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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Fällen, wo Männer sich wirklich zusammenschlossen und den Aufstand probten.
    In der Zeit des großen Aufstands gab es ständig Krieg zwischen Pax und Egalia wegen der Besitzrechte an den reichen Hochgebirgen von Fallü-strien. Jahrhundertelang eroberten und verloren die beiden Länder gegenseitig Landstriche. Oft benutzten sie das Mittel der Belagerung und des Aushungerns als Kriegstaktik. Wir wissen von vielen Fällen, wo die Männer sich dagegen empörten, weil die Kinder buchstäblich verhungerten. Sie veranstalteten Protestmärsche zu den Ratsfrauen und wiesen darauf hin, daß ja nicht die Frauen, die für diese Taktik verantwortlich waren, darunter zu leiden hätten. Und welche Interessen hatten die Männer daran, die fallüstrischen Hochgebirge zu behalten? Sie sollten doch sowieso nur zur Fronarbeit dorthin geschickt werden, ohne etwas von der reichen Ausbeute an Bodenschätzen zu erhalten. Ihr glaubt gar nicht, was für eine Bruderschaft sich da zwischen den Männern entwickelte! Darüber darf der Nachwelt natürlich nichts überliefert werden. Als einige der Männer in die Verpflegungslager einbrachen und die Lebensmittel an die hungernde Bevölkerung und vor allem an die Kinder verteilten, wurden sie als unmatriotisch abgestempelt, unter Anklage gestellt und wegen Hochverrats abgeurteilt. Dam hielt ihnen entgegen, die Verpflegungslager seien für das Kriegsvolk gedacht. ,Nein‘ , entgegneten die Männer, ,die Verpflegungslager sind für das Kriegsvolk bestimmt und für alle Frauen in der Verwaltungsspitze. Männer brauchen aber auch was zum Essen.’ Das war zuviel. Die Anführerinnen dieses Männeraufstandes — ich sollte sie selbstverständlich ‚Anführer’ nennen, weil es sich ja ausschließlich um Männer handelte — also die Anführerinnen wurden zum Tode verurteilt. Hinrichtungen waren damals so eine Art Volksbelustigung. Die Anführerinnen wurden auf eine Tribüne gestellt und durch Penisabtrennung bestraft. Danach wurden sie geköpft. Ungefähr fünfzig von ihnen ereilte dieses Schicksal. Der Rest — mehrere Hunderte — wurde zur Zwangsarbeit nach Fallüstrien verbannt. Sie sollten es zu spüren bekommen, was es bedeutete, den Verteidigungswillen des Mutterlandes zu schwächen. Und das, obwohl es gar kein Männeraufstand im engeren Sinne war, sondern nur eine spontane Empörung zum Wohle der Kinder — also eine ganz uneigennützige Aktion. Das versetzte der Sache der Männer über viele Generationen hinweg den Todesstoß. Erst wieder vor vierzig Jahren fanden im ganzen Land Protestaktionen gegen die zunehmende Ungerechtigkeit bei Vaterschaftsangelegenheiten statt. Es gibt keine Statistik darüber, wie vielen Vätern Kinder zugesprochen wurden, die gar nicht ihre waren. Die Männer trafen sich in kleinen Gruppen und stellten selber solche Statistiken auf. Dabei fanden sie heraus, daß das Büro für Vaterschaftsangelegenheiten die Kleinkinder ohne weitere Nachforschungen denjenigen Männern übergab, die von den Frauen als Väter bezeichnet worden waren. Wir wissen, daß es das auch heute noch gibt. Viele dieser sogenannten ‚Väter’ protestierten, aber sie wurden nur ausgelacht und herablassend behandelt. Die Frauen auf der unteren Verwaltungsebene, die unmittelbar damit zu tun hatten, machten nur schlechte Witze über deren Geschlechtsorgane und rieten ihnen, doch beim nächsten Mal ihren Schwanz gefälligst im Zaum zu halten, und so weiter in diesem Stil. Und so konnten die betroffenen Männer das heulende Kind nur in die Arme nehmen und machen, daß sie so schnell wie möglich aus dem Büro für Vaterschaftsangelegenheiten verschwanden.
    Der Höhepunkt der Anti-Vaterschaftskampagne wurde erreicht, als die Männerklubs ungefähr dreißig Männer überreden konnten, ihre Säuglinge vor dem Büro für Vaterschaftsangelegenheiten abzulegen und sich schleunigst zu entfernen.
    Die Klubs hatten ihre liebe Not damit, Männer für diese Aktion zu gewinnen. Denn wenn auch die Männer wußten, daß die Kinder nicht von ihnen waren, fühlten sie sich für sie verantwortlich. Gewiß verringerten sich ihre Aussichten, einen einigermaßen gut bezahlten Job zu bekommen, weil sie die Kinder versorgen mußten. Aber das nahmen sie in Kauf. Viele Männer brandmarkten die Aktion als brutal und unwibschlich, und ihr Hauptargument gegen die Aktion lautete: ,Das Ganze darf nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Die Kinder sind unschuldig.’ Die Männer, die sich an der Aktion beteiligt

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