Die Toechter der Familie Faraday
haben.«
Wenn er wüsste. Sie dachte nach. Wie sah die Alternative aus? Allein in New York zu bleiben? Die Gelegenheit verstreichen zu lassen, ihre Mutter zu sehen? Ihre Tanten? Vielleicht würde es ja gar nicht so schlimm. Vielleicht wäre es sogar die beste Möglichkeit, das Wiedersehen mit der Familie zu überstehen.
Sie ergab sich in ihr Schicksal. »Am letzten Tag müssen wir aber einen großen Streit inszenieren. Das Ganze beenden.«
»Kein Problem«, sagte er. »Ich werde anfangen. Ich bin bei dramatischen Auftritten richtig gut.«
»Ist dir auch wirklich bewusst, worauf du dich da einlässt?«
Er lächelte, und die Fältchen erschienen wieder auf seiner Wange. »Nein, aber ich freue mich trotzdem darauf.«
»Du bist irre.«
»Irre? Maggie Faraday, wie kannst du es wagen, so mit deinem Verlobten zu sprechen.«
»Ich geb’s auf. Du bist genauso schlimm wie mein Großvater.«
»Und?« Leo stand wieder vor ihnen. Mit dem Concierge im Gefolge, der ein Tablett mit einer Flasche Champagner und drei Gläsern präsentierte. »War das lange genug?«
»Perfektes Timing«, sagte Gabriel. Er nahm Maggies Hand. »Leo, wir haben etwas bekannt zu geben.«
33
Ihr linkes Ohr glühte. Juliet hatte den ganzen Vormittag am Telefon verbracht. Zuerst hatte Leo angerufen, mit unglaublichen Neuigkeiten. Es war schon ein ziemlicher Schock, zu hören, dass er in New York war, ganz zu schweigen davon, dass es ihm gelungen war, Maggie, Clementine und Eliza zu überzeugen, nun doch nach Irland zu kommen, aber die Krönung war seine letzte Information.
»Könntest du vier Betten machen?«, hatte er gefragt.
»Vier?«
»Eins für Clementine, eins für Eliza, eines für Maggie und eines für Gabriel.«
»Gabrielle? Wer ist Gabrielle?«
»Maggies Gabriel.«
»Bringt sie eine Freundin mit?«
»Keine Freundin. Ein Freund. Gabriel.« Er hatte es buchstabiert. »Wie der Erzengel. Wie der Mann. Wie ihr Freund.«
»Maggie bringt ihren Freund mit?«
»Mir scheint, sogar ein bisschen mehr als ein Freund. Nicht dass ich Maggie die Schau stehlen …«
»Maggie hat sich verlobt ?«
Juliet hatte kaum aufgelegt, immer noch benommen, als das Telefon erneut klingelte. Clementine, aus Hobart.
»Ja, ist es zu fassen?«, fragte Clementine. »Maggie hat sich verlobt!«
Zehn Sekunden, nachdem Juliet aufgelegt hatte, hatte Eliza aus Melbourne angerufen. Wieder zehn Minuten später Miranda aus einer Villa auf Santorini.
»Ich habe gerade zwei sehr eigenartige Textnachrichten von Clementine und Eliza erhalten. Stimmt das? Maggie kommt doch? Mit einem Verlobten? Was, um alles in der Welt, geht da vor?«
Juliet klärte sie auf. Sie fasste sich kurz. Auf sie wartete ja jetzt genug Arbeit. Ob sie Gabriel und Maggie in einem Zimmer unterbringen sollte? Vermutlich würde Leo das nicht so gerne sehen. Er hatte gelegentlich recht altmodische Ansichten. Juliet ging im Geiste die Zimmer durch. Es waren genügend da. Wenn Maggie und Gabriel dann während der Nacht eine andere Lösung fanden, war das ihre Angelegenheit.
»Warum hat Maggie uns nie etwas erzählt?«
Das war die Preisfrage. Juliet dachte noch lange darüber nach, nachdem sie sich von Miranda verabschiedet hatte. Aber Maggie hatte ihnen in letzter Zeit ohnehin sehr wenig erzählt. Aber, so hatten alle eingesehen, das war der Zweck ihres Aufenthalts in New York – Raum und Zeit, um die Dinge allein durchzudenken. Aber nun war die Katze aus dem Sack. Sie hatte eine Liebesbeziehung. Das freut mich für dich, dachte Juliet.
Und das Beste daran war, nun hatte Juliet noch mehr zu tun. Denn sie musste nicht nur die Zimmer fertig machen, sie musste auch noch mehr einkaufen. Mehr Lebensmittel, mehr Blumen, mehr Wein. Gut. Noch mehr, um sich abzulenken, und genau das brauchte sie jetzt.
Hinter ihr lagen sehr traurige Tage. Dabei hätte es ihr besser gehen müssen. Auf dem Weg nach Donegal hatte sie sich vorgenommen, sich so gut wie möglich zu erholen und zu entspannen, natürlich erst, nachdem sie mit den Vorbereitungen fertig war. Sie hatte gehofft, Zeit zum Lesen zu haben. Aber sie hatte sich weder erholt noch gelesen. Ihr ging zu viel im Kopf herum, als dass sie sich auf fiktive Lebensgeschichten und Dramen konzentrieren könnte.
Sie sah noch einmal auf den Kalender, obwohl sie das Datum genau kannte. Sie kam sich wie eine Gefangene vor, strich die Tage aus, wartete unruhig auf den Moment der Entlassung. Sie wusste, wann Myles von seiner Reise zurückkam. Sie wusste, mit welchem Flug er
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