Die Toechter der Familie Faraday
du?«
Maggie nannte ihr den Namen der Pension. Hoffentlich hatte sie ihn sich richtig eingeprägt.
Sadie nickte. »Ich rufe dich morgen früh an. Als Erstes. Versprochen. Aber jetzt musst du gehen.«
Die Tür des Lieferwagens öffnete sich, und ein Mann stieg aus. Als Maggie zum Wagen zurückeilte, sah sie zu ihm. Sadie hatte die Haustür offen stehen lassen und lief dem Mann entgegen. Er stellte seine Koffer ab und umarmte sie. »Willkommen zu Hause!« Als sie Arm in Arm zum Haus gingen, schaute der Mann in Maggies Richtung, fragte etwas und nickte bei Sadies Antwort. Was hatte sie gesagt? Dass sie eine Touristin war und sich verfahren hatte? Eine Vertreterin? Möglich. Aber sicher nicht, dass sie ihre verlorene Nichte war.
Die beiden gingen gerade ins Haus, als Maggie ins Auto stieg.
»Maggie, alles in Ordnung?«
Sie kam nicht dagegen an und brach in Tränen aus.
42
Sadie war mit dem Abräumen fertig. Noch nie war es ihr so schwergefallen, einen Abend in Larrys Gesellschaft zu verbringen. Äußerlich war sie wie immer. Die Unterhaltung war wie immer lebhaft gewesen. Sie hatte ihn nach der Galway-Fusion gefragt, obwohl sie mehrmals am Tag miteinander gesprochen hatten und es kaum etwas gab, das sie nicht wusste, hatte ihm von der Arbeit im Büro erzählt und dass sie möglicherweise einen neuen Kunden bekommen würden. Sie hatten über einen politischen Skandal gesprochen, von dem in den Nachrichten die Rede gewesen war, und über Maudie geplaudert.
Sie hatten geredet und gelacht, und eine kurze Weile hatte Sadie vergessen, dass ihr altes Leben gerade mit ihrem neuen kollidiert war.
Larry kam zu ihr in die Küche, schlang die Arme um sie und gab ihr einen Kuss aufs Haar. »Du hast mir gefehlt, Sally.«
Sie drehte sich in seinen Armen um und küsste ihn. »Du mir auch.«
»Ich möchte nie wieder so lange von dir getrennt sein.«
»Mir hat es auch nicht gefallen.«
Er küsste sie wieder. Sie ließ sich fallen in das Vergnügen, den Trost und die Sicherheit seiner vertrauten Berührungen. Dies war ihr wahres Leben. Larry, Maudie, dieses Haus, dieses Land. Nicht ihr altes Leben, nicht Tasmanien, nicht ihre alte Familie. Nicht einmal Maggie. Sie hatte alles, was sie brauchte, sogar noch mehr, als sie sich je erträumt hatte. Das durfte sie nicht verlieren. Sie durfte sich auf nichts einlassen, was daran etwas ändern könnte.
Als Larry ihr Koseworte ins Ohr flüsterte, sanft die Knöpfe an ihrer Bluse öffnete, ihren Protest ignorierte, dass die Nachbarn sie durchs Fenster sehen könnten, war sie in Gedanken woanders. Aber als sie ihn auslachte, weil er dann doch die Jalousien herunterzog, kam sie zu einem Entschluss.
Sie würde Maggie am nächsten Morgen nicht anrufen. Dazu bestand keine Veranlassung.
Es war nach Mitternacht. Maggie lag dreihundert Meter von Sadies Haus entfernt hellwach im Bett. Sie und Gabriel hatten den Abend in ziemlich gedrückter Stimmung verbracht.
Er hatte für ihre Tränen großes Verständnis gehabt. Sie hatte sich geschämt und die Tränen weggewischt.
Dann hatten sie sich in der Pension zwei Zimmer genommen. Als Erstes hatte Maggie sich bestätigen lassen, dass es in den Zimmern Telefon gab.
Gabriel schlug vor, irgendwo etwas essen zu gehen.
»Und wenn sie anruft?«
»Sie hat doch gesagt, sie ruft morgen früh an.«
»Ich hinterlasse Ihnen eine Nachricht, falls jemand für Sie anruft«, sagte der Rezeptionist, der jedes Wort mitgehört hatte.
Sie gingen in Richtung Stadtzentrum. Der Rezeptionist hatte ihnen ein indisches Restaurant vier Straßen weiter empfohlen. Während des Essens versuchte Maggie, allgemeine Themen zu finden, aber sie kam immer wieder auf Sadie zu sprechen. Vielleicht hätte sie es doch anders angehen sollen?
Gabriel ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Maggie, es lässt sich nicht mehr ändern. Du hast den ersten Schritt gemacht, und jetzt musst du bis morgen früh warten. Bis sie anruft.«
»Aber was, wenn nicht?«
»Du kannst nur abwarten.«
Als sie aus dem Restaurant kamen, versuchte Maggie, sich davon zu überzeugen, dass Gabriel recht hatte. Es machte keinen Sinn, immer wieder in Gedanken durchzuspielen, was passiert war oder was noch passieren könnte. Sie konnte nichts mehr tun. Jetzt lag es bei Sadie.
»Du reibst dir wieder die Nase«, sagte Gabriel. »Muss ich mir Sorgen machen? Bedeutet das, dass das Wetter umschlägt?«
»Nein, das bedeutet, dass du jetzt genug über die Faradays gehört hast. Außerdem bedeutet es, dass es
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