Die Toechter Egalias
Fandango, denn es kommt immer darauf an, wer Forschung treibt und was erforscht werden soll. Und wie die Forschung das, was sie herausfindet, deutet. Ihr kennt doch alle die berühmte Skulptur im Volksmuseum ,Das Rätsel des Mannes mit der Hacke’ — jene uralte Skulptur eines muskulösen Mannes mit einer Hacke in der Hand. Ich nehme mir die Freiheit heraus und nenne sie ,Ein Mann, der den Acker bestellt’. Doch die Forscherinnen sind Frauen und können sich nicht vorstellen, daß ein Mann mit einem solchen Gerät in der Hand eine derartige Haltung eingenommen haben soll. Männer sind ja gar nicht imstande, den Acker zu bestellen.“
„Das können sie ja auch nicht.“
„ ,Wir‘, Baldrian, nicht ,sie‘. Weil die Frauen es immer so darstellen, haben wir uns angewöhnt, von uns als ,sie‘ zu reden, wenn wir uns meinen.“
„Aber wir sind doch wirklich nicht in der Lage, den Erdboden zu bearbeiten! Vielleicht hat der Mann einen Augenblick lang die Hacke für seine Frau gehalten.“
„Ja, ja, auch die Forscherinnen deuten auf diese Art und Weise alle Zeichen der alten Patriarchate um. Oft behaupten sie sogar, daß die alten Skulpturen Frauenschicksale darstellen, selbst wenn schon ein Blinder erkennen kann, daß es sich um einen Männerkörper handelt. Die Forscherinnen gehen stets davon aus, daß alle Kulturen zwangsläufig Frauenkulturen sind.“
Alle starrten Herrlein Uglemose fasziniert an. Er lächelte ihnen mit seinem üblichen Lächeln zu. „Das, meine jungen Freunde, gibt euch, glaube ich, mehr als Matraxias Gedankenkonstruktionen. Damit meine ich nicht, daß Matraxia nicht eine der scharfsinnigsten Wibschen ist, die je gelebt haben. Keineswegs. Aber es gibt viele Dinge auf dieser Welt — wesentliche Dinge — , mit denen Matraxia sich nicht besonders gründlich beschäftigt zu haben scheint.“
Herrlein Uglemose blickte ein wenig unsicher von einem zum anderen. „Jetzt bin ich vielleicht ein bißchen pathetisch geworden. Eigentlich wollte ich ja wissen, was für Pläne ihr habt, und nicht selber einen Vortrag halten. Das ist wohl so eine Art Berufskrankheit bei mir...“
„Wir haben viele Pläne in der ML“, sagte Fandango.
„Männerliga“, erklärte Petronius. „So nennen wir uns.“
„Ja, und nun wissen wir nicht, was wir machen sollen“, warf Lillerio ein. Er sagte nie viel. Wenn er endlich etwas sagte, wies er stets nur auf die Schwierigkeiten der Liga hin.
„Wir können nicht akzeptieren, daß Gro Bedingungen stellt“, sagte Petronius und schaute zu Boden. Es war wie eine Erleichterung. Alle hatten auf diese Äußerung gewartet. Er schaute dabei zu Herrlein Uglemose. „Eigentlich wissen wir gar nicht, warum du uns hergebeten hast...“ Herrlein Uglemose rutschte etwas auf seinem Stuhl herum und sah sich im Zimmer um, als sei ihm plötzlich, daß er nach etwas suchte, was er schon lange vermißt hatte.
„Wir haben viele Pläne, aber... im Frühjahr finden Wahlen zur Volksburg statt, und da haben wir an Aktionen gedacht... Aber die sind geheim, denn sonst verpufft die ganze Wirkung.“
„Ich verstehe“, sagte Herrlein Uglemose. „Ich glaube, ich hole erst mal Pflaumenschnaps für euch. Und der Apfelkuchen wartet auch darauf, aufgegessen zu werden.“ Das Herrlein stand auf, und Baldrian ging mit ihm hinaus in die Küche. Sie kamen mit sechs Apfeltörtchen und Herrleins Selbstgebranntem Pflaumenschnaps zurück. Alle warteten, bis das Herrlein sich gesetzt hatte.
„Laßt es euch gut schmecken. Prost! Ich bin so glücklich. Ich habe viel Obst im Garten. Verschiedene Sorten. Ich habe eine Frau, die kümmert sich um alles, und ich habe auch einen Kräutergarten. Die Frau kommt schon lange zu mir. Sie sagt fast nie etwas. Sie hat sich in den letzten fünfzig Jahren nicht verändert. Ich glaube, sie muß so an die hundert sein. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß sie einmal nicht gekommen ist, um den Obstgarten, den Kräutergarten und den Rasen auf der Rückseite des Hauses in Ordnung zu halten. Ohne sie hätte ich ja den Boden hier nie nutzen können. Kornmarken heißt sie. Schmeckt der Schnaps? Prost!“
„Mmmmmmmm, wirklich köstlich!“ Sie aßen.
„Mmmmmmmm, phantastische Apfeltörtchen, Uglemose! Wie machst du die bloß?“
„Die Äpfel müssen erst mal drei Monate lagern. Sie werden in ganz dünne Scheiben geschnitten und in Schmalz gebacken, bis sie leicht angebräunt sind. Dann werden sie herausgenommen und mit feuchtem Papier abgetupft. Dann legt dam
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