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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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sie in einen Beutel mit Mehl, geriebener Semmel, Zimt und Zucker und schüttelt sie tüchtig. Sie werden anschließend mit Apfelmus bestrichen, zum Schluß gießt dam Eierlikör darüber und stellt das Ganze in den Ofen. Nach einer halben Stunde sind die Apfeltörtchen fertig. Eine einfache und runde Sache. Prost! Es ist wirklich schön, euch hier zu haben!“
    „Herrlein?“ Das war Syprian. Er war den ganzen Abend so merkwürdig schweigsam gewesen. „Stimmt es, daß du mein Vater bist?“
    Es war plötzlich still in der Runde. Syprian hatte ausgesprochen, woran alle gedacht hatten, aber worüber keiner sich zu reden traute. Das Thema hatte er in der Gruppe noch nie erwähnt. Und die anderen hatten auch nicht gewagt, davon anzufangen...
    „Ich weiß nicht... ich glaube... willst du es wirklich wissen?“ Offensichtlich war es auch für das Herrlein schwierig, darüber zu reden. Alle erinnerten sich an das Katheder, das er damals zertrümmert hatte, und auch daran, daß die Leute monatelang über den Vorfall getratscht hatten.
    Syprian nickte. „Ich glaube nämlich, du bist mein Vater, weil wir... weil wir uns so ähnlich sind.“
    Das stimmte. Sie hatten beide die etwas zu lang geratene Nase, den gleichen kräftigen Körperbau, die gleichen breiten Schultern und das gleiche rote Haar.
    „Gerd war damals, als du gezeugt wurdest, noch nicht mit Grodian zusammen. Sie ging die ganze Zeit über mit mir. Bei uns zu Hause schlich sie sich gewöhnlich nachts durch die Hintertür zum ersten Stock. Bei einem dieser nächtlichen Treffen bist du gezeugt worden. Wir unternahmen aber auch romantische Ausflüge in den Wald auf Luksus. Deine Mutter war schön, Syprian. Ja, sie ist heute noch schön. Doch sie will nichts mehr von mir wissen...“
    Das Herrlein sann verträumt vor sich hin. Die jungen Männer horchten auf. Plötzlich sahen sie sein Gesicht in einem anderen Licht. Hinter dem gezeichneten, alternden Antlitz sahen sie das Herrlein als jungen Mann, der Ausflüge mit seiner Geliebten unternahm. Sie sahen einen großen, kräftigen und muskulösen Körper, der Herrleins Frau sanft und behutsam liebkoste. Der Widerschein des Abendhimmels leuchtete auf seiner Stirn. Donna Klara noch mal, er war ja direkt hübsch anzusehen! Sie starrten ihn an, denn sie fühlten sich durch die intensive, wenn auch etwas exaltierte Schilderung aus seinem Leben mitgerissen.
    „...nein, sie wollte mich nicht. ,Wie kannst du wissen, daß es dein Kind ist?’ fragte sie mich, als du in ihr entstandest, Syprian. Ja, stell dir mal vor — genau das hat sie mich gefragt. Einige Wochen zuvor hatte sie mir versichert, daß sie nur mich liebe und nur mit mir zusammengewesen sei. Ich war davon überzeugt, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Aber wie konnte ich es genau wissen? Sie hat natürlich recht, ein Mann kann nie wissen, ob das Kind wirklich von ihm ist. Doch ich wußte es, ja ich spürte es, bei unserer Umarmung, bei der Verbindung, die zwischen uns bestand. Trotzdem kann ich sie verstehen. Ich war zu groß und zu unmännlich. Ich bin ja um einiges größer als sie. Und das bist du doch auch, nicht wahr, Syprian?“
    Syprian nickte und atmete schwer.
    „Und außerdem bin ich auch kräftiger als sie. Das war ein schwerer Schlag für sie. Das verstehe ich auch. Sie ist damit einfach nicht fertig geworden. Sie wollte mich nicht haben. Trotzdem konnten wir gut miteinander reden, vielleicht sogar ein bißchen zu gut. Ich wußte einiges, was sie nicht wußte. Das war vielleicht nicht so schlimm. Aber ich habe es nicht für mich behalten. Ich war so eifrig und beharrlich, daß ich ganz vergaß, diese Dinge für mich zu behalten. Ich war so naiv. Denn ich liebte sie doch, wirklich. Ja, das tat ich. Irgendwie liebe ich sie heute noch ...“
    Das Herrlein streckte seine Hand über den runden Tisch hinweg nach Syprian, der sie ergriff und lange drückte. Die anderen empfanden, daß sie bei etwas peinlich Privatem Zeuge waren. Aber sie hatten doch einander immer wieder beteuert, gerade die tiefsten und geheimsten Dinge im Leben offenzulegen, das sei der Quell, aus dem die Männerbewegung ihre Kraft schöpfen werde.
    „Jetzt kommen wir zum Kern der Sache!“ rief das Herrlein in seiner exaltierten und vertraulichen Art. „Ich habe nämlich... immer davon geträumt, ein Heim zu schaffen, ein Heim für Syprian. Etwas, was insgeheim wohl allen Männern gemeinsam ist. Dam kann darüber natürlich streiten, warum das so tief in uns steckt, ich weiß, aber

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