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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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herausgefunden, daß Männer in der Tat eine Rolle bei der Empfängnis der Nachkommenschaft spielten. Und da es so aussah, als seien sie zu nichts anderem tauglich, als Kinder zu zeugen, wurde ihnen die Sorge für die Kinder auferlegt. Zusätzlich zur Kinderversorgung kamen noch zahlreiche andere Aufgaben hinzu, für die sich die Männer erwiesenermaßen ausgezeichnet eigneten. Im engeren Sinne taugten sie vorzüglich dazu, alle anfallenden Arbeiten zu erledigen, nahm dam sie nur an die Kandare. Es stellte sich dabei heraus, daß sie für die Gemeinschaft nur dann völlig nutzlos waren, wenn dam sie frei herumlaufen ließ.
    So erlangten die Frauen nicht nur das Besitzrecht am Boden, sondern auch über die Männer. Wenn eine Frau einen Mann an sich band, war er genötigt, alles, was er besaß oder von seiner Mutter geerbt hatte, seiner Frau zu übertragen. Selbstredend konnte ein Mann nichts besitzen, da er im Handumdrehen alles verschwendet hätte. Außerdem ließ es sich gar nicht anders einrichten, sollten seine Kinder ihn beerben. Das Erbe mußte nämlich immer über das mütterliche Glied laufen, da dam ja unmöglich wissen konnte, wer wessen Vater war. Ein Vater konnte sich also nie aufschwingen und behaupten: ,Das ist meine Tochter!’ Dafür gab es keine Beweise. Ausschließlich die Mutter übersah die Verwandtschaftsverhältnisse. Der Gedanke, ein Vater könnte das Erbe des Geschlechts sichern, war deshalb absurd.
    Der Griff der Frau um den Mann wurde infolge ihrer größeren Beweglichkeit immer stärker. Er wurde abkommandiert, auf die Kinder aufzupassen — das einzige, womit er, abgesehen vom Kinderzeugen, seine Tauglichkeit beweisen konnte — , während die Frauen loszogen, um neue Gebiete von fremden Frauscherinnen zu erobern. Als sich die Kriege an Heftigkeit zuspitzten, fanden die Frauen heraus, daß Männer auch im Kriege zu gebrauchen waren, vor allem junge, unbefleckte Männer, die als Fußvolk eingesetzt wurden. Sie waren es, die in vorderster Linie kämpften und als erste niedergemacht wurden. Dann folgte die Reiterei, die ausschließlich aus Frauen bestand und in der sich auch die Führung befand.
    Daß Männer nicht rittlings auf einem Pferd sitzen konnten, verstand sich von selbst. Gab es ein lohnenderes Ziel für die Speere der Feinde? Außerdem mußten auch einige während des Krieges Haus und Kinder versorgen. Aus dieser Reiterei ging übrigens der Ritterinnenstand hervor. Er war es, der das meiste Land aufkaufen konnte und später die Oberschicht bildete, die unter sich wiederum einen Rat mit Ratsfrauen wählten, welche die Führung des Gemeinwesens übernahmen.
    Nachdem es sich immer deutlicher herausgestellt hatte, daß sich Männer gleichwohl zu allem möglichen eigneten, bürdete dam ihnen zunehmend schwerere Arbeiten auf. Viele besaßen eine robuste Konstitution und waren größer und stärker als Frauen. Und so entwickelte sich nach und nach ein System, in dem die Männer die schwersten Arbeiten ausführten, so wie wir es heute kennen.“
    Die jungen Männer seufzten. Sie hatten zugehört, nachgedacht und sich immer wieder die Frage nach dem Warum vorgelegt. Sie hatten es gleichsam im Gefühl, daß die Entwicklung keineswegs so hätte zu verlaufen brauchen, auch wenn alles noch so logisch, ja zwingend klang. Sie waren für immer hoffnungslos auf ihre eigene Biologie festgelegt. Dem konnten sie nicht entrinnen. Aber als sie an das Tragische dachten, das darin lag, empfanden sie keine Scham mehr. Trotzdem ließ sie das eigenartige Gefühl nicht los, daß wohl doch nicht alles so naturbestimmt sein konnte, wie es sich anhörte. Sie sahen sich jedoch außerstande, anzugeben, von welchem Punkt an der Entwicklungsprozeß schiefgelaufen war oder wie er möglicherweise hätte anders verlaufen können. Es stimmte freilich, daß Frauen fruchtbar waren und Männer nicht. Doch warum hatten sich die Männer damit abgefunden, daß die Frauen den Boden allein bestellten? Warum waren Männer so verantwortungslos gewesen und hatten die Gemeinschaft verlassen, um auf die Jagd zu gehen und monatelang wegzubleiben? Waren Männer einfältiger und weniger verantwortungsvoll als Frauen?
    „Warum waren die Männer so dumm gewesen, nicht einzusehen, daß sie, wenn sie nach Macht in der Gesellschaft strebten, selber etwas Nützliches schaffen mußten? Sich dort Reichtum schaffen mußten, wo Reichtum vorhanden war? Aus der Erde.“
    „Warum bestellten nicht auch die Männer das Land, zusammen mit den Frauen?

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