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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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handelt. Sicher doch deshalb, weil die Frauen so wichtig sind. Ich mag doch Geschichte, aber dann fühle ich mich so unwichtig wie...“
    „Hmmmmmmm...“
    „Und dann habe ich mir überlegt, daß unsere Sprache doch auch ein Teil der Geschichte ist. Ich meine zum Beispiel, es gibt viele Beispiele, ich meine zum Beispiel, ja, sieh mal, zum Beispiel...“
    „Mußt du dauernd ,zum Beispiel’ sagen?“
    „Nein, aber zum Beispiel das Wort ,Wibsche’ ”, erwiderte Fandango, glücklich darüber, daß Baldrian geantwortet hatte. „Das Wort ,Wibsche‘ hört sich an, als ob alle Wibschen Weiber sind. Warum könnte es nicht genausogut ,Mannschen‘ heißen? Oder ‚Menschen’? Was meinst du, Baldrian?“
    „Weil es eben ‚Wibschen’ heißt. Das heißt einfach so.“
    „Und sieh mal, zum Beispiel das Wort ,dam’ . Hast du dir das schon mal überlegt? Warum könnte es nicht genausogut ,herr‘ heißen? Oder ,mann‘ ? ,Mann lernt, solange mann lebt’, zum Beispiel, oder ;Herr lernt, solange herr lebt’. Warum eigentlich nicht?“
    „Dann sage doch einfach ,vip’ . Das ist neutral.“
    „Darüber habe ich auch nachgedacht. Ich glaube, es kommt von Weib, daraus ist ,wib’ geworden, daraus ,wip’ und daraus wieder ,vip’. Solche Ableitungen hat uns Herrlein Uglemose an der Tafel erklärt. Das ist unheimlich spannend.“
    „Hmmmmmmm.“
    „Du, ich glaube, wenn ich groß bin, werde ich ein Männerrechtler.“
    „Das bringt doch nichts ein.“
    „Doch. Ich kann Sprachforscher werden. Es ist wichtig, die Sprache zu befrauschen. Und dann könnte ich dafür eintreten, daß alle Wörter ausgetilgt werden, die zeigen, daß Weiber die Frauschaft in der Gesellschaft haben.“
    „Ja, mach doch.“
    „Du denkst ja doch immer nur an Eva Barmerud, du.“
    „Stimmt gar nicht, habe eben an Petronius gedacht.“
    „Aha! Und was?“
    „Kannst du es auch für dich behalten?“
    „Großes Ehrenwort!“ Fandango richtete sich in seinem Bett auf.
    „Wir haben einen geheimen Jungenklub gegründet.“
    „Was, einen Nähklub?“
    „Ach was, Nähen ist streng verboten, und auch über Frauen reden darf dam nicht.“
    „Wibsche, toll! Kann ich mitkommen?“
    „Wenn du groß bist, vielleicht.“
    „Aber wann bin ich denn endlich groß? Vor zwei Jahren hast du so was schon gesagt und zwei Jahre davor auch und davor auch schon. Ich werde wohl nie groß werden.“
    „Das ist eben so, wenn dam der Kleine ist.“
    „Dann mache ich eben einen Jungenklub mit Mirabello auf. Wenn der doch bloß ein bißchen schneller wachsen...“
    „Schöne Reise, Fandango. Ich gehe jetzt ins Traumland.“
    „Schöne Reise, Baldrian.“

    Petronius glitt immer tiefer ins Wasser. Weich und warm umspülte es seinen Körper wie der laue Sommerwind. Die Welt um ihn herum war grün. Grün, hell und glitzernd. Dort unten, auf dem Grunde des Meeres, kam ihm Baldrian mit wallendem dunklem Haar entgegen und gratulierte ihm zu dem neuen Taucheranzug. Petronius umarmte ihn und sagte, er wolle ihn gern tragen, wenn er nur mit ihm zusammen sein dürfe. Und während er Baldrian noch umarmte und dieser mit seiner großen Hand sanft über den. Unterwasseranzug strich, spürte Petronius, daß er noch tiefer gezogen wurde. Aber es war nicht mehr Baldrian, sondern die große Steinstatue, die er an die Oberfläche schaffen wollte, damit sie nicht ertrank. Dann stand er vor der Steinstatue am Südstrand und fragte sie, warum sie dort stehe, wo sie doch bereits dem Ertrinken nahe sei. „Das ist doch klar“, sagte die Steinstatue. Und da sah Petronius, daß sie seinen Taucheranzug anhatte. Die Steinstatue fragte, ob sie nicht Mitglied in dem geheimen Jungenklub werden könne. „Denn eigentlich“, sagte sie, „eigentlich habe ich Nähen immer gehaßt.“

    Klein-Mirabello weinte. Kristoffer taumelte schlaftrunken und vorsichtig auf den Zehenspitzen hinaus, hob das jammernde Bündel behutsam hoch und schlich sich zurück ins Schlafzimmer, wo er seinen Jüngsten ganz sacht an Ruts Brust legte, damit sie nicht aufwachte.
    Rektorin Barmeruds Stimme donnerte aus dem Zimmer. Syprian lag in seinem Bett auf dem Rücken und hörte seinen Vater hin und wieder schluchzen. Er hatte sich schon so daran gewöhnt, daß der allabendliche Streit fast wie ein Schlaflied wirkte. Wurde aber Grodians Schluchzen zu laut, ging er ins Zimmer der Eltern und schluchzte auch, worauf ihn der Vater in den Arm zu nehmen pflegte. Heute war es nicht so schlimm. Sie hatten nur eine

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