Die tödliche Heirat
keine Schwierigkeiten. Er hatte der Polizei einmal, anläßlich eines Attentats auf eine Brücke, geholfen und durch seine Berechnungen den entscheidenden Hinweis auf den Täter geliefert. So war er bekannt und in den Akten registriert. Der Leiter des Erkennungsdezernates übermittelte noch in der gleichen Nacht die Daten des Toten an Murrey, dieser reichte sie an Corner weiter, der sie mit größtem Interesse studierte.
»Witwer, 49 Jahre alt, wohlhabend. Bewohnt eine elegante Drei-Zimmer-Wohnung und beschäftigt dreimal wöchentlich eine Reinmachefrau. Ist Mitglied des Rotary Clubs und wegen seiner Brückenbauten viel auf Reisen. Nicht vorbestraft. Ehrbarer Lebenswandel. Seit sieben Jahren auch vom Staat als Fachmann für statische Berechnungen zu Rate gezogen, zuletzt bei einigen Atomversuchen!«
Corner legte das Blatt Papier auf seinen Schreibtisch und wischte sich über die Augen. »Das Bild eines braven Bürgers der USA! Und was hat ihn bewogen, sich mit einem Mörder einzulassen?«
Murrey lief in seinem großen Zimmer auf und ab und rang die Hände. Bennols saß müde und gähnend in einer Ecke auf einem alten Stuhl und rauchte seine schreckliche Pfeife.
»Zwei Gentlemen«, sagte er gelangweilt. »Der Mörder muß in den besten Kreisen verkehren.«
»Das ist es ja!« Murrey stoppte seine Wanderung, indem er ruckartig stehen blieb. »In der Unterwelt kennen wir uns aus. Aber sobald es nach oben geht … Schluß! Auf eines allerdings freue ich mich: Auf die Reaktion von Paddletons Umgebung, wenn morgen der Mord in allen Zeitungen zu lesen sein wird.«
Diese Freude sollte Murrey haben. Er erhielt sogar die Genugtuung, bei der Durchsuchung von John Paddletons komfortabler Wohnung auf die Mappe mit dem Brief Ernest Carltons zu stoßen, was ihn veranlaßte, laut und kräftig zu pfeifen.
»Sieh an, sieh an«, meinte er zu Corner gewandt, der die anderen Briefschaften sicherte, nachdem er den Inhalt des von der Polizei geöffneten Safes, der sich hinter einem Ölgemälde befand, besichtigt hatte. »Der gute John war ein Kunde Carltons! Eigentlich erstaunlich bei seinem Einkommen! Das paßt gar nicht zu ihm. Wir werden uns den lieben Carlton einmal vornehmen.«
»Hier ist eine Aufstellung neuesten Datums der Vermögensverhältnisse Paddletons«, sagte Corner und hielt Murrey ein eng beschriebenes Papier hin. »Wir fanden dies im Safe. Danach befinden sich auf einem Konto bei der Chase Manhattan Bank 32.683 Dollar. Seine Häuser und Grundstücke in New Orleans beziffert er insgesamt auf einen Wert von 71.800 Dollar.«
»Netter Goldfisch«, sagte Bennols.
Henry Corner wanderte durch die mit Geschmack eingerichtete, penibel aufgeräumte und peinlich saubere Wohnung. In einem Zeitungsständer lagen die neuesten Ausgaben fast aller Tageszeitungen, die in New York herausgegeben werden. So die ›Life‹ und eine Wochenillustrierte für technisch Interessierte. Corner übersah, daß die ›New York Times‹ vom Mittwoch, dem 19. Mai so gefaltet lag, daß die Heiratsanzeigen nach oben zeigten; sein Blick glitt über den Zeitungsständer hinweg. Ihn interessierten mehr die Bücherregale, die sich an den Wänden entlangzogen und die neben aktuellen Romanen sehr viel Fachliteratur enthielten.
Bennols hatte die Hausbar entdeckt und sie geöffnet. Mit großen Augen stand er vor dem erleuchteten Flaschenfach, dessen Spiegelwände die Flaschen mehrfach zurückwarfen.
»Junge, Junge«, sagte er zu sich selbst. »Die einmal der Reihe nach durchprobieren …«
Murrey saß immer noch am Schreibtisch Paddletons und las nun schon zum dritten Male den Brief Carltons.
»Wegen der besprochenen Dinge bitte ich Sie, doch in den nächsten Tagen einmal bei mir vorbeizukommen. Am besten, wir vereinbaren telefonisch einen Termin. Es würde mich freuen, wenn alles zu Ihrer Zufriedenheit verliefe. Ernest Carlton.«
»Haben Sie etwas gefunden?« fragte er dann Corner.
»Nichts, was verdächtig wäre.«
»Eine phantastische Bar«, rief Bennols.
»Ihre Sorgen möchte ich haben!« knurrte Murrey. Er steckte den Brief in die Tasche, nachdem er die Mitnahme des Schreibens auf einem Beschlagnahmeschein quittiert hatte.
»Am besten ist, wir nehmen uns den lieben Ernest sofort vor«, rief er Corner zu. »Bennols kann solange hierbleiben und die Wohnung versiegeln. Kommen Sie, Corner.«
Die beiden verließen das Haus, in dem Paddleton gewohnt hatte, und stiegen in den Polizeiwagen, der mit heulenden Sirenen davonjagte. Erst im Viertel, in
Weitere Kostenlose Bücher