Die Toechter der Kaelte
gebeten, alles, was Sara gehörte, aus dem Blickfeld zu räumen, und er hatte einen ganzen Vormittag damit verbracht, alles in Kisten zu packen und auf den Boden zu schaffen. Aber eins hatte er übersehen. Saras alter Teddy lag halb unters Bett geschoben, und den hatte Charlotte mit dem Fuß gefühlt. Sie nahm ihn langsam auf und mußte sich auf die Bettkante setzen, weil sich alles um sie zu drehen begann. Der Bär fühlte sich in ihren Händen rauh an. Sara hatte nicht erlaubt, ihn zu waschen, und im Ergebnis sah er aus, als hätte er an einer Straßenschlacht teilgenommen. Obendrein stieg ein merkwürdiger Geruch von ihm auf, aber vermutlich durfte genau der nicht in der Waschmaschine verlorengehen und durch Waschmittelduft ersetzt werden. Ein Auge fehlte, und Charlotte fingerte an den Garnresten herum. Zwei Stunden waren vergangen, seit sie zuletzt geweint hatte, die längste Zeit bisher. Jetzt drängten die Tränen erneut nach oben. Charlotte drückte den Bär an sich und legte sich zusammengekrümmt aufs Bett. Dann blieb ihr nur noch das Weinen.
»Wunder über Wunder«, sagte Pedersen am Telefon. »Zum ersten Mal in der Weltgeschichte haben wir das Ergebnis einer Analyse eher erhalten als angekündigt.«
»Warte mal, ich muß erst irgendwo ranfahren«, sagte Patrik und spähte nach einer günstigen Stelle aus. Ernst wies auf einen kleinen Waldweg auf ihrer Seite der Fahrbahn.
»So, jetzt bin ich kein Verkehrshindernis mehr. Nun, was ergaben die Tests?« fragte Patrik, ohne größere Erwartung in der Stimme. Vermutlich hatten sie nur identifiziert, was Sara zum Frühstück gegessen hatte, denn was das Wasser in der Lunge anbetraf, hatte er selbst ein bißchen recherchiert und zu seiner Betrübnis feststellen müssen, daß es nicht viel Hoffnung gab, herauszubekommen, von welcher Art Seife die Reste stammten. Pedersen bestätigte das umgehend.
»Das Wasser ist, wie ich schon sagte, Leitungswasser, und der Gehalt an verschiedenen Stoffen läßt keinen Zweifel zu, daß es aus der Gegend von Fjällbacka stammt. Die Seifenreste konnten leider mit keiner besonderen Marke in Verbindung gebracht werden.«
»Ja, nicht viel, mit dem man was anfangen kann«, seufzte Patrik mißmutig und fühlte erneut, wie ihm der Fall aus den Händen glitt.
»Nein, nicht bei dem, was sich in der Lunge befand«, sagte Pedersen in geheimnisvollem Ton.
Patrik setzte sich gerader hin. »Hast du noch was anderes?« fragte er und hielt die Luft an.
»Ja, obwohl ich nicht weiß, was es bedeutet«, erwiderte der Gerichtsmediziner. »Die Analysen des Mageninhalts bestätigen die Angaben der Familie zu dem, was das Kind zum Frühstück aß, aber«, er machte eine Pause, und Patrik war nahe daran, vor Ungeduld zu schreien, »da gab es auch etwas Merkwürdiges. Es scheint, als hätte das Mädchen Asche geschluckt.«
»Asche?« fragte Patrik mit ungläubigem Gesichtsausdruck.
»Ja«, erwiderte Pedersen, »und nachdem wir diese im Magen gefunden hatten, nahm sich das Labor noch einmal das Wasser aus der Lunge vor und fand auch da winzige Mengen an Asche, was man bei der ersten Analyse übersehen hatte.«
»Ja aber, wie zum Teufel kann die Asche in den Magen gekommen sein?« Aus dem Augenwinkel sah Patrik, daß Ernst zusammenfuhr und ihn anstarrte.
»Das kann man nicht genau sagen, aber nachdem ich mir die Angaben genau angesehen und noch mal das Obduktionsprotokoll vorgenommen habe, ist meine Theorie, daß ihr jemand die Asche oral eingeführt hat. Wir haben nämlich auch winzige Reste in Mund und Speiseröhre gefunden, selbst wenn das meiste vom Wasser weggespült wurde.«
Patrik sagte kein Wort, aber die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum. Er versuchte sich zu konzentrieren, um an all das zu denken, was er fragen sollte. »Und die Asche in der Lunge, wie kam die dahin, wenn man sie nun gezwungen hatte, die zu schlucken?«
»Auch das sind nur Theorien von meiner Seite, aber erstens kann ihr ein Teil in den falschen Hals gekommen sein, als man sie ihr reinstopfte. Andererseits, falls sie schon in der Wanne saß, als man sie mit Asche fütterte, kann ein Teil im Wasser gelandet sein, und als sie dann ertränkt wurde, gelangte sie mit dem Wasser in die Lunge.«
Mit erschreckender Deutlichkeit sah Patrik die Szene vor sich. Sara in einer Badewanne sitzend, eine unbekannte, bedrohliche Gestalt, die ihr eine Handvoll Asche in den Mund preßte und ihr dann Mund und Nase zuhielt, um sie zum Schlucken zu zwingen. Dieselben Hände, die
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