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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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unter den Füßen wegreißen. Darüber waren sich schließlich alle einig und sammelten Geld, das sie den unschuldig Betroffenen zukommen ließen.
    „Ich begreife gar nicht, was ihr gegen den Einführungsball habt“, sagte Rut Bram zu ihrem Sohn, als sie von der Aktion hörte. „In meiner Jugend war er das feierlichste Ereignis des Jahres.“
    „Es ist weiß Göttin nicht besonders feierlich, dort herumzusitzen und zu warten, bis dam aufgefordert wird. Wir sind ja völlig passiv dabei. Das einzige, was dabei für uns herauskommt: Wir bleiben entweder Mauerblümchen oder werden umgelegt“, sagte Petronius böse.
    „Passiv! Wenn ich das schon höre! Glaubst du vielleicht, daß es für Frauen besonders einfach ist? Wir sind in der Jugend auch schüchtern, und viele von uns sträuben sich dagegen, die Initiative zu ergreifen. Es ist nicht so leicht, wie du dir das vorstellst. Und nicht nur Männer werden vom anderen Geschlecht verschmäht. Auch Frauen fühlen sich mitunter als mißratene Geschöpfe. Denk doch nur mal an unsere große Lyrikerin Renate Maria Reinke, die das in so beeindruckenden Versen geschildert hat:
    Fordere auf, o Herr,
    Eva tanzt nicht mehr.“
    Rut Bram war zutiefst ergriffen, als sie diesen ungewöhnlichen Vergleich zog und sich in lyrische Gefilde begab. Diese Zeilen wurden in Egalia immer wieder zitiert, und die Egalitaner waren jedesmal aufs neue ergeriffen.
    Am folgenden Tag brachte der Blaue Dunst als Balkenüberschrift „Sexorgie beim Einführungsball — Männer stürmten Ballsaal“ und veröffentlichte Interviews mit einigen der beteiligten Männer. Dort stand zu lesen, die Männer seien es leid, immer unten liegen zu müssen, und wollten gern ausprobieren, wie es sei, oben zu liegen. Frauen seien egoistische Biester, die nur an ihre eigene Befriedigung dächten, und im Einführungsball sei die wesentlichste Ursache für die Männerunterdrückung zu sehen. Abgesehen davon, daß das, was sie gesagt hatten, völlig entstellt wiedergegeben war, enthielten die Interviews deftige redaktionelle Bemerkungen: „Nächstens werden die ganz Rabiaten unter den Männerbewegten wohl noch den Penis abschaffen.“
    „Vulgäre Methoden werden bei der breiten Masse nicht auf Sympathie stoßen.“
    „Perverser Frauenhaß lag im System“. Und ähnliches mehr. Die Botschaft, das Zentralorgan von Donna Klaras Botschaft, sympathisierte mit der Aktion. Lange Zeit hatte das Blatt einen verbissenen Kampf gegen die freieren sexuellen Umgangsformen geführt, die seit einigen Jahren im Schwange waren. Die Einführungsbälle sollten mit Rücksicht auf die natürliche Schamhaftigkeit beider Geschlechter schicklichere Formen annehmen, stand im Leitartikel zu lesen.
    Nachdem sie vom Blauen Dunst so behandelt worden waren, meinten viele Männer, sie sollten mit der Presse nichts mehr im Sinn haben, und erkannten, wie einfältig sie doch gewesen seien, sich gutgläubig interviewen zu lassen. Einige dagegen vertraten die Ansicht, sie seien buchstäblich gezwungen, ihre Sachen in der Presse zu veröffentlichen, denn sonst würden die anderen nicht erfahren, womit sie sich beschäftigten. Das war wichtig für die Durchführung der nächsten großen Aktion: der großen PH-Verbrennung vor der Volksburg. Sie einigten sich darauf, paarweise zu den größten Zeitungen zu gehen und von der geplanten Aktion zu erzählen. Obwohl nur wenige Zeitungen sie loyal behandelten, konnten die Leute auf diese Weise wenigstens erfahren, was ihnen bevorstand.
    Viele Wibschen zogen ins Zentrum der Stadt, um der Demonstration beizuwohnen. Es waren Gerüchte im Umlauf, die Männer würden ihre Penisse entblößen, deshalb rieten viele Frauen ihren Männern, sie sollten zu Hause bleiben, und gingen mit ihren Kolleginnen in die Kneipe, ehe sie am Ort des Spektakels eintrafen. Die PH-Verbrennung erregte mehr Aufsehen als die Forderung nach Kinderversorgung und Arbeitsmöglichkeiten.
    Eine Menge Leute blieben aus Abscheu und Verachtung zu Hause und erklärten, daß sie nie im Leben an solchen Unanständigkeiten öffentlich teilnehmen würden. Eine Volksfrau prüfte in der staatlichen Direktorinnen-Kooperative sogar nach, ob es nicht Vorschriften gegen derartige Obszönitäten gebe. Leider habe dam nie an die Möglichkeit solcher Aktionen gedacht, räumten sie ein, so daß dam da nichts unternehmen könne.
    Mehrere hundert Zuschauer versammelten sich vor der Volksburg, um sich die PH-Verbrennung anzusehen. Etwa zweihundert Maskulinisten waren

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