Die Toechter der Kaelte
heiraten, und zu diesem Zweck habe ich heute Amtsrichter Flemming herkommen lassen. Er wird euch sofort trauen, dann werden die Formalitäten hinterher erledigt.«
In ihrer Ecke blickte Agnes jetzt das erste Mal auf. Zu seiner Verwunderung sah Anders in ihren Augen nichts von der Freude, die er selbst empfand, sondern nur Panik. Ihre Stimme klang flehend, als sie sich an August wandte: »Bitte, Vater, zwinge mich nicht dazu. Es gibt doch andere Möglichkeiten, das Ganze zu regeln, du kannst mich doch nicht zwingen, den da zu heiraten. Er ist doch nur… ein simpler Arbeiter«, sagte sie.
Anders spürte die Worte wie Peitschenscbläge im Gesicht. Ihm war, als würde er Agnes zum ersten Mal sehen, als hätte sie sich vor seinen Augen in eine andere verwandelt.
»Aber Agnes?« sagte er in einem Ton, der darum bettelte, sie möge das Mädchen bleiben, das er liebte, obwohl er bereits wußte, daß jetzt all seine Träume zusammenfielen.
Sie ignorierte ihn und beschwor ihren Vater voller Panik immer weiter. Aber August würdigte sie keines Blickes, sondern schaute nur zum Amtsrichter und sagte kurz: » Tun Sie, wie Ihnen aufgetragen.«
» Vater, bitte!« schrie Agnes jetzt und warf sich theatralisch auf die Knie.
»Schweig!« erwiderte ihr Vater und sah sie kalt an. »Mach dich nicht lächerlich! Ich habe nicht vor, irgendein hysterisches Getue von deiner Seite zu tolerieren. So wie du dich gebettet hast, wirst du jetzt auch liegen!« donnerte er und brachte die Tochter abrupt zum Schweigen.
Mit einem leidenden Ausdruck im Gesicht stand Agnes widerstrebend auf und ließ den Amtsrichter seines Amtes walten. Es wurde eine seltsame Trauung, wobei die Braut verdrossen ein paar Meter vom Bräutigam entfernt stand. Aber beide antworteten auf die Frage des Amtsrichters mit ja, wenn auch mit äußerstem Widerstreben von der einen und großer Verwirrung von der anderen Seite.
»So, das ist erledigt«, konstatierte August, nachdem der geschäftsmäßig durchgeführte Akt beendet war. »Ich kann dich selbstverständlich nicht hierbehalten«, sagte er, und Anders beugte nur sein Haupt zur Bestätigung, daß er diesen Bescheid erwartet hatte. Sein frischgebackener Schwiegervater fuhr fort: »Aber wie übel du auch gehandelt hast, so kann ich meine Tochter nicht ins völlige Nichts entlassen, das bin ich ihrer Mutter schuldig.«
Agnes sah ihn gespannt an, noch immer mit der kleinen Hoffnung, nicht alles zu verlieren.
»Ich habe dir eine Anstellung im Steinbruch von Fjällbacka besorgt. Die Statue muß einer von den anderen zu Ende bringen. Ich habe auch die erste Monatsmiete für Zimmer und Küche in einer der Baracken bezahlt. Nach diesem Monat müßt ihr allein klarkommen.«
Ein Jammerlaut entfuhr Agnes. Sie führte die Hand an die Kehle, als würde sie ersticken, und Anders hatte das Gefühl, an Bord eines langsam sinkenden Schiffes zu sein. Wenn er noch immer Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft mit Agnes gehegt hatte, so wurden diese endgültig zerschlagen, als er sah, mit welcher Verachtung sie ihren frischangetrauten Ehemann ansah.
»Bitte, liebster Papa«, bat sie erneut. »Das kannst du doch nicht tun. Ich nehme mir eher das Leben, als mit dem da in einen stinkenden Schuppen zu ziehen.«
Anders verzog das Gesicht bei diesen Worten. Wenn das Kind nicht wäre, hätte er sich jetzt auf dem Absatz umgedreht und wäre gegangen, aber ein richtiger Mann floh nicht vor seiner Verantwortung, wie schlimm die Umstände auch waren, das hatte man ihm von Kindesbeinen an eingebleut. Deshalb blieb er im Zimmer stehen, das jetzt drückend klein erschien, und versuchte sich die Zukunft mit einer Frau vorzustellen, die ihn als Lebensgefährten offenbar widerwärtig fand.
»Getan ist getan«, erwiderte August seiner Tochter. »Du hast den Nachmittag zur Verfügung, um das zu packen, was du tragen kannst, dann geht das Fuhrwerk zum Zug nach Fjällbacka. Wähle deine Sachen klug. Du dürftest nicht viel Nutzen an deinen Festkleidern haben«, fügte er böse hinzu und zeigte damit, wie tief ihn seine Tochter in der Seele verletzt hatte.
Als die Tür hinter ihnen zuschlug, umgab sie dröhnende Stille. Dann sah ihn Agnes mit so viel Haß an, daß er sich anstrengen mußte, nicht zurückzuschrecken. Eine innere Stimme flüsterte ihm zu, er solle fliehen, solange noch Zeit sei, aber seine Füße standen still, als hätte man sie am Boden festgenagelt.
Eine Vorahnung schlimmer Zeiten durchfuhr ihn wie ein Schaudern.
Morgan sah die
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