Die Töchter der Lagune
die schwanger war mit wundervollen Düften, in den kalten Abend hinauszuschleusen. Angelina saß neben Francesco, und seine Anwesenheit hatte eine beinahe berauschende Wirkung. Der Maggiordomo – der Verwalter der Festung – hatte ihr eine kleine Kammer im ersten Stock zugewiesen, die zwar einfach, aber gemütlich war. Francescos Unterkunft in einem der Massenquartiere im Innern des Walles war weit weniger luxuriös. Doch mit Sicherheit würde er nicht jede Nacht dort zubringen und mit den Waffen, die seiner Obhut anvertraut waren, schlafen müssen. Während sie nach einem Stück gegrilltem Thunfisch angelte, warf sie ihm einen Seitenblick zu. Wie gut er in Uniform aussah! Seine Nase und die Wangenknochen waren sonnengebräunt, und auf seinem energischen Kinn lag ein blauer Bartschatten. Wie sie sich danach sehnte, endlich wieder seinen festen Mund zu küssen und sein Herz an ihrer Brust zu spüren! Er musste nach dem Bankett zum Wachdienst, aber sie hatte bereits einen Plan ersonnen, wie sie ihn an seinem ersten freien Tag in ihre Kammer lotsen konnte.
Die Größe der Gebäude und die Zahl der zerlumpten, bettelnden Frauen und Kinder in Famagusta hatte sie in Staunen versetzt. Auf dem Weg vom Kai waren ihr auch junge Mädchen aufgefallen, die verführerisch in den Schatten der Militärunterkünfte posierten. Liebe schien ein florierendes Geschäft in einer Stadt voller Soldaten. Außer Emilia, Desdemona und ihr selbst bewohnte nur eine Handvoll weiterer Frauen die Zitatdelle, und es war eine beinahe ausschließlich männliche Welt. Nichtsdestotrotz lag hinter einem der Hauptgebäude der Festung ein prächtiger Rosengarten, der von den überdachten Wehrgängen verborgen wurde und nur über einen winzigen, mit Efeu umrankten Torbogen zugänglich war. Sobald ihre Truhen ausgepackt waren, hatte sich Angelina auf einen Erkundungsgang begeben.
„Sie sitzen wie auf glühenden Kohlen“, wisperte Francesco und stieß sie sanft an. Sie folgte seinem Blick und grinste, als sie sah, wie ungeduldig ihre Schwester und Christoforo Moro darauf brannten, dass das Fest zu Ende ging. Obwohl sie sich alle Mühe gaben, mit den Männern an ihrem Tisch höfliche Konversation zu betreiben, war es offensichtlich, dass sie es kaum erwarten konnten, die Halle wieder zu verlassen. „Na, immerhin sind sie frisch vermählt, oder?“, erwiderte sie und drückte unter dem Tisch Francescos Hand. Er streichelte ihre Finger und ließ seine Hand zu ihrem Oberschenkel wandern. „Nicht“, warnte sie, als heiße Begierde sie durchzuckte. „Sonst lasse ich dich deine Pflicht nicht tun!“
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Punkt zehn Uhr – die Kirchenglocke hallte gespenstisch durch die Nacht – erhoben sich die Frischvermählten und entschuldigten sich. „Cassio, Ihr habt heute Nacht die Aufsicht über die Wache“, erinnerte Christoforo den Oberstleutnant. „Sorgt dafür, dass die Männer nicht zu viel trinken und dass es keinen Ärger gibt.“ Cassio nickte, geehrt, dass der General so viel Vertrauen in ihn setzte. „Jago hat die Wächter bereits ausgewählt“, erwiderte er. „Aber ich werde persönlich dafür sorgen, dass es zu keinem Tumult kommt.“ Er lächelte Desdemona zu und wünschte ihr eine gute Nacht. „Jago ist ein guter Mann“, bemerkte Christoforo, ehe er die Hand seiner Gemahlin ergriff und der Versammlung zunickte. „Gute Nacht, meine Freunde.“ Mit diesen Worten steuerte das Paar auf die Tür zu, während die Männer, angestachelt von Wein und Grappa , in die Hände klatschten und hinter ihnen her pfiffen.
Sie hatten gerade die Halle verlassen, als Jago durch eine kleine Hintertür den Raum betrat. „Jago“, begrüßte Cassio ihn. „Wir müssen die Wachen postieren.“ Jago schüttelte den Kopf. „Noch nicht, Oberstleutnant. Es hat erst zehn geschlagen. Unser General hat uns aus Liebe ein wenig früher verlassen als geplant.“ Er grinste anzüglich. „Und wer könnte ihm das schon zum Vorwurf machen! Er hat ja noch nicht einmal die Ehe vollzogen, wenn die Gerüchte stimmen!“ Marcantonio Bragadin, der zu ihnen gestoßen war, brüllte vor Lachen. „Der arme Mann.“ „Sie ist etwas Außergewöhnliches“, bemerkte Cassio träumerisch. „Ja, und ich bin mir sicher, sie ist auch eine außergewöhnliche Liebhaberin.“ Jagos Grinsen wurde hässlich. „Sie ist vollkommen!“, gab Cassio aufgebracht zurück. „Zieht sie nicht in den Schmutz!“ „Ja, ja.“ Jago hob beschwichtigend die Hand. „Möge ihr
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