Die Toechter der Familie Faraday
wusste nicht, was ich damit machen sollte.«
»Was ist es denn?«
»Parfum. Ein neues Parfum, das damals gerade auf den Markt gekommen war. Sie liebte Parfum.«
»Da habt ihr’s, ich schlage ihr nach«, sagte Miranda.
»Mach es doch auf, Dad«, drängte Eliza.
Vorsichtig löste er das Klebeband, das schon vergilbt war. Er öffnete die Schachtel. Im Innern war eine kunstvoll geformte Flasche aus violettem Glas, der Name des Parfums stand in goldgeschwungenen Lettern darauf. »Moonstruck«, las Leo. »Richtig. So hieß es. Mir hat der Duft auch sehr gefallen.«
»Darf ich mal?« Miranda streckte die Hand aus. Geistesabwesend reichte ihr Leo den Flakon. Seine Aufmerksamkeit wurde von der Karte, die an der Schachtel hing, in Anspruch genommen. Juliet sah, wie er den Umschlag öffnete und den Text las, dann die Karte in seine Tasche steckte.
Miranda sprühte sich etwas Parfum auf das Handgelenk und wartete einen Augenblick, bis sie daran roch. »Ach du liebe Güte«, sagte sie, verzog das Gesicht und wedelte dramatisch mit dem Arm herum. »Das ist ja abart -«
»Apart?«, sagte Juliet rasch und wies auf ihren Vater. »Lass mich mal riechen.«
Wundersamerweise verstand Miranda den Wink. »Unglaublich apart. So etwas habe ich noch niemals gerochen«, sagte sie etwas zu überschwänglich.
Juliet schnupperte. Dann die anderen. Miranda hatte recht. Es roch abartig. Zu blumig, zu schwer, zu würzig. Ob es an der langen Lagerung lag oder ob das Parfum immer so entsetzlich gerochen hatte, ließ sich nicht sagen.
»Schön«, sagte Eliza.
Sadie nickte. »Das hinterlässt Eindruck.«
»Es raubt mir den Atem«, fügte Clementine hinzu.
Miranda schnaubte.
Leo sah beglückt aus. Fast schon ehrfurchtsvoll packte er den Flakon wieder in die Schachtel. »Ich weiß, dass ihr alles teilen wolltet, aber das hier sollte zunächst bei einer bleiben.« Mit großer Feierlichkeit hielt er ihr die Schachtel entgegen. »Juliet, du als die Älteste …«
»Aber, Dad, ich trage doch so selten Parfum. Was ist mit Miranda?«
Miranda trat zurück. »Nein, nein, du bist die Älteste.«
»Dad, bist du sicher?« Juliet sah nicht begeistert aus.
»Es würde mir viel bedeuten, wenn du es tragen würdest. Ich hätte das schon vor Jahren tun sollen.«
Sie hatten gerade das letzte Kleidungsstück ihrer Mutter sorgfältig in einen Beutel gelegt, als Miranda sagte: »Dad, da wir schon alle hier sind und das hier tun, wollten wir noch etwas anderes sagen.«
Leo wartete.
»Falls du irgendwann jemanden kennenlernst, eine Frau, die du magst, für mich wäre das in Ordnung.«
»Was wäre für dich in Ordnung?«
»Wenn du wieder eine Beziehung haben wolltest. Du bist doch noch jung.«
»Jung? Ich bin zweiundfünfzig.«
»Ich weiß, dass du Mum geliebt hast, und daran würde sich ja auch nichts ändern, wenn du eine andere Frau kennenlernen würdest.«
Das Telefon klingelte. Leo sah erleichtert aus. »Danke, Miranda«, sagte er, als er in den Flur eilte.
»Das ist doch für alle in Ordnung, oder?«, fragte Miranda in die Runde.
»Nein, ist es nicht«, gab Sadie zurück. »Na ja, vielleicht schon, aber du hättest damit nicht einfach so rausplatzen dürfen.«
»Das war nicht fair, Miranda«, sagte Eliza. »Das war nicht mit uns abgesprochen.«
»Seht ihr das denn nicht so? Meint ihr denn nicht, dass es in Ordnung wäre, wenn Dad jemanden kennenlernen würde? Wieder heiraten würde?«
»Mit einer anderen Frau hier leben würde?« Clementine sah entsetzt aus. »Mit uns allen?«
»Wir werden ja wohl nicht den Rest unseres Lebens hier verbringen, oder? Ich habe das jedenfalls nicht vor. Und bevor du noch etwas sagst, Clementine, ich werde noch nicht ausziehen und dich und Maggie im Stich lassen. Aber wir müssen uns Gedanken über die Zukunft machen.«
»Ich weiß nicht, ob Dad noch einmal heiraten würde«, sagte Clementine. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er hier mit einer anderen Frau schlafen würde.«
»Man soll sich seine Eltern ja auch nicht beim Sex vorstellen. Aber wenn er wieder heiraten wollte, sollten wir ihn lassen. Er ist jung, hat eine gute Stelle, sogar noch alle Haare, selbst wenn sie rot sind. Er ist ein echtes Schnäppchen.«
»Schnäppchen?«, spottete Eliza. »Ein Mann mit fünf Töchtern und einer Enkelin? Jede halbwegs intelligente Frau würde um ihr Leben rennen.«
»Ich finde, es ist noch zu früh für Dad und für uns«, sagte Sadie.
Juliet drehte sich wieder zum Bett und machte den Kleiderbeutel zu. Was
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