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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Agnes’ Blick, aber sie weigerte sich hartnäckig aufzuschauen und studierte weiter ihre Schuhe. Sie tat ihm unendlich leid. Das hier mußte ungemein schwer für sie sein. Aber sie hatten doch einander, und wenn sich der schlimmste Sturm gelegt hatte, konnten sie ihr Leben gemeinsam aufbauen.
    Anders löste den Blick von Agnes und sah den Mann hinter dem Schreibtisch gelassen an. Er wartete darauf, daß Agnes’ Vater das Wort ergriff. Es dauerte lange, bis das geschah, und in dieser Zeit bewegte sich der Zeiger der Uhr mit unerträglicher Langsamkeit. Als August endlich sprach, hatte seine Stimme einen kühlen, stählernen Klang.
    »Ich habe verstanden, daß ihr beide, du und meine Tochter, euch insgeheim getroffen habt.«
    »Die Umstände haben uns dazu gezwungen, ja«, erwiderte Anders ruhig. »Aber ich habe nie andere als ehrliche Absichten mit Agnes gehabt«, fuhr er fort und wich dem Blick des Mannes nicht aus. Eine Sekunde lang glaubte er Verwunderung in Augusts Gesicht zu erkennen. Diese Antwort hatte dieser offenbar nicht erwartet.
    »Aha, na ja.« August räusperte sich, um Zeit zu gewinnen und zu überlegen, wie er sich zu dieser Behauptung verhalten sollte. Dann übermannte ihn erneut der Zorn. »Und wie hast du dir das vorgestellt? Ein reiches Mädchen und ein armer Steinmetz? Bist du so einfältig, daß du glaubst, so etwas wäre möglich?«
    Anders geriet ins Wanken bei dem höhnischen Ton des Mannes. War er einfältig gewesen? Seine anfängliche Entschlossenheit hielt der Verachtung, die ihm entgegenschlug, nicht stand, und er hörte mit einemmal selbst, wie dumm es klang, als es erst laut ausgesprochen war. Selbstverständlich war das nie eine Möglichkeit gewesen. Er fühlte, wie ihm langsam das Herz brach, und suchte verzweifelt Agnes’ Blick. War das hier das Ende? Würde er sie nie mehr treffen dürfen? Sie schaute noch immer nicht hoch.
    »Agnes und ich lieben uns«, sagte er still und hörte selbst, daß es sich anhörte wie die letzte Verteidigungsrede eines zum Tode Verurteilten.
    »Ich kenne meine Tochter bedeutend besser als du, Junge. Und ich kenne sie bedeutend besser, als sie glaubt. Zwar habe ich sie verwöhnt und ihr größere Freiheiten gestattet, als sie vielleicht hätte haben sollen, aber ich weiß auch, daß sie ein Mädchen mit Ehrgeiz ist, und sie würde nie alles opfern für die Zukunft mit einem Arbeiter.«
    Die Worte brannten wie Feuer, und Anders wollte schreien, daß er unrecht habe. Ihr Vater beschrieb ganz und gar nicht die Agnes, die er kannte. Sie war gut und sanft, und vor allem liebte sie ihn genauso innig, wie er sie, und sie wäre absolut bereit gewesen, die erforderlichen Opfer zu bringen, damit sie zusammenleben konnten. Mit reiner Willenskraft versuchte er sie zum Aufblicken zu bringen, sie sollte ihrem Vater sagen, wie es wirklich stand, aber sie verhielt sich stumm und abweisend. Langsam geriet der Boden unter seinen Füßen ins Wanken. Nicht genug damit, daß er im Begriff war, Agnes zu verlieren, er verstand sehr wohl, daß er unter diesen Umständen auch seine Arbeit nicht behielt.
    August ergriff wieder das Wort, und nun meinte Anders, hinter seinem Zorn Schmerz zu spüren. »Aber jetzt erscheinen die Dinge ja plötzlich in einem ganz anderen Licht. Unter normalen Umständen hätte ich alles getan, um meine Tochter davon zurückzuhalten, sich mit einem Steinmetz zusammenzutun, aber ihr habt ja bereits dafür gesorgt, mich vor vollendete Tatsachen zu stellen.«
    Verwirrt fragte sich Anders, wovon er denn redete.
    August sah seine fragende Miene und fuhr fort. »Ja, sie erwartet ein Kind. Ihr müßt wirklich zwei völlige Idioten sein, daß ihr diese Möglichkeit nicht bedacht habt.«
    Anders schnappte nach Luft. Er war geneigt, Agnes’ Vater recht zu geben. Sie waren Idioten gewesen, daß sie diese Möglichkeit nicht bedacht hatten. Er war genau wie Agnes überzeugt gewesen, daß die von ihnen ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen voll ausreichten. Nun war alles anders, und er fühlte sich noch verwirrter. Einerseits konnte er nicht umhin, Freude zu empfinden, weil seine geliebte Agnes sein Kind in sich trug, andererseits schämte er sich vor ihrem Vater und verstand seinen Zorn. Er wäre auch wütend geworden, hätte einer das seiner Tochter angetan. Anders wartete gespannt auf das, was kommen sollte.
    Traurig sagte August, während er sorgsam vermied, Agnes anzusehen: »Es gibt natürlich nur eine einzige Weise, um dieses Problem zu lösen. Ihr werdet

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