie im Kopf herum, als sie Dollys Haus verließ, sich in die Menschenmenge auf dem Bürgersteig einreihte, sich hinunter in die U-Bahn schob. Sie sah an den

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