Die tödliche Bedrohung
einer hat mal was ganz Besonderes an sich.“ Sie zwinkerte ihm listig zu.
„Und was ist mit Mr Davis? Haben Sie ihn je gesehen?“
„Kann ich nicht sicher sagen. Von den meisten Leuten im Haus weiß ich ja nicht mal den Namen. Ich und meine Katzen, wir halten uns aus allem raus. Was genau hat er denn angestellt?“
„Wir sind erst dabei, Nachforschungen anzustellen. Bis jetzt wissen wir noch nicht mal, ob er überhaupt etwas angestellt hat.“
„Immer schön bedeckt halten, was? Na ja, Bogey hätte es genauso gemacht. Dann ist er also ausgezogen?“
„Es sieht so aus.“
„Schätze, dann werde ich ihm dieses Päckchen wohl nicht mehr geben können.“
„Päckchen?“
„Ja. Es ist gestern gekommen. Der Postbote hat es versehentlich bei mir in den Briefkasten geworfen. Davis, Mavis …“ Sie schüttelte den Kopf. „Die Leute sehen heutzutage einfach nicht mehr genau hin.“
„Ich weiß, was Sie meinen.“ Colt pflückte behutsam eine Katze von seiner Schulter. „Was ist das denn für ein Päckchen, Miss Mavis?“
„Ich kann’s Ihnen ja mal zeigen.“ Unter lautem Ächzen und Stöhnen hievte sie sich aus dem Sofa hoch. „Hab’s im Schlafzimmer. Ich wollte es ihm heute raufbringen.“ Sie schlängelte sich mit panzerähnlicher Anmut zwischen den Möbelstücken hindurch und kam mit einem großen gepolsterten Umschlag zurück.
„Ma’am, wenn Sie gestatten, würde ich das gern mitnehmen. Falls Sie ein Problem damit haben, rufen Sie einfach Captain Boyd Fletcher, Denver DP, an.“
„Ach, mir ist das gleich. Meinetwegen können Sie es gern mitnehmen.“ Sie reichte Colt das Päckchen. „Aber wenn Sie den Fall gelöst haben, würde ich mich freuen, wenn Sie noch mal vorbeikommen und mir erzählen, worum es eigentlich ging.“
„Das mache ich ganz bestimmt.“ Auf eine spontane Eingebung hin zog er das Foto von Liz aus der Tasche. „Haben Sie dieses Mädchen schon mal gesehen?“
Miss Mavis betrachtete das Foto und überlegte, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, nicht dass ich mich erinnern könnte. Steckt sie in Schwierigkeiten?“
„Ja, Ma’am.“
„Hat es was mit oben zu tun?“
„Ich nehme es an.“
Sie gab ihm das Foto zurück. „So ein niedliches kleines Ding. Ich hoffe, Sie finden sie bald.“
„Ich auch.“
Es war nicht seine übliche Vorgehensweise. Aber Colt hätte beim besten Willen nicht sagen können, warum er sich dazu gedrängt gefühlt hatte, diesmal eine Ausnahme zu machen. Statt das Päckchen gleich zu öffnen und sich seinen Inhalt anzuschauen, ließ er es zu und fuhr zum Gericht.
Er kam gerade an, als Althea von der Verteidigung in den Zeugenstand gerufen wurde. Sie trug ein rostfarbenes Kostüm, an dem eigentlich nichts Besonderes war, aber mit ihrem hochgesteckten roten Haar und der Perlenkette sah es umwerfend aus.
Colt suchte sich ganz hinten im Gerichtssaal einen Platz und hörte zu, wie sie mit ihrer Aussage das sorgfältig aufgebaute Gebäude der Verteidigung zum Einsturz brachte. Sie erhob nie ihre Stimme, kam nie ins Stottern. Jeder, der sie sah und hörte, einschließlich der Jury, konnte nicht anders, als in ihr einen kühlen, nüchternen Profi zu sehen.
Was sie auch ist, konstatierte Colt, während er die langen Beine ausstreckte. Und niemand ahnte wahrscheinlich, dass sie in den Armen eines Mannes hochging wie eine Rakete. In seinen Armen.
Niemand in diesem Raum würde je auf die Idee kommen, sich vorzustellen, dass sich diese Frau den fiebrigen Händen eines Mannes – seinen Händen – voller Verlangen entgegendrängte.
Aber er wollte verdammt sein, wenn er es vergessen konnte.
Doch während er sie jetzt, ohne dass es ihr bewusst war, beobachtete, begann er andere Dinge – Kleinigkeiten – an ihr zu registrieren.
Sie war müde. Das konnte er an ihren Augen sehen. Wenn sie aufgefordert wurde, irgendetwas zu wiederholen, schwang gelegentlich eine leise Spur von Ungeduld in ihrer Stimme mit. Sie wechselte die Sitzstellung, schlug die Beine übereinander. Es war eine geschmeidige Bewegung, sparsam wie alles an ihr.
Doch darunter spürte er noch etwas anderes. Keine Nervosität, wie ihm klar wurde. Unruhe. Sie wollte, dass es endlich vorbei war.
Nachdem sie den Zeugenstand verlassen hatte, verkündete der Richter eine Verhandlungspause. Sie erschrak, als er mit seinem Hammer auf den Tisch klopfte. Es äußerte sich nur in einem Schatten, der über ihr Gesicht huschte, aber Colt entging es nicht.
Jack Holmsby hielt sie am Ärmel
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