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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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worden war, stocherte sie lustlos in ihrem Essen herum und wagte lange nicht, in Christoforos Richtung zu blicken. Sie hat ihn wirklich gern!, schoss es Angelina durch den Kopf. Und sein Verhalten war auch mehr als eindeutig. Sah denn ihr Vater nicht, was sich da direkt unter seiner Nase abspielte? Sie unterdrückte ein Seufzen und schob sich eine Gabel voll Hasenbraten in den Mund. Wenigstens schien Christoforo Moro zu wissen, was Ehre war. Nicht wie Cesare, dieser Bastardo ! Der Gedanke an ihn brachte ihr Blut erneut in Wallung, und sie spürte heiße Wut in sich aufsteigen. Denk nicht an ihn!, befahl sie sich. Vergiss ihn genauso schnell, wie er dich vergessen hat! Lange hatte sie über ihre Gefühle für ihn nachgegrübelt und war, wenn auch widerwillig, zu dem Schluss gekommen, dass ihre Schwester recht gehabt hatte. Es schien tatsächlich so, als ob sie einfach nur ins Verliebtsein vernarrt gewesen war. In einer Zeit, als ihr Leben sie gelangweilt und sie sich nach einer Abwechslung oder einem Abenteuer gesehnt hatte, waren ihr Cesares Schmeicheleien gerade recht gekommen. Sie hatte sich der Illusion hingeben können, der Mittelpunkt der Welt zu sein. Sie verkniff sich ein Seufzen und senkte die Lider, um ihre Schwester und Christoforo unauffälliger beobachten zu können. Desdemonas Gesicht hatte inzwischen die Farbe reifer Kirschen angenommen, und auch Christoforos sonnengebräunte Haut zierte ein deutlicher Rotton. Offensichtlich taten die beiden sich schwer damit, sich auf das Essen und Signor Brabantio zu konzentrieren, der ahnungslos Konversation mit seinem Gast betrieb. Als Christoforo nach einem kurzen peinlichen Moment eine Antwort auf eine Frage stotterte, hätte Angelina sich um ein Haar vor Lachen verschluckt, wurde jedoch sofort wieder ernst.
     
    Was, wenn ihre Schwester tatsächlich in Erwägung zog, einen Mann von solch zweifelhafter Herkunft zu heiraten? Immerhin sollte sie sich der Unschicklichkeit einer solchen Tat bewusst sein. Während Angelina gedankenverloren an einem wunderbar gewürzten Stückchen Fleisch herumkaute, verwarf sie den Verdacht jedoch wieder und schalt sich eine einfältige Gans. Vermutlich schmeichelte es ihrer Schwester einfach nur, wie der General sie behandelte. Er tat dasselbe, was Cesare getan hatte. Er gab Desdemona das Gefühl, geschätzt zu werden, die wichtigste Person in seinem Leben zu sein; und dieses Gefühl zog eine Frau zu einem Mann hin, ganz egal, wie alt er war. Sicherlich würde diese Schwärmerei genauso schnell verpuffen, wie sie gekommen war. Angelina biss die Zähne aufeinander. Oder Christoforo würde es Desdemona genauso leicht machen, wie Cesare es ihr gemacht hatte. Die Diener hatten damit begonnen, den Hauptgang abzutragen und den Nachtisch zu servieren. Obschon Angelinas Magen bis zum Bersten gefüllt war, konnte sie der Schokoladentorte, die einer der Bediensteten mit einem schelmischen Augenzwinkern direkt vor ihr auf den Tisch gestellt hatte, nicht widerstehen. Er war seit über zwanzig Jahren im Haushalt ihres Vaters und kannte ihre Vorlieben, seit sie ein kleines Mädchen war. Ehe der Gedanke an Cesare ihr den Appetit rauben konnte, stach sie in das Naschwerk und stopfte sich einen riesigen Bissen in den Mund.
     
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    Desdemona hatte direkt am Marmorkamin Platz genommen, in dem ein fröhliches Feuer tanzte, da der Abend kühl und feucht geworden war. Das Blumenmuster des Fußbodens schien in dem unruhigen Licht zum Leben zu erwachen, und sie fühlte sich wunderbar sicher in der wohligen Hitze, die vom Feuer ausging. Ihr Vater hatte die hohen Butzenscheibenfenster geschlossen, und unter dem Vorwand zu frösteln hatte Christoforo Moro seinen Stuhl näher an den ihren gerückt. Auf Bitten ihres Vaters hatte er von seiner Jugend erzählt, und Desdemona war zugleich fasziniert und entsetzt. Sie hatte nicht ruhig auf ihrem Stuhl sitzen bleiben können, als er von seiner Gefangennahme durch Piraten berichtet hatte und all den furchtbaren Dingen, die er hatte erleiden müssen, bis es ihm schließlich gelungen war, zu fliehen. Es lag nun beinahe zwanzig Jahre zurück, aber er trug immer noch die Narben der Misshandlungen von damals. Sie hatte aufgeschrien und nach seinem Arm gegriffen, als er von den rostigen Ketten berichtete, die ihm die Handgelenke und Knöchel wundgescheuert hatten, bis die Wunden schließlich vereitert waren, und er ins Wundfieber gefallen war. Er hatte sie beruhigt, und es war ihr töricht vorgekommen, da er

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