Die Toechter Egalias
geblümter PH und Chiffonanzug in leuchtenden Pastelltönen. Freilich kamen sie den Wirtsleuten ein bißchen alt vor für einen Einführungsball, denn es waren ja vorzugsweise ganz junge Männer, die eingeführt werden sollten. Doch die Wirtsleute wußten, daß es gewisse frustrierte Jungherren gab, die auf diesem Gebiet nie Erfolg gehabt hatten. Ja es gab sogar einige tragische Fälle von gleichsam brachliegenden Männern, die jahrein, jahraus den Einführungsball besuchten, nachdem sie sich gehörig herausgeputzt und mit riesigen Perücken ausstaffiert hatten. Sie boten in der Tat einen jämmerlichen Anblick. Aber was sollte dam machen, wenn die Hoffnung nie schwand?
Während der ersten Hälfte des Einführungsballes tanzten die Männer mit anmutigen Bewegungen den Triotanz. Die Frauen, die längs der Wand standen, gafften und machten ein paar bissige Bemerkungen, die sich vermutlich auf das Alter der Tanzenden bezogen. Hatten die Männer es bisher nicht geschafft, zu beweisen, daß sie nicht brachlagen, würden sie es nie schaffen. Als der Triotanz beendet war und die Zeremonienmeisterin ihre ein Vierteljahrhundert alten Phrasen an die Frau gebracht hatte, machten sich die Männer an die Frauen heran und begannen, an deren Brüsten und zwischen deren Beinen herumzufummeln, wobei sie Sprüche losließen wie „Hallo, Süße, na, wie wär’s denn mit uns beiden?“ oder „Was hast du für prächtige Titten!“ oder „Du bist ja ganz schön geil“. Die Frauen sahen sie gelassen lächelnd an und hoben sogar leicht die Arme, damit die Männer besser herankamen. „Was wollt ihr eigentlich?“ fragten sie verwundert und mißtrauisch zugleich.
Die Männer hatten sich zuvor Schlüssel zu einigen Einführungszimmern beschafft. Plötzlich ergriffen immer zwei Männer eine Frau und wollten sie aus dem Ballsaal hinauf zur Galerie tragen. Die Frauen ergingen sich in wüsten Beschimpfungen der Männer und leisteten ihnen heftigen Widerstand. Das Lächeln verschwand aus ihren Gesichtern, und sie versuchten, sich den Umarmungen der Männer zu entwinden. Da ertönte ein schriller Pfiff. Neue Scharen von Männern strömten in den Ballsaal. Sie hatten draußen gestanden und nur auf das Signal gewartet. Jetzt schnappten sich jeweils drei Männer eine Frau, schleppten sie blitzschnell nach oben in die Einführungszimmer und verschlossen die Türen von innen.
Sie setzten die Frauen auf dem Bett ab, erklärten ihnen den Grund ihrer Handlungsweise und fragten sie, ob sie Spaß an der Sache hätten. Die Frauen reagierten unterschiedlich, aber keine fand die Angelegenheit lustig. Die meisten hatten, als sie merkten, daß sie eingeschlossen waren, überlegene Gelassenheit gezeigt und sich mit der Tatsache abgefunden. Eigentlich, dachten einige bei sich, war es ja ein ganz bezauberndes Erlebnis, drei Männer auf einmal zu haben.
Die Wirtsleute riefen die Ordnungshüter, die sämtliche Männer, deren sie habhaft werden konnten, festnahmen. In dem Durcheinander nahmen sie auch unschuldige Jungherrlein in Gewahrsam, die zu ihrem ersten Einführungsball gekommen waren.
Sie wurden am nächsten Tag wieder freigelassen, da nicht nachgewiesen werden konnte, wer dabeigewesen und wer unschuldig war. Es kam nämlich gar nicht so selten vor, daß Frauen drei bis vier junge Männer mit auf das Einführungszimmer nahmen. Derartige Praktiken waren vor allem in den letzten Jahren eingerissen. Es ließ sich auch schwer nachweisen, daß die Männer etwas Ungesetzliches getan hatten. Sollte dam ihre Handlungsweise als Freiheitsberaubung auslegen, warum war dann das übliche Vorgehen der Frauen auf dem Einführungsball keine Freiheitsberaubung? Es gab ja viele Frauen, die die jungen Herren ganz einfach in das Einführungszimmer nach oben trugen und dann fast immer die Tür von innen abschlossen. Den Ordnungshütern fiel es schwer, Gegenargumente zu finden, auch wenn sie spürten, daß im vorliegenden Fall die Dinge ganz anders lagen. Das einzige, worauf sie pochen konnten, war der Schlüsselbetrug.
Die an der Aktion beteiligten Männer führten eine lange Diskussion darüber, ob sie den unschuldigen Jungherrlein das Eintrittsgeld zurückerstatten sollten, da für sie ja der ganze Einführungsball verdorben gewesen sei. Einige meinten, das sei ziemlich inkonsequent, denn die Männerbewegung wolle doch gerade erreichen, daß dieser blödsinnige Einführungsball aufhöre. Andererseits könnten sie nicht so ohne weiteres den jungen Männern den Boden
Weitere Kostenlose Bücher