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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Neslihan hinterher, die auf die Reling zusteuerte.
     
    Der Ausblick, der sich ihren vor Erstaunen aufgerissenen Augen bot, war atemberaubend. Die noch unsichtbare Sonne malte ein feuriges Rot an den Himmel, während sie langsam der schwarzgrauen Nachtlandschaft die Farben zurückgab. Zu ihrer Linken wurden die einfachen Häuser der mächtigen Stadt von imposanten Gebäudegruppen dominiert. Die erste Anhäufung bestand aus einer gewaltigen Kuppel, die von merkwürdigen, dünnen Türmchen mit spitzen Dächern eingerahmt war. „Was ist das?“, fragte Elissa neugierig. „Das dort?“ Neslihan wies auf die steinernen Spitzen, die an Dolche erinnerten. Elissa nickte. „Das ist die Süleymaniye Camii , die Sultan Süleyman Moschee. Die vier Türme dort sind Minarette. “ Sie hatte gerade den Satz beendet, als sich eine durchdringende, körperlose Stimme über den Dächern der Stadt erhob. „Das ist der Muezzin , der die Gläubigen mit dem Adhan zum Gebet ruft.“
     
    Während das Schiff der Strömung folgte, näherten sie sich einer zweiten Ansammlung von Gebäuden, die aussah wie eine Stadt innerhalb der Stadt. Es handelte sich um einen Komplex zahlloser Dächer – hoch und niedrig, eckig und rund – die von einer Mauer umgeben waren, die so hoch war, dass sie die Gebäude, welche bis an die Wasserlinie reichten, überragte. Innerhalb des Hofes, der derart eingefasst war, ahmten hohe Zypressen das Motto der Architektur nach. „Das ist das Topkapi Sarayi “, flüsterte Neslihan ehrfürchtig. „Es ist das Herz Istanbuls.“ Elissa runzelte die Stirn. „Istanbul? Ich dachte, wir würden nach Konstantinopel segeln?“ Das kleine Mädchen lachte. „Ach ja, entschuldige. Wir nennen die Stadt Istanbul.“
     
    „Du wirst dein neues Zuhause mögen“, bemerkte eine hohe Stimme hinter ihnen. Elissa fuhr zusammen und wirbelte herum, um in Halils rundes Gesicht zu starren. Das Schiff hatte Anker geworfen, und mehrere Boote lösten sich vom Ufer, um auf sie zuzurudern. „Bevor wir dich dem Sultan vorführen können, musst du bereit gemacht werden.“ Seine Wangen schwabbelten vor Freude, als er bemerkte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Während der vergangenen Tage hatte sie beinahe den Grund für ihre Qualen vergessen. Sie war ein Geschenk für den König der Ungläubigen! „Zuerst einmal musst du enthaart werden, und wir müssen dich als seinen Besitz kennzeichnen.“ Mit diesen beunruhigenden Worten ergriff er ihren Arm und führte sie auf die Strickleiter zu, die soeben an der Bordwand befestigt worden war.
     
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Konstantinopel, Topkapi Palast, Januar 1571
     
    Selim genoss die frische Morgenluft in seinem Privatgarten, der im Herzen des vierten Hofes des Palastkomplexes lag. Es war ungewöhnlich für ihn, so zeitig auf den Beinen zu sein, doch die freudige Erwartung hatte ihn aus den weinschweren Träumen gerissen. Am vergangenen Abend hatte ein Bote ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass Halils beleuchtetes Schiff gesichtet worden war. Der Eunuch war von seiner Einkaufsfahrt zurück, und er hatte ein neues Spielzeug für Selim! Wie sie wohl aussah? Während er an dem blau gekachelten Sünnet Köskü , dem Beschneidungspavillon, vorbeischlenderte – vorbei an den zahlreichen Marmorfontänen, die überall im saftig grünen Gras verstreut waren – malte er sich vor seinem inneren Auge das Geschenk aus, das er sich selbst gemacht hatte.
     
    Er hatte Halil angewiesen, nach einem blonden Mädchen Ausschau zu halten – nicht zu alt und definitiv jungfräulich. Ob sie wohl mager und kindlich war wie das Mädchen, das er zuletzt gehabt hatte, oder fraulicher wie das feurige junge Ding aus Malta, dessen Dienste er so sehr genossen hatte. Würden ihre Brüste klein und fest sein oder groß und schwer? Der bloße Gedanke an das, was er mit ihr treiben würde, erregte ihn heftig. Er musste die Anspannung loswerden! Er wandte sich dem Tor zu und steuerte auf den Harem zu. Es war Zeit für Hülyas göttliche Fertigkeiten.
     
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Zypern, der Hafen, Januar 1571
     
    Ein teuflischer Plan nahm in Jagos Kopf Gestalt an. Ein Plan, der es ihm ermöglichen würde, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – sich an dem maurischen Bock zu rächen und es dem Emporkömmling Cassio, der ihn um seinen Posten betrogen hatte, heimzuzahlen. Der Oberstleutnant war an diesem Abend verantwortlich für die Aufstellung der Wachposten in der Zitadelle. Da Jago schon länger ein Teil des Regimentes war als Cassio und

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