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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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beeinflussen war, hatte ihrem Ego enorme Proportionen verliehen. Daß sie andere Menschen verletzten, sich einfach nahmen, was ihnen nicht gehörte, das hatte keine Bedeutung für Mädels wie Jeanette.
    Charlotte erhob sich. Sie bereute, daß sie gekommen war. Sie hätte lieber das Bild behalten, das Niclas’ Liebhaberin als schöne, intelligente, leidenschaftliche Frau zeigte. Eine, für die sie als Konkurrentin ein gewisses Verständnis hätte hegen können. Doch dieses Mädel hier wirkte nur billig. Der Gedanke an Niclas zusammen mit ihr bereitete ihr Übelkeit, und sie spürte, daß das bißchen Respekt, das sie über die Jahre hin dennoch für ihn empfunden hatte, sich langsam in nichts auflöste.
    »Ich finde allein raus«, sagte sie und ließ Jeanette am Küchentisch zurück. Auf dem Weg aus der Wohnung stieß sie »zufällig« gegen einen Keramikesel mit dem Text »Lanzarote 1998«, der auf der Flurgarderobe stand. Er zerbrach in tausend Stücke. Einen Esel der Eselin, dachte Charlotte und trat genüßlich auf die Scherben, bevor sie die Tür hinter sich Schloß.
     
    Fjällbacka 1928
     
    Es war Sonntag, als sich die Katastrophe ereignete. Das Schiff nach Amerika sollte am Freitag von Göteborg abgehen, und sie hatten bereits das meiste gepackt. Anders hatte Agnes losgeschickt, um ein paar letzte Dinge zu kaufen, von denen er glaubte, sie könnten sie »over there« gebrauchen, und ausnahmsweise hatte er ihr einmal Geld anvertraut.
    Sie trug einen Korb voller Waren, als sie jetzt um die Ecke bog und den Hang hinaufstieg. Das Rufen von Menschen war aus der Feme zu hören, und sie beschleunigte ihre Schritte. Der Rauch erreichte sie ein paar Häuser von ihrem entfernt, und sie sah, daß er weiter den Hang hinauf stärker wurde. Agnes ließ den Korb fallen und rannte das letzte Stück nach Hause. Das erste, was sie sah, war das Feuer. Kräftige Flammen loderten aus den Fenstern des Hauses, und Menschen rannten wie kopflose Hühner hin und her, Männer und ein paar Frauen mit Eimern voller Wasser, der Rest der Frauen mit den Händen am Kopf, vor Panik schreiend. Das Feuer hatte auf eine Anzahl von Häusern übergegriffen und schien immer mehr von dem Viertel in Besitz zu nehmen. Es breitete sich ungemein rasch aus. Agnes betrachtete das Ganze mit offenem Mund und vom Schock weit aufgerissenen Augen. Nichts hatte sie auf diesen Anblick vorbereiten können.
    Dicker, grauschwarzer Rauch legte sich wie ein Deckel über die Häuser. Agnes stand noch immer wie festgewurzelt, als eine der Nachbarsfrauen zu ihr kam und sie am Ärmel zog.
    »Agnes, komm mit, steh nicht hier und schau dir das an.« Sie versuchte Agnes mitzuziehen, aber die ließ sich nicht von der Stelle bewegen. Die Augen tränten vom Rauch, als sie in die lodernden Reste ihres Hauses starrte. Das schien von allen am lichtesten zu brennen.
    »Anders … die Jungen …«, sagte sie tonlos, und die Nachbarsfrau zerrte jetzt verzweifelt an ihrer Bluse, um sie von dort wegzubekommen.
    »Wir wissen noch nichts«, sagte die Frau, von der Agnes vage glaubte, sie heiße Britt oder vielleicht Britta. Die Frau sagte weiter: »Die Leute sind aufgerufen, sich unten auf dem Markt zu versammeln. Vielleicht sind sie schon unten.« Aber Agnes hörte, wie zweifelnd ihre Worte klangen. Die Frau wußte genausogut wie Agnes, daß sie keinen von ihnen dort finden würde.
    Langsam drehte Agnes sich um und fühlte, wie die Brandhitze ihren Rücken wärmte. Willenlos folgte sie Britt oder Britta den Hang hinunter und ließ sich zum Markt führen, wo das Weinen zum Himmel stieg. Aber es wurde still, als Agnes dort eintraf. Das Gerücht hatte sich verbreitet: Während die anderen über ihr verlorenes Zuhause und ihre Habseligkeiten weinten, mußte Agnes über ihren Mann und ihre zwei kleinen Jungen weinen. Alle Mütter schauten sie mit wehem Herzen an. Was sie früher auch über sie gedacht oder gesagt haben mochten, in diesem Moment war sie nur eine Mutter, die ihre Kinder verloren hatte, und die Frauen drückten ihre eigenen Kleinen eng an sich.
    Agnes hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet. Sie weinte nicht.
     
    Sie standen auf, als Patrik auf sie zukam. Veronika hielt ihre Tochter fest an der Hand und ließ sie auch dann nicht los, als Patrik vor ihnen auf sein Zimmer zuging. Er wies auf die beiden Stühle, und sie nahmen Platz.
    »Womit kann ich behilflich sein?« fragte Patrik, und als er Fridas ängstliches Gesicht sah, lächelte er ihr beruhigend zu. Fragend

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