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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Adrenalin noch immer durch seinen Körper pumpte, dachte Niclas, es wäre wohl das beste, alles Belastende sofort in Angriff zu nehmen, bevor sein normaler Fluchtinstinkt erneut einsetzte. So vieles von dem, was in seinem Leben schiefgelaufen war, ließ sich genau damit erklären: daß er äußerst konfliktscheu und einfach schwach war, wenn es wirklich darauf ankam. Er begriff immer mehr, daß er alles, was in seinem Leben noch gut war, Charlotte zu verdanken hatte.
    Als er vor dem Haus hielt, zwang er sich, eine Minute sitzenzubleiben und tief durchzuatmen. Er mußte überlegen, was er Charlotte sagen wollte. Er mußte einfach die richtigen Worte finden. Seit er gezwungen gewesen war, ihr die Affäre mit Jeanette zu gestehen, war die Kluft zwischen ihnen mit jeder Minute ihres Zusammenseins größer geworden. Schon davor hatte es Risse gegeben, sowohl vor seinem Bekenntnis als auch vor Saras Tod. Bald würde es zu spät sein. Und das Geheimnis, das sie teilten, verband sie nicht, sondern beschleunigte noch den Prozeß, der sie auseinanderbrachte. Er glaubte, daß sie genau an diesem Punkt beginnen mußten. Wenn sie von jetzt an nicht in allen Dingen ehrlich waren, könnte nichts sie retten. Und zum ersten Mal seit langem, vielleicht sogar zum allerersten Mal, war er sich sicher, daß er genau das wollte.
    Zögernd stieg er aus dem Wagen. Eine innere Stimme wollte ihm noch immer weismachen, er solle fliehen, solle zur Praxis zurückfahren, sich in der Arbeit vergraben, eine neue Geliebte finden, also zu bekanntem Terrain zurückkehren. Aber er unterdrückte diesen Instinkt, beschleunigte die Schritte und trat durch die Tür.
    Er hörte murmelnde Stimmen von oben und verstand, daß Lilian bei Stig war. Gott sei Dank. Er wollte nicht noch einmal ihrem Sperrfeuer von Fragen begegnen, also Schloß er die Tür so leise er konnte, damit dort oben nichts zu hören war.
    Charlotte schaute verwundert auf, als er ins Souterrain hinunterkam.
    »Du bist zu Hause?«
    »Ja, ich finde, wir sollten reden.«
    »Haben wir nicht genug geredet?« sagte sie gleichgültig und legte weiter Wäschestücke zusammen. Albin saß neben ihr auf dem Boden und spielte mit seinen Spielsachen. Charlotte wirkte müde und apathisch. Er wußte, daß sie sich in der Nacht ständig hin und her warf und nicht viel Schlaf fand. Allerdings hatte er nicht gezeigt, daß er es wußte. Hatte nicht mit ihr geredet, ihr nicht über die Wange gestrichen oder sie in den Arm genommen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und er konnte sehen, wie dünn sie geworden war. Wie oft hatte er doch verdrießlich gedacht, daß sie sich am Schlafittchen packen und abnehmen müßte. Jetzt würde er alles dafür geben, daß sie ihre Rundlichkeit zurückbekam.
    Niclas setzte sich auf das Bett neben sie und nahm ihre Hand. Ihre erstaunte Miene zeigte ihm, daß er das viel zu selten getan hatte. Auch ihm kam es ungewohnt vor, er fühlte sich täppisch und wollte am liebsten wieder fliehen. Aber er behielt ihre Hand in der seinen und sagte: »Es tut mir so schrecklich leid, Charlotte. Alles. All die Jahre, die ich so abwesend war, sowohl physisch als auch psychisch, all das, was ich dir in meinem Kopf vorgeworfen habe, aber was eigentlich meine eigene Schuld war, meine Seitensprünge, daß ich dir die körperliche Nähe vorenthalten und sie anderen gegeben habe, daß ich keine Möglichkeit gefunden habe, uns früher aus diesem Haus hier wegzubringen, weil ich dir nicht zugehört habe, weil ich dich einfach nicht genug geliebt habe. All das tut mir leid und noch vieles mehr. Aber ich kann an dem Gewesenen nichts ändern, nur versprechen, daß von jetzt an alles anders wird. Glaubst du mir? Bitte Charlotte, ich muß wissen, ob du mir glaubst.«
    Sie hob den Blick und schaute ihn an. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie schaute ihm direkt in die Augen.
    »Ja, ich glaube dir. Sara zuliebe glaube ich dir.«
    Er nickte nur, unfähig weiterzureden. Dann räusperte er sich und sagte: »Da ist noch eine Sache, die wir tun müssen. Ich habe wirklich darüber nachgedacht, und es geht nicht, daß wir mit einem Geheimnis leben. Aus dem Dunkeln entstehen Monster.«
    Nach kurzem Zögern nickte sie und lehnte ihren Kopf seufzend an seine Schulter. Er hatte das Gefühl, als würde sie in ihn hineinsinken.
    So saßen sie lange.
     
    Fünf Minuten später war er zu Hause. Er umarmte Erica und Maja fest und lange und drückte dann Dan die Hand.
    »Was für ein verdammtes Glück, daß du

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