Die Toechter der Familie Faraday
Diebe uns letztlich einen Gefallen getan. Uns die endgültige Entscheidung abgenommen. Wer weiß, vielleicht sitzen sie gerade irgendwo in Dublin und amüsieren sich köstlich beim Lesen.«
»Es tut mir so leid, Tollpatsch«, sagte Maggie wieder. »Mir war richtig schlecht bei dem Gedanken, dass ich dir das erzählen musste.« Immerhin entsprach das der Wahrheit.
Er drückte ihre Hand. »Ich bin dein Großvater, Maggie. Dein Großvater, der dich heiß und innig liebt. Du brauchst doch keine Angst zu haben, mir so etwas zu erzählen.« Er stand auf. »Nun, hilfst du mir den Berg hinunter? Wir können ja nicht den ganzen Tag hier oben bleiben. Wir wollen uns schließlich einen Film ansehen.«
Sie gingen langsam zurück. »Es macht dir nichts aus, dass das Projekt nicht ganz zum Abschluss gekommen ist?«
»Wir haben jede Menge Material. Ich kann es kaum erwarten, das alles zu sehen.«
Nach dem Essen versammelten sie sich zu viert vor dem Fernseher. Miranda hatte gekocht. Bohnen auf Toast. Dazu hatte sie eine Flasche sehr teuren italienischen Rotwein geöffnet.
Leo kniete vor dem Fernseher, prüfte, ob die Kamera richtig angeschlossen, die Kassette eingelegt, alles so war, wie es sein sollte. Er blickte einige Male auf Gabriels Notizen, bevor er auf den Start-Knopf drückte.
Nichts geschah.
Er überprüfte noch einmal alles, drückte wieder auf »Start« und schaute perplex auf. »Das verstehe ich nicht. Er hat gesagt, es wäre ganz simpel.«
Maggie fiel schließlich auf, dass der Fernseher nicht eingeschaltet war.
Leo lächelte verlegen. »Ups. Versuchen wir’s noch einmal.«
Der Bildschirm flimmerte. Dann erschienen Juliet, Miranda, Eliza und Clementine. Sie saßen auf dem Sofa. Das Arrangement stimmte, das Bild war perfekt ausgeleuchtet.
Leo strahlte. »Seht doch. All meine schönen Töchter, alle in einer Reihe.«
Maggie fragte sich, ob sie als Einzige an Sadie dachte.
Gabriels Stimme kam aus dem Off. Er bat die vier, ein wenig über sich selbst zu erzählen. Sie sahen einander an und diskutierten, wer anfangen sollte. Nervöses Gekicher. Wieder Gabriels Stimme. Er schlug vor, dass die Älteste anfangen sollte. »Miranda, das bist du, oder?«
Maggie versuchte, ihre Freude beim Klang seiner Stimme zu ignorieren. Sie musste ihn sich aus dem Kopf schlagen und fing am besten gleich damit an.
»Eine ungeheure Beleidigung, Gabriel« , sagte Miranda. »Bei dieser makellosen Haut? Wie könnte ich wohl die Älteste sein?«
»Du führst dich auf, als wärst du die Älteste« , grummelte Eliza.
»Aufführen trifft es gut.« Clementine lächelte.
»Ich bin die Älteste« , sagte Juliet entschlossen. Sie blickte in die Kamera . »Mein Name ist Juliet, und ich fange am besten damit an, meine Erinnerungen …«
Dann wurde der Bildschirm schwarz. Einige Sekunden lang geschah nichts, dann ein Flackern. Die vier Frauen waren nicht mehr zu sehen, dafür der Fußboden. In einer sehr verwackelten Einstellung.
Clementine blickte Leo an. »Was ist passiert? Hat sich ein Kabel gelöst?«
Leo sah nach. »Nein, alles bestens. An der Kamera liegt es nicht. Das muss am Band liegen. Das ist bestimmt nur eine kleine Störung, es geht sicher gleich weiter.«
Sie blickten weiter gebannt auf den Bildschirm. Der Fußboden war zu sehen, im Hintergrund hörte man das Quietschen der Dielen. Dann eine Stimme. Leos Stimme.
»Stell mal lauter, Tollpatsch«, sagte Maggie.
Dann konnten sie ihn deutlich verstehen. Er sprach mit sich selbst. »Das müsste sich mit dieser Halterung hier machen lassen. Wenn das ein beweglicher Mechanismus wäre, dann, aber natürlich müsste ich …«
Clementine und Miranda fingen an zu lachen.
»Das hast du also angestellt, während wir am Strand waren?«, fragte Clementine.
»Du hast an der Kamera rumgefummelt, oder?«, fügte Miranda hinzu.
»Mir war eine Idee für eine neue Art Stativ gekommen. Mir war nur nicht klar, wie man die Kamera darauf befestigen könnte.«
»Ich wusste doch, dass du etwas anstellen würdest«, sagte Clementine.
»Mach dir keine Sorgen, Tollpatsch, der eigentliche Film geht doch bestimmt gleich weiter, oder?«, sagte Maggie. »Wie lange hast du denn an der Kamera gearbeitet?«
Er sah sehr beschämt aus. »Eine ganze Weile.«
»Zehn Minuten?«
»Zwei Stunden«, sagte er.
Maggie nahm sich die Fernbedienung. Sie drückte auf Schnellvorlauf. Lange Zeit sah man nur den Fußboden. Untermalt wurde das Bild von Leos Stimme im Schnelltempo, was sehr komisch wirkte. Hin und
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