Die tödliche Heirat
schlanken Beinen. Bennols seufzte. Dann schlenderte er hinüber zu dem Gut und sah einem Mann zu, der aus einem Stall Mist auf einen großen Haufen warf.
»Schöner Misthaufen«, sagte Bennols nach einer Weile und tippte an seinen Hut. »Scheint ein guter Hof zu sein …«
»Wieso?« Der Knecht legte die Gabel hin und sah den Fremden kritisch an.
Bennols nickte freundlich.
»Ist doch 'ne alte Bauernweisheit, Mann: Je größer der Misthaufen, um so reicher der Bauer …«
Und der Knecht lachte laut, während Bennols nähertrat und ihm eine Zigarette anbot …
Margret Baldwin stand vor dem Haupteingang der Villa. Als sie an der mit einer schönen Schmiedearbeit verzierten Tür klingelte, öffnete sich nur ein kleines Seitenfenster in der schweren Eichentür, und das Gesicht einer älteren Dame erschien in dem Viereck.
Offensichtlich Miss Ready, kombinierte Margret.
»Sie wünschen?«
»Kann ich die Besitzerin dieses wunderschönen Parks sprechen?«
Das alte Fräulein schüttelte den Kopf.
»Mrs. Wals ist nicht zu Hause«, antwortete sie. Ihre Stimme klang freundlich. »Sie müssen noch einmal wiederkommen …«
Margrets Gesicht wurde trübe und lang. Das war der erste Fehlschlag. Aber sofort hatte sie sich wieder in der Gewalt. Vielleicht war es ja auch ein Glücksfall. Vielleicht war von dieser netten, anscheinend schon etwas hinfälligen Miss Ready noch leichter etwas zu erfahren, als das von Mrs. Wals der Fall gewesen wäre. Was hatte doch Bennols gesagt? Miss Ready wäre eine große Rosenzüchterin?!
»Wie schade. Ich komme wegen der Rosen …«
Die Augen des Fräuleins blitzten interessiert auf.
»Rosen?« sagte sie gedehnt. »Wieso Rosen?«
»Ich bin von der staatlichen Gartenbau-Kommission«, log Margret Baldwin weiter. Dabei befürchtete sie, daß es gar keine staatliche Gartenbau-Kommission gab, aber sie sagte es so überzeugend, daß das alte Fräulein zunächst ein wenig sprachlos und verwirrt war. Aber sie öffnete die Tür immer noch nicht, und ihrem Gesicht war anzumerken, daß sie sie auch nicht öffnen würde, wenn Präsident Eisenhower auf der Treppe gestanden hätte.
»Was wollen Sie hier?« fragte das Fräulein nach einer Weile.
»Ich bin beauftragt worden, den Rosengarten des Hauses zu fotografieren. Farbig zu fotografieren. Bei einer demnächst in New York stattfindenden Gartenausstellung sollen die Fotos der schönsten Privat-Rosengärten gezeigt werden.«
»Das ist sehr schön. Aber ohne die Erlaubnis von Mrs. Wals darf ich keinen in das Haus und in den Garten lassen.«
»Heute ist der letzte Termin, die Bilder zu machen. Ich hatte so viele Aufträge, daß ich erst jetzt nach Paterson kommen konnte.«
Margret sah das Fräulein ein wenig traurig an.
»Und der Rosengarten von Mrs. Wals hat sich herumgesprochen. Sehr schade, wenn wir auf der Ausstellung gerade auf ihn verzichten müßten.«
Margret trat näher und nickte dem Fräulein ermutigend zu.
»Es ist bestimmt auch im Sinne von Mrs. Wals …«
»Glauben Sie?« Der Gesellschafterin war anzusehen, wie sie innerlich schwankte.
»Ich würde Mrs. Wals doch gerne erst fragen. Aber sie kommt erst gegen Abend zurück.«
»Dann ist es schon zu spät. Ich muß die Rosen fotografieren, wenn die Sonne auf sie fällt.«
Margret trat noch näher an die Tür und stand jetzt direkt vor dem Klappfenster, dem Gesicht des ältlichen Fräuleins gegenüber.
Miss Ready schnupperte plötzlich. »Sie haben aber ein wohlriechendes Parfüm!« urteilte sie dann anerkennend. »Sicher aus Paris.«
»Ja.«
Margret war über diese Frage so erstaunt, daß ihr nichts anderes einfiel als dieses »Ja«. Parfüm. Sie interessiert sich für Parfüm.
»Es ist Orsay in Paris.«
»Orsay?« Das Fräulein lachte wehmütig.
»Früher, als ich noch jung war, hatte ich immer ›Lentherique‹. L'Amour des Roses, hieß es – Liebe der Rosen … ein schöner Name, nicht wahr?«
Rosen, dachte Margret, auch das Parfüm hatte etwas mit Rosen zu tun. Es mußte ein Komplex des Fräuleins sein, daß alles, was mit Rosen zusammenhing, gut sei.
»Auch mein Parfüm hat einen schönen Namen!« log Margret munter weiter. »Es heißt ›La Rose dormante‹ … die schlafende Rose.«
»Wie schön!«
Das Fräulein verschwand einen Augenblick hinter dem Klappfenster, im Schloß knarrte ein Schlüssel, dann hörte man das Rascheln der Sicherheitskette … Langsam öffnete sich die Tür.
Besiegt, durchfuhr es Margret. Sie läßt mich herein. Der Bann ist gebrochen.
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