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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Augen, Jago“, fauchte Christoforo Moro barsch. Er wandte kaum den Kopf, um die Anwesenheit des anderen zur Kenntnis zu nehmen. „Ihr habt mir meinen Seelenfrieden gestohlen!“ Jago heuchelte Verwirrung. „Womit habe ich Euch verstimmt, Signore ?“ Er bemühte sich um eine ruhige Stimmlage, die den General ermutigen sollte, fortzufahren. „Was haben mich ihre möglicherweise gestohlenen Stunden der Lust geschert?“, stieß Christoforo schließlich heftig hervor und beschleunigte die Schritte. „Ich habe weder etwas Schlechtes gesehen noch gedacht. Es hat mir nichts ausgemacht! Ich hatte keine einzige schlaflose Nacht.“ Er hielt inne und wirbelte unvermittelt herum, um Jago mit einem Blick zu fixieren, in dem die Flamme der Eifersucht loderte. „Und jetzt“, wisperte er, „jetzt schmecke ich Cassios Küsse auf ihren Lippen!“ Er griff sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Kopf, als ihn die Erinnerung übermannte. Nachdem sie letzte Nacht endlich eingeschlafen war, hatte er sein vorgetäuschtes Schnarchen eingestellt und auf ihr liebliches Gesicht hinabgestarrt, auf dem das bleiche Licht des Mondes ein Muster aus Licht und Schatten malte. Er hatte ihre Züge nach verräterischen Anzeichen der Untreue durchforscht, doch ihr Gesicht war klar und unschuldig. Sein Herz hatte sich verkrampft bei dem Gedanken an Cassio, der ihre vollen Lippen küsste und den Körper, der sich früher nur seinen Liebkosungen hingegeben hatte, genoss.
     
    „Es tut mir leid, das zu hören“, unterbrach Jago die schmerzvolle Erinnerung. Christoforo warf die Hände in die Luft „Es wäre mir egal, wenn die gesamte Besatzung sie gehabt hätte!“, belog er sich selbst. „Wenn es mir nur niemand gesagt hätte!“ Seine Augen waren so weit vor Erregung und Schmerz, dass sie von einem breiten weißen Ring umgeben waren, der feucht in der Dunkelheit schimmerte. „Ich kann mich nicht auf diesen Krieg konzentrieren, verflucht noch einmal!“, platzte er hervor, wobei sich seine Hände in hilfloser Verzweiflung zu Fäusten ballten. Für die nervenaufreibende Dauer einiger Herzschläge schien er die Gegenwart seines Begleiters vergessen zu haben. Doch dann plötzlich, ohne Vorwarnung, wandelte sich seine Laune abrupt, und er packte Jago am Kragen der Uniform. „Seht zu, dass Ihr beweisen könnt, dass meine Gemahlin eine Hure ist! Oder Ihr werdet den Tag verfluchen, an dem Ihr das Licht der Welt erblickt habt!“ Seine bebenden Nasenflügel waren so dicht an Jagos Gesicht, dass der Major seinen heißen Atem spüren konnte.
     
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    „Er könnte noch am Leben sein.“ Lodovico blickte Hilfe suchend in Desdemonas Richtung. „Ich habe lediglich gesehen, wie man ihn fortgetragen hat.“ Angelina war kraftlos auf ein kleines Mäuerchen gesunken und hatte die Hände, die mit dem Blut der Verwundeten besudelt waren, vors Gesicht geschlagen. Sie hatten gerade den letzten Patienten versorgt, als Lodovico mit ernster Miene den kleinen Hof betreten hatte. „Aber er könnte ebenso gut tot sein!“, schluchzte sie.
     
    Das war die Strafe für ihren Ungehorsam! Schließlich war es eine Sünde, eine Verletzung der Zehn Gebote! „Oh, gnädiger Gott“, flüsterte sie. „Bitte vergib meine Sünden und rette meinen Gemahl.“ Lodovico legte schüchtern die Hand auf ihre dunklen Locken, zog sie jedoch hastig wieder zurück, als sie bei der Berührung zusammenzuckte. „Die Osmanen sind zivilisierte Menschen“, sagte er lahm und bemerkte zu spät, dass das nicht die richtigen Worte waren. „Zivilisiert?!“, explodierte Angelina und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen fort. „Ich sehe jeden Tag, wie zivilisiert sie sind!“ Desdemona sah mit gerunzelten Brauen auf sie hinab. „Bitte, Angelina“, hub sie an, doch ihre Schwester fiel ihr brüsk ins Wort. „Es ist ja nicht dein Mann, oder? Dein Gemahl ist derjenige, der jeden Tag Hunderte junger Männer in den Tod schickt!“ Mit diesen Worten pfefferte sie die blutige Schürze, die sie wütend von ihrem Kleid gezerrt hatte, auf den Boden und stürmte in Richtung Hauptgebäude davon.
     
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Zypern, ein Militärpavillon vor den Toren Famagustas, 22. Juni 1571
     
    „Bitte!“ Elissa war Selim und den Soldaten hinterhergeeilt, die Neslihan grob mit sich geschleift hatten. Das kleine Mädchen wimmerte leise – gelähmt von Angst und Entsetzen. Die schwere Nachtluft, die in das Zelt des Sultans drang, schien plötzlich zu zäh zum Atmen. „Bitte!“, wiederholte sie

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