Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
Vom Netzwerk:
lehnte den Kopf ans Auto und spuckte etwas Galle auf den Asphalt. Den ganzen Morgen hatte sie gegen diesen Übelkeitsreflex angekämpft. Als sie bei der Arbeit ankam, sagte die Chefin, wenn sie nicht wolle, brauche sie, eingedenk der Umstände, nicht zu arbeiten. Aber sie hatte nur etwas Ablehnendes gemurmelt. Der Gedanke daran, den ganzen Tag zu Hause zu hocken, war unerträglich. Lieber setzte sie sich dem Starren der Leute aus, als daß sie in seinem Haus herumging, auf seinem Sofa saß, in seiner Küche Essen kochte. Wenn sie daran dachte, daß er sie angefaßt hatte, wenn auch schon äußerst lange nicht, hätte sie sich am liebsten die Haut vom Körper gerissen.
    Aber am Ende hatte sie keine Wahl gehabt. Nachdem sie eine Stunde lang versucht hatte, sich auf den Beinen zu halten, hatte ihr die Chefin befohlen, nach Hause zu gehen, und kein Nein akzeptiert. Mit einem schweren Kloß im Magen war sie heimwärts gefahren, und als sie den Galärbacken hinunterkam, fuhr sie fast im Schrittempo. Der Fahrer im Auto hinter ihr hatte irritiert gehupt, aber Monica hatte sich nicht weiter darum gekümmert.
    Wenn da nicht Morgan gewesen wäre, hätte sie einen Koffer gepackt und wäre zu ihrer Schwester gefahren. Aber sie konnte ihn nicht allein lassen. Er würde sich überall, außer in seinem Häuschen, unwohl fühlen, und daß man seine Computer mitgenommen hatte, war genug Durcheinander in seiner Welt. Gestern, als sie zu ihm ging, war er rastlos zwischen seinen Zeitschriftenstapeln hin und her gewandert, völlig desorientiert ohne das, was ihn in der wirklichen Welt verankerte. Sie hoffte, daß sie ihm die Computer bald zurückgaben.
    Monica nahm den Haustürschlüssel heraus und wollte gerade aufschließen, als sie innehielt. Sie war noch nicht fähig, dort hineinzugehen. Eine plötzliche Sehnsucht nach dem Sohn ließ sie den Schlüssel in die Tasche zurückstecken, die Stufen hinuntersteigen und den Weg zu Morgans Häuschen einschlagen. Es würde ihn sicher irritieren, daß sie seinen Tagesablauf störte, indem sie bei ihm auftauchte, aber ausnahmsweise war ihr das einmal egal. Sie erinnerte sich daran, wie er als kleines Kind gerochen und wie dieser Geruch sie dazu gebracht hatte, seinetwegen Berge zu versetzen. Jetzt hatte sie das Bedürfnis, egal wie groß er war, ihm wieder die Nase in den Nacken zu stecken, ihn zu umarmen, nun um Sicherheit zu finden, statt umgekehrt, wie es all die Jahre gewesen war.
    Sie klopfte vorsichtig an die Tür und wartete. Von innen war kein Laut zu hören, und sie wurde unruhig. Monica klopfte erneut, diesmal etwas fester, und wartete gespannt auf das Geräusch von Schritten. Nichts.
    Sie griff nach der Klinke, aber konnte rasch feststellen, daß abgeschlossen war. Mit fahrigen Fingern tastete sie über der Tür nach dem Reserveschlüssel und fand ihn nach kurzem Suchen.
    Wo konnte Morgan sein? Er ging nie allein irgendwohin. Es war nie vorgekommen, daß er weggegangen war, ohne entweder sie mitzunehmen oder zumindest genauestens mitzuteilen, wohin er sich begab. Die Unruhe erschwerte ihr das Schlucken, und sie erwartete beinahe, ihn tot in seinem Häuschen zu finden. Davor hatte sie schon immer Angst gehabt. Daß er eines Tages aufhören würde, über den Tod zu reden, und sich statt dessen entschloß, ihn aufzusuchen. Vielleicht hatten der Verlust seiner Computer und das Eindringen in seine Welt ihn dazu bewogen, sich an den Ort zu begeben, von dem es keine Wiederkehr gab.
    Aber das Haus war leer. Nervös sah sie sich überall um, und ihr Blick fiel rasch auf einen Zettel, der dicht an der Tür auf einem Zeitschriftenstapel lag. Sie erkannte Morgans Handschrift wieder, bevor sie sah, was dort geschrieben stand, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Es beruhigte sich rasch wieder, als sie den Inhalt gelesen hatte, und erst als sie die Schultern sinken ließ, begriff sie, wie fest sie diese hochgezogen hatte.
    »Computer fertig. Fahre sie mit der Polizei holen«, stand auf dem Zettel, und die Unruhe kehrte zurück. Es war zwar kein Abschiedsbrief, wie sie befürchtet hatte, aber irgend etwas schien daran nicht zu stimmen. Warum sollte die Polizei ihn holen, wenn er seine Computer zurückerhielt? Hätte man sie ihm in diesem Fall nicht direkt hergebracht?
    Monica entschloß sich im selben Augenblick. Sie lief zum Auto und startete mit quietschenden Reifen. Den ganzen Weg nach Tanumshede nahm sie den Fuß nicht vom Gaspedal, und die Hände hielten das Steuer so fest umklammert, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher