Die tödliche Heirat
Und wenn ich erst im Haus bin, erfahre ich alles, was Inspector Corner wissen will.
Margret Baldwin trat in die Diele der Villa. Es war ein großer, mit Teppichen ausgelegter Raum, von dem eine geschwungene, geschnitzte Eichentreppe in das obere Stockwerk führte. Ein großer, hellbrauner Konzertflügel stand neben den zwei breiten Fenstertüren, die hinaus auf eine Terrasse führten, von der wieder Stufen in den Garten gingen. Die Wände, halbhoch getäfelt, waren mit alten Bildern und wertvollen Stichen geschmückt. Ein großer, persischer Gebetsteppich hing an der Wand, die sich zum ersten Stockwerk hinaufzog.
Von der großen Diele gingen sechs hohe Türen in andere Räume ab. Es war ein großes Haus. Größer, als es von außen aus zu schätzen war. Dieses Haus bewohnte Mrs. Wals allein mit der Gesellschafterin.
Margret legte ihre Tasche auf einen runden Rauchtisch und nickte dem ältlichen Fräulein zu.
»Sehr schön hier. So gepflegt und sauber. Sicher haben Sie viele Hausmädchen.«
»Gar keins. Das mache ich alles allein! Ein bißchen Staubwischen oder mit dem Staubsauger über die Teppiche … das ist ja nicht viel. Mrs. Wals ist sehr rücksichtsvoll. Sie läßt nichts herumliegen.«
»Ich heiße Margret Baldwin«, sagte die Beamtin schnell.
Sie überrumpelte damit die ältliche Dame, die antwortete: »Ich heiße Elizabeth Ready. Ich bin die Gesellschafterin von Mrs. Wals.«
»Mrs. Ready?«
»Oh, nein. Ich war nie verheiratet. Sind Sie …?«
»Ebenfalls nicht«, sagte Margret. »Das Leben kann auch ohne Ehemann sehr schön sein.«
Miss Ready drohte lächelnd mit dem Finger. Margret kramte aus ihrer Tasche einen Fotoapparat hervor und sah sich um.
»Darf ich den Rosengarten fotografieren?«
Elizabeth Ready zögerte etwas.
»Ich kann wirklich nicht sagen, ob es Mrs. Wals recht ist.«
»Nur für eine Ausstellung. Vielleicht bekommt Mrs. Wals sogar einen Preis. Dann sind Sie die Heldin des Tages, da Sie es mir erlaubt haben …«
Elizabeth nickte endlich zustimmend.
»Gut. Machen Sie aber bitte schnell, Miss Baldwin.«
Als Miss Ready auf die Fenstertüre zuging, die auf die Terrasse und hinaus in den Garten führte, achtete Margret darauf, daß sie ein paar Schritte hinter der Gesellschafterin bleiben konnte …
Im Rosengarten angekommen, stieß Margret Rufe des Entzückens aus, die sogar aus ehrlicher Überzeugung kamen. Die Anlage war wirklich ein Schmuckstück.
»Und das hat Mrs. Wals alles allein gezüchtet?« fragte sie zweifelnd, weil sie ja wußte, daß sie nun dem Stolz von Miss Ready neue Nahrung liefern würde. Die Gesellschafterin tat verschämt.
»Wenn ich in aller Bescheidenheit sagen darf, Miss Baldwin, der Rosengarten ist mein Werk.«
»Und dazu haben Sie noch neben Ihren anderen Aufgaben Zeit? Ich könnte mir vorstellen, daß allein schon Gesellschafterin zu sein, ein anstrengender Beruf ist.«
»Bei Mrs. Wals nicht. Mrs. Wals beansprucht mich nicht sehr. Ich habe viel Zeit, mich um meine Rosen zu kümmern.«
Margret tat verständnisvoll. »Dann lebt Mrs. Wals wohl sehr zurückgezogen?«
»Sie ist sehr einsam und menschenscheu. Sie lebt nur für ihr Gut.«
Margret drehte sich um.
»Und sie lebt gut, wie man sieht. Das Gut rentiert sich, was?«
»Jetzt ja.«
»Jetzt?« Margret bekam wache Ohren. »War das früher nicht so?«
Das alte Fräulein seufzte.
»Vor einem halben Jahr sah es aus, als müßten wir das Gut und alles hier verkaufen. Mrs. Wals hat sich Geld geliehen, um es zu modernisieren … es war nicht mehr konkurrenzfähig! Heute geht ja alles mit Maschinen, mit riesigen Wunderwerken. Und da kam nun dieser Geldverleiher und wollte plötzlich das Geld zurück! Mit den ganzen Zinsen! Und wir konnten es nicht bezahlen.«
Das muß Carlton gewesen sein, dachte Margret. Das sieht dem Kerl ähnlich. Erst leiht er, dann dreht er den Hahn zu und hinterher gehört ihm der ganze Besitz!
»Und dann kam dieser Geldverleiher und wollte das Gut?« fragte sie naiv.
»Ja. Es gäbe keinen Vertrag über den Termin der Rückzahlung, das hat er gesagt. Der Betrag sei fällig, wenn er es wollte! Mrs. Wals kannte sich ja nicht aus in diesen Geschäften. Keiner hatte sie beraten … wir haben viele Nächte geweint … Das schöne Gut! Die weiße Villa, der Rosengarten, alles sollte dieser dicke, schreckliche Mensch bekommen!«
»Und dann hatte Mrs. Wals auf einmal Geld?«
Miss Ready hatte keine Einwände.
Das alte Fräulein nickte.
»Ja. Sie erinnerte sich, daß in Los
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