Die tödliche Heirat
schöpferisch tätiger Mensch nie vor elf Uhr in der Lage. Zweitens hätte er dann wirklich Anlaß, sich gleich darauf ein gutes Mittagessen in Gesellschaft von Margret Baldwin schmecken zu lassen. Sie hatte ihn nicht abgewiesen, als er ihr gestern abend den Vorschlag unterbreitete, was ihn sehr ermutigte. Überhaupt, so sinnierte er und kaute an seinem Kugelschreiber, sei man sich gestern unleugbar nähergekommen. Während der Rückfahrt hatte er sogar einmal seine linke Hand auf Maggies Knie gelegt, und sie hatte diese dort einige Minuten gelassen. Wer, wie er, Margret Baldwins sonst sehr kühle und spontan abweisende Art kannte und mehrmals erlitten hatte, wußte solches Verhalten zu schätzen.
So lächelte Stewart Bennols direkt glücklich, als er endlich den leeren Bogen in die Maschine spannte, auf den er gleich Scoulders Hinweise tippen wollte. Es war inzwischen 11.30 Uhr geworden. In einer Stunde sollte er Margret wiedersehen. Dieser Gedanke beflügelte ihn – und in weniger als dreißig Minuten hatte er auch die Schilderung des Überfalles auf Scoulder zu Papier gebracht. Nachdem er seine Darstellung noch einmal überflogen hatte, sauste er ins Zimmer von Henry Corner.
»Hier, Chef, das Scoulder-Protokoll. Wäre mir angenehm, wenn Sie es lesen würden, bevor ich es dem Hirngeschädigten zur Unterschrift vorlege. Ich glaube zwar nicht, daß ich etwas übersehen habe, aber doppelt genäht hält besser.«
Corner nickte und nahm die Niederschrift entgegen.
Schnell wollte sich Bennols wieder entfernen.
»Halt, bleiben Sie hier, Stewart«, rief der Inspector. »Ich werde Ihre Fleißarbeit sofort lesen. Bleiben Sie so lange hier. Vielleicht gibt es noch etwas zu besprechen.«
Bennols fluchte innerlich und wagte einen heimlichen Blick auf seine Uhr. 12.06 Uhr. Hoffentlich liest Corner schnell, dachte er verzweifelt und ließ sich in den Stuhl vor Corners Schreibtisch fallen.
Doch der Inspector bemühte sich überhaupt nicht. Penibel, als hätte er die wichtigste Sache der Welt vor sich, las Corner Satz für Satz. Ja, manchmal ging er, wie Bennols an der Augenrichtung beobachten konnte, ganze Absätze wieder zurück und studierte sie nochmals.
Erneut blickte Stewart verstohlen auf die Uhr. 12.18 Uhr. Stewart durchlitt Folterqualen. Das erste Rendezvous – und er würde zu spät kommen. Ob er Corner sagen sollte, was er ihm antat? Bennols verwarf den Gedanken sofort wieder. Die spöttische Miene des Inspectors und dessen ironische Bemerkungen wollte er lieber nicht riskieren.
Da sprang Corner plötzlich wie von der Tarantel gestochen auf.
»Bennols, ist Ihnen beim Tippen dieses Berichtes nichts aufgefallen?«
Der Lieutenant starrte seinen Chef, dessen Gesicht vor Aufregung plötzlich rot angelaufen war, verblüfft an und schüttelte sprachlos den Kopf.
»Natürlich, das war es. Ich wußte, daß in der Aussage Scoulders die Lösung verborgen sein mußte. Immer wieder bin ich in Gedanken die Einzelheiten durchgegangen. Aber erst jetzt, als ich alles geschrieben vor mir hatte, erkannte ich die Zusammenhänge … und dabei wäre es doch so einfach gewesen … der Mörder hat uns die Beweise präsentiert, und wir haben sie nicht gesehen, Bennols … ich Idiot … ich muß sofort Scoulder und diese Mrs. Wals sprechen. Rufen Sie an, Stewart, aber schnell.«
Bennols verdrängte alle seine sehnsüchtigen Gedanken an Margret Baldwin und griff zum Hörer. Corner sprach weiterhin mit sich selbst: »Es paßt alles zusammen … die teilweise verbrannten Schuhe … die fünftausend Dollar … die schwarzen Haare … das Bild … der Hinweis auf Carlton … die plötzlich bezahlten Schulden … Donnerwetter, Bennols, was brauchen Sie so lange?«
»Tut mir leid, Chef. Mrs. Wals ist, wie mir diese Miss Ready sagte, zu einem Ausflug weggefahren, und bei Scoulder meldet sich niemand.«
»Scoulder ist nicht da …?«
»Scoulder wollte doch an den Long Island Sound und sich in seinem Bootshaus auskurieren …«
»Mensch, Stewart … dann nichts wie auf nach Port Chester! Ein Mord ist nämlich noch fällig. Sie haben doch die Adresse von Scoulder. Ich hoffe nur, wir kommen noch nicht zu spät …«
In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Captain Pesk stürmte, ein Fernschreiben schwenkend, herein.
»Das ist die Bombe des Jahres. Soeben vom FBI eingetroffen. Sie werden Augen machen, Corner. Wer sich hinter der angeblichen Gesellschaftsdame von Mrs. Wals verbirgt …«
Corner überflog die Nachricht und
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