Die Töchter der Lagune
gehen, als er den stechenden Schmerz einer Schwertspitze spürte, die sich von hinten in seine Rippen bohrte. „Wirf die Waffe weg!“, befahl der Türke vor ihm und half nach, indem er Francesco den Degen aus der Hand schlug, die vor Wut bebte. Er hatte sich wie ein unerfahrener Knabe übertölpeln lassen!
Ehe der Janitschar noch etwas hinzufügen konnte, bliesen die osmanischen Boru zum Rückzug. Überall um sie herum lösten sich die Knäuel kämpfender Männer auf und blutbesudelte Soldaten begannen, in ihre Richtung zu strömen. Der Bursche, der ihm gegenüberstand, sagte etwas in seiner Sprache und nickte. Bevor Francesco sich umwenden konnte, um zu sehen, was vor sich ging, traf ihn ein furchtbarer Schlag am Kopf, und alles um ihn herum versank in watteweicher Dunkelheit.
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Zypern, ein Militärpavillon vor den Toren von Famagusta, 21. Juni 1571
Die Hoffnung hatte sich aufgelöst wie ein Wassertropfen in der Mittagssonne, sobald Elissa am vergangenen Tag den Palast aus Zelten betreten hatte. Die Reise durch die Ägäis war schnell und ungestört verlaufen, da die Piraten respektvoll Abstand von dem Schiff des Sultans hielten. Mehrere schwer bestückte Briggs, die in der Hafenmündung Stellung bezogen, sobald sie die Insel erreichten, hatten ihnen Geleitschutz gegeben. Unter Neslihans kundiger Pflege hatte sie sich so weit erholt, dass sie beinahe all das tun konnte, was sie vor ihrer Krankheit genossen hatte. Selim hatte sie während der Überfahrt nur zweimal aufgesucht, aber sie befürchtete, dass er nun, da sie genesen war, seine alten Gewohnheiten wieder aufnehmen würde.
Man hatte ihnen ein geräumiges Zelt im Innern des Herzens des Feldlagers zugewiesen, das von einem Ring offizieller Zelte, einer Tuchwand, einem Graben, zahllosen Wächtern und dem Lager der einfachen Soldaten umgeben war. Elissa seufzte. Ihre Fluchtpläne hatten sich in dem Augenblick zerschlagen, als sie den Ehrfurcht gebietenden Komplex vom Hafen aus erblickt hatte. Die beiden Mädchen waren damit beschäftigt, ihre Truhen auszupacken, und beide taten ihr Bestes, den Schlachtenlärm, der von einer kaum wahrnehmbaren Brise zu ihnen getragen wurde, zu ignorieren. Keine verspürte den Drang zu reden, da die Eindrücke, die sie zu verdauen hatten, zu mächtig und beängstigend waren. Ein Gefühl der Beklommenheit hatte Elissa beschlichen, als sie das Lager durchquerten. Obschon die meisten der Soldaten auf dem Schlachtfeld und Neslihan und sie selbst tief verschleiert waren, hatte sie gespürt, wie die gierigen Augen der Männer sie auszogen und ihre Körper schändeten. Ein kalter Schauer der Furcht war ihr den Rücken hinaufgekrochen, und sie hatte erleichtert aufgeatmet, als sie die Sicherheit des geschützten Innenbereiches betreten hatten, der dem Sultan vorbehalten war.
Plötzlich zog der entfernte Ruf der Kriegshörner ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren so darin vertieft gewesen, ihrer Umgebung den Stempel ihrer Anwesenheit aufzudrücken, um ihre Furcht zu zähmen, dass ihnen gar nicht aufgefallen war, wie der Tag verflogen war. Neslihan zuckte zusammen und blickte mit großen Augen auf. Ohne Worte für ihren Austausch zu benötigen, wickelten die beiden Mädchen die Schleier um den Kopf und eilten hinaus, um zu sehen, was vor sich ging. Allerdings kamen sie nicht sehr weit. Nach lediglich zwanzig Schritten verstellten ihnen zwei hochgewachsene Wächter mit gekreuzten Lanzen kopfschüttelnd den Weg. Der Zozak , die hohe Wand aus Vorhangtuch, versperrte ihnen komplett die Sicht, und der einzige Sinn, auf den sie sich verlassen konnten, war ihr Gehör. Langsam kam das dumpfe Donnern von Hufen näher, gefolgt vom Geräusch Tausender stampfender Füße. Wie viele Männer fasste dieses Lager?, fragte sich Elissa. Es mussten Zehn-, wenn nicht gar Hunderttausende sein, hatte doch der Marsch durch die zahllosen Reihen ordentlicher, wenn auch einfacher Kegel beinahe eine halbe Stunde gedauert. Nachdem sie erfolglos versucht hatten, einen Blick auf die äußeren Verteidigungsanlagen zu werfen, seufzten die beiden Mädchen schicksalsergeben und gingen langsam zu dem großen Zelt zurück, das sie ganz alleine bewohnten. Das andere Dutzend Frauen, das mit ihnen an Bord des Schiffes gewesen war, hatte man am anderen Ende der harem sähnlichen Struktur untergebracht. Offensichtlich wollte Selim absolut sichergehen, dass seinem Kind kein weiteres Leid geschehen konnte.
Als sich vor der rostfarbenen
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