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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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sie rasch weg. »Tut mir leid. Wie albern von mir. Ich kannte sie doch erst seit ein paar Wochen.«
    »Aber sie hat Ihnen zugesetzt.«
    »Das haben wir wohl gegenseitig getan.«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich. Und denken Sie daran, sie hat alles und jeden gehasst.«
    »Aber so einsam zu sterben, Gabriel. Was wäre geschehen, wenn Sie mich nicht angerufen hätten? Was wäre, wenn …«
    »Maggie, ich habe Sie angerufen. Sie sind wieder zu ihr gegangen. Kein ›Was wäre, wenn‹.«
    Doch Maggie malte es sich trotzdem aus. Es waren traurige, bedrückende Bilder.
    »Maggie, möchten Sie vielleicht etwas trinken gehen? Wir könnten über Dolly reden, uns das Maul über sie zerreißen. Es ihr heimzahlen.«
    Sie wollte unbedingt einen Drink und Gesellschaft. Sie wollte mit jemandem reden, und dieser nette Mann bot ihr all das an. »Sind Sie sicher? Also, wenn Sie Zeit haben.«
    »Ich bin sehr sicher.« Er sah auf die Uhr. »Und, ja, ich habe Zeit. Exakt drei Stunden, dann muss ich arbeiten.«
    »Sie müssen heute Abend noch arbeiten?«
    Er wies auf die Bank am Fenster. Daneben stand ein Gitarrenkasten, mit Aufklebern übersät. Einen konnte Maggie entziffern. »Straßenmusik hat immer Saison.«
    »Sie sind Straßenmusiker?«
    »Eine Nummer besser. Ich spiele jeden Dienstagabend in einer irischen Bar in Midtown.«
    »Sie klingen gar nicht nach einem Iren.«
    »Oh, das tue ich aber in dem Moment, in dem ich in einer irischen Bar arbeite. ›Den nächsten Song hat schon mein Großvater gespielt. Er hat ihn mir beigebracht. Dann lasst uns jetzt alle zusammen ›The Fields of Athenry‹ singen.‹«
    Maggie lächelte. »Sehr gut. Ein Schuss Dublin, ein Schuss Belfast.«
    »Nicht schlecht für einen Mann, der überhaupt noch nie einen Fuß in dieses Land gesetzt hat, was? Dafür habe ich mir Die Commitments zigmal auf DVD angesehen. Und dabei mehr Schimpfwörter gelernt, als ich im Leben je brauchen kann.« Er grinste, dann sprach er wieder mit normaler Stimme. »Ich bin übrigens auch Spanier, wenn mich eine Tapas-Bar im West Village anheuert. Ich bin ein wandelnder Sprachkurs. Wollen wir? Werden drei Stunden reichen, uns zu betrinken?«
    »Auf jeden Fall.«
    »Wir müssen mit Whiskey anfangen, das ist Ihnen klar. Dolly zu Ehren.«
    »Irischer Whiskey?«
    »Das und nichts anderes.« Mit perfektem irischem Akzent.
    Maggie fuhr rasch nach oben und holte Tasche und Jacke. Gabriel wartete am Empfang. Gemeinsam gingen sie in die warme Nacht.
    Drinnen, in ihrem Apartment, klingelte ihr Handy.

    Leo legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Er versuchte es auf ihrem Festnetzanschluss, wieder vergeblich. Diese jungen Dinger, zu viel Trubel, keine Zeit, ans Telefon zu gehen. Er hatte Maggie nicht unangekündigt aufsuchen wollen. Aber ihm blieb keine Wahl. Hoffentlich gab es in ihrer Lobby bequeme Sessel. Leo nahm seinen Koffer und die Aktentasche, die er seit Wochen nicht mehr aus den Augen gelassen hatte, verließ das Flughafengebäude und stieg in ein Yellow Cab.

27
    Gabriel ging mit Maggie in eine Bar im Souterrain eines Sandsteinhauses im West Village. Die Wände waren aus Stein, Stühle und Tische aus Holz. Kleine Kronleuchter über der Bar sorgten für gedämpftes Licht, auf den Tischen flackerten Kerzen. Im Hintergrund waren leise Jazzmusik und das Gemurmel und Gelächter der anderen Gäste zu hören. Gabriel ging zur Theke und bestellte zwei Whiskey, während Maggie sich an einen freien Tisch in einer Ecke setzte.
    »Das ist der beste«, sagte Gabriel, als er mit zwei Gläsern honigfarbener Flüssigkeit an den Tisch kam, »genauer gesagt, der einzige irische Whiskey, den es hier gibt.«
    »Dann kann Dolly sich ja nicht beschweren.«
    »Ich wette, sie könnte.« Er lächelte. Er hob sein Glas. »Auf Dolly.«
    »Auf Dolly«, echote sie. Sie stießen an.
    »Angesichts der Tatsache, dass wir nicht allzu viele glückliche Erinnerungen an sie haben, wollen wir die schlechten teilen?«, fragte Gabriel. »Sie fangen an. Wie sind Sie von ihr beschimpft worden?«
    Maggie berichtete wahrheitsgetreu, dass Dolly sie Kobold und Hobbit genannt hatte. »Und einmal auch Naseweis.«
    »Naseweis? Sehr reizend. Ich wurde als Gör tituliert. Als dummes Gör sogar. Muttersöhnchen. Als nichtsnutziger Faulpelz, der von Steuergeldern lebt und mal ein oder zwei Jahre zur Armee gehen sollte, damit mir da ein wenig Verstand eingebläut würde.«
    Maggie lächelte. »Mir hat sie gesagt, ich sollte doch dahin verschwinden, wo ich herkomme,

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