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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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als Nächstes tun sollte.
    Clementine nahm ihr die Entscheidung ab. »Maggie, bitte setz dich wieder. Ich möchte mit dir über Sadie sprechen. Ich muss mit dir sprechen.«
    Maggie setzte sich neben sie. Sie bewegten sich auf unerforschtem Terrain. Eine solche Unterredung hatten sie noch nie geführt, denn dafür hatte es auch noch nie einen Grund gegeben. »Ich verstehe einfach nicht, warum ihr das so lange vor mir geheim gehalten habt. Besonders du. Wolltest du es mir denn niemals erzählen?«
    Clementine blieb ruhig. »Ich konnte nicht, Maggie. Ich hatte zu große Schuldgefühle.«
    »Warum hattest du denn Schuldgefühle? Sadie hat mich doch mitgenommen. Du hast doch nichts Schlimmes getan, du hast dich doch bloß wie jede andere Mutter auch verhalten. Leo hat mir erzählt, dass du Sadie geschlagen hast. Meinst du das?«
    Clementine schüttelte den Kopf. »Es war weit mehr als das. Ich hatte wirklich jeden Grund, mich schuldig zu fühlen, Maggie. Das tue ich immer noch. Es war alles meine Schuld. Es ist meine Schuld, dass die Familie seit so vielen Jahren zerrissen ist.«
    »Nein, natürlich nicht. Sadie hat sich entschieden, uns fernzubleiben. Das ist doch nicht deine Schuld.«
    »Aber es ist meine Schuld, dass sie überhaupt gegangen ist. Das ist alles nur meinetwegen passiert.«
    »Was meinst du damit?«
    »Das ist alles passiert, weil sie die bessere Mutter war, Maggie. Sie war dir eine viel bessere Mutter als ich.«
    »Das ist doch nicht wahr.«
    »Doch. Sie hatte mehr Selbstvertrauen, mehr Geduld. Sie ist mit allem so leicht zurechtgekommen – sie hat für dich gekocht, die Wäsche gemacht. Sie hat wunderbare Spiele mit dir gespielt und dich mit an den Strand genommen. Sie hat dieses großartige Sammelbuch für dich gemacht. Und ich …«
    Maggie wartete.
    »Ich war in so etwas nicht gut, Maggie. Nicht so wie sie.«
    »Du warst doch erst siebzehn. Doch noch …«
    »Das hatte nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit allem anderen. Mit der Beständigkeit, den Sorgen, der Isolation, obwohl ich in einem Haus voller Menschen lebte. Ich hatte den Kopf voll und ein schlechtes Gewissen, weil ich weiterstudieren wollte, aber ich wollte das Studium auch nicht abbrechen. Ich habe dich Sadie überlassen, den anstrengenden Part. Ich habe ihr die Arbeit und die Fürsorge überlassen, während ich am Ende des Tages das Sahnehäubchen bekommen habe – die Umarmungen und die Liebe und das wunderbare Gefühl, wenn du mich Mum genannt hast. All das habe ich zugelassen. Und dann habe ich auch noch die Frechheit besessen, wütend zu sein, als sie dich mitgenommen hat, als sie mehr wollte.«
    »Deswegen hat sie mich nicht mitgenommen.«
    Clementine schien sie nicht gehört zu haben. »Dass sie weggelaufen ist, ist mir wie meine gerechte Strafe vorgekommen, Maggie. Die Strafe dafür, dass ich dich vernachlässigt und Sadie nicht genug Beachtung geschenkt habe.«
    »Du hast mich niemals vernachlässigt. Das Gefühl hatte ich nie.«
    »Ich habe dich so geliebt, das schwöre ich. Ich habe dich immer geliebt, aber …« Clementine brach ab.
    »Sag es mir. Ich muss es hören.«
    »Maggie, manchmal war es unglaublich hart. Viel härter als erwartet. Ich hatte gedacht, es läge daran, dass ich studiert habe und mich um dich kümmern musste. Aber du hast mich geistig vollkommen in Anspruch genommen, jeden einzelnen Tag. Das war wunderbar, doch ich brauchte auch Raum für andere Dinge. Ich wollte mir selbst – und Leo und den anderen auch – beweisen, dass ich es schaffe. Und das habe ich. Aber ich habe es nur wegen Sadie geschafft. Deshalb ist das alles meine Schuld. Ich habe ihre Hilfe angenommen, habe ihr deine Betreuung überlassen und war noch nicht zufrieden. Ich habe sie vertrieben.«
    »Du hast sie nicht vertrieben.«
    »Doch. Es hatte mit mir zu tun. Vielleicht mit uns allen. Miranda hat sie immer gehänselt. Juliet hat sich immer über sie aufgeregt. Eliza hat sie kaum zur Kenntnis genommen, und wenn, dann nur, um mit ihr zu streiten. Wir hatten alle ein schlechtes Gewissen, als sie fortgegangen ist, Maggie. Wir haben das niemals zugegeben, aber ich weiß, wir alle haben so empfunden. Ich bin sicher, das ist auch heute noch so.«
    »Hast du nie nach ihr gesucht?«
    »Ich habe irgendwann darüber nachgedacht. Anfangs nicht, da war ich viel zu wütend und verwirrt. Mit der Zeit aber haben wir ihr alle geschrieben, haben deinen Karten Briefe beigelegt und sie gebeten zurückzukommen. Aber sie hat uns niemals geantwortet. Sie

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