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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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hab’s doch versprochen.«
    »Ja, denn das war unser Geheimnis.«
    »Aber warum darf ich das nicht erzählen? Der Mann war doch böse?« Die braune Puppe sprach jetzt in quengelndem Ton.
    »Ja, genau deshalb. Der Mann hat gesagt, daß ich nichts erzählen darf. Und man muß tun, was böse Männer sagen.«
    »Aber du bist doch tot, da kann doch der Mann nichts machen?«
    Darauf wußte die grüne Sara-Puppe keine Antwort.
    Frida legte die Puppen vorsichtig ins Haus zurück und stellte sich wieder ans Fenster. Daß alles so schwer werden würde, nur weil Sara einfach gestorben war.
     
    Annika rief eifrig nach Patrik, als er mit Ernst ins Revier kam. Er schien eilig in sein Zimmer zu wollen, aber sie blieb hartnäckig. Mit fragender Miene stellte er sich in ihre Tür. Annika schaute ihn über den Brillenrand hinweg an. Er wirkte tatsächlich sehr mitgenommen, und durch den Regen sah er aus wie eine ersäufte Katze. Aber zwischen Baby und Kindermord blieb wohl nicht viel Energie übrig, um sich selbst zu pflegen.
    Sie sah die Ungeduld in Patriks Augen und beeilte sich, ihr Anliegen vorzubringen: »Bei mir sind heute eine Reihe von Anrufen aufgrund der Veröffentlichungen eingegangen.«
    »Ist was Brauchbares dabei?« fragte Patrik ohne größeren Enthusiasmus in der Stimme. Es passierte so selten, daß aus der breiten Öffentlichkeit etwas Vernünftiges kam, so daß er keine großen Hoffnungen hatte.
    »Ja und nein«, erwiderte Annika. »Das meiste kam natürlich von den üblichen Klatschweibern, die uns heiße Tips geben, ihre erbitterten Feinde oder anderes >Gesindel< betreffend, und beim jetzigen Fall hat die Homophobie wirklich Blüten getrieben. Offenbar gerät man automatisch in Verdacht, homosexuell und obendrein pädophil zu sein, wenn man sich als Mann mit Blumen oder Haareschneiden beschäftigt.«
    Patrik trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, und Annika sprach schnell weiter. Sie nahm den obersten Zettel vom Stapel und reichte ihm diesen.
    »Mir schien, das hier könnte etwas sein. Eine Frau rief an, weigerte sich aber, ihren Namen zu nennen. Sie meinte, wir sollten uns die Patientenakte von Saras kleinem Bruder ansehen. Weiter wollte sie sich nicht dazu äußern, aber etwas sagt mir, daß da was ist. Auf jeden Fall kann es eine Untersuchung wert sein.«
    Patrik sah nicht annähernd so interessiert aus, wie sie gehofft hatte, aber andererseits hatte er auch nicht gehört, wie eindringlich die Anruferin klang. Diese unterschied sich auffallend von denen, die es liebten, Klatsch zu verbreiten.
    »Ja, es ist möglicherweise eine Kontrolle wert, aber versprich dir nicht zu viel. Anonyme Hinweise ergeben meist nicht wirklich etwas.«
    Annika machte den Mund auf, aber Patrik hob abwehrend die Hände.
    »Ja, ja, ich weiß. Irgend etwas sagte dir, daß es hier anders ist. Und ich verspreche, mich der Sache anzunehmen. Aber es muß eine Weile warten. Wir haben im Augenblick Dringenderes zu tun. Zusammenkunft in der Küche in fünf Minuten, dann werde ich mehr erzählen.« Mit den Fingern trommelte er ein kurzes Signal auf dem Türrahmen und entfernte sich dann mit ihrem Zettel in der Hand.
    Annika fragte sich, was da wohl für neue dringliche Informationen aufgetaucht waren. Hoffentlich konnten sie dem Fall eine Wende geben. Die Stimmung im Revier war in den letzten Tagen allzu depressiv gewesen.
     
    Er konnte sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren. Saras Gesicht stand ihm ständig vor Augen, und der Besuch der Polizisten am Vormittag hatte all die Angstgefühle wieder an die Oberfläche gebracht. Vielleicht stimmte es, was alle sagten, vielleicht war er viel zu früh zur Arbeit zurückgekehrt. Aber für ihn war es notwendig gewesen, um überleben zu können. Um die Gedanken von dem wegzuzwingen, woran er nicht denken wollte, und sie statt dessen auf Magengeschwüre, Hühneraugen, Dreitagefieber und Mittelohrentzündungen zu richten. Auf alles mögliche, damit er nur nicht an Sara denken mußte. Und an Charlotte. Aber jetzt hatte sich die Wirklichkeit unerbittlich zurückgemeldet, und er fühlte, daß er auf den Abgrund zuraste. Es machte die Sache nicht besser, daß alles selbstverschuldet war. Um ehrlich zu sein, was bei ihm ungewöhnlich war, konnte er nicht mal selbst verstehen, warum er die Dinge tat, die er nun einmal tat. Es war, als würde ihn etwas in seinem Inneren unentwegt weitertreiben, in einer Hetzjagd auf etwas zu, das außerhalb seiner Reichweite lag. Obwohl er bereits so viel besaß.

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