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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nachschauen.«
    Godwyn wusste, dass
ihm keine andere Wahl blieb, als Simeon zu begleiten und auf eine Gelegenheit
zu warten, sich davonzustehlen und Philemon zu suchen. »Natürlich«, sagte er.
    Sie schoben die
Truhe wieder zurück und schlossen die Tür der Schatzkammer. Als sie die Bibliothek
verließen, sagte Godwyn: »Ich schlage vor, wir sagen nichts, ehe wir nicht
sicher sind, dass der Rubin tatsächlich verloren ist. Es ist nicht nötig, uns
voreilig die Schuld zu geben.«
    »Einverstanden.«
    Sie eilten durch
den Kreuzgang und in die Kathedrale. Von der Vierung aus schauten sie sich um.
Vor einem Monat wäre der Gedanke, dass ein Rubin unentdeckt auf dem
Kirchenboden lag, noch plausibel gewesen, doch erst kürzlich waren die
Bodenplatten erneuert worden; alle Risse und Löcher waren verschwunden. Ein
Rubin wäre sofort aufgefallen.
    Simeon sagte: »Wenn
ich jetzt darüber nachdenke … War es nicht Philemon, der das Kreuz aufgehoben
hat?«
    Godwyn sah Simeon
an. Lag da Vorwurf in seinem Gesicht? Er konnte es nicht sagen. »Es könnte
Philemon gewesen sein … «
    Godwyn beschloss,
die Gelegenheit zu nutzen: »Ich gehe ihn holen«, schlug er vor. »Vielleicht
kann er sich erinnern, wo genau er gestanden hat, als Carlus gestürzt ist.«
    »Gut. Ich warte
hier.« Simeon kniete sich hin und tastete den Boden mit den Händen ab, als
könne er den Rubin so besser finden als mit den Augen.
    Godwyn eilte
hinaus. Zuerst ging er ins Dormitorium. Der Schrank stand an der gewohnten
Stelle. Godwyn zog ihn von der Wand weg, fand den losen Stein und nahm ihn
heraus. Dann steckte er die Hand in das Versteck, wo Philemon Lady Philippas
Armband verborgen hatte.
    Er fand nichts.
    Godwyn fluchte.
Ganz so einfach würde es doch nicht werden.
    Ich werde Philemon
aus dem Klosterjagen müssen, ging es ihm durch den Kopf, als er sich auf die Suche
nach ihm machte. Wenn Philemon den Rubin gestohlen hat, kann ich ihn nicht mehr
decken.
    Dann erkannte er
mit plötzlicher Verzweiflung, dass er Philemon keineswegs den Laufpass geben
konnte. Es war Philemon gewesen, der Friar Murdo von dem Dokument erzählt
hatte. Wurde Philemon vertrieben, könnte er gestehen, was er getan hatte und
dass er dabei nur Godwyns Anweisungen gefolgt war. Und man würde ihm glauben.
Godwyn erinnerte sich, wie Thomas sich den Kopf darüber zerbrochen hatte, wer
Murdo das Geheimnis verraten haben könnte und warum. Philemons Enthüllung würde
an Glaubwürdigkeit gewinnen, weil sie diese Frage beantwortete.
    Ein Aufschrei der
Entrüstung wäre die Folge. Selbst wenn es erst nach der Wahl zu dieser
Enthüllung käme, wäre Godwyns Autorität untergraben und seine Fähigkeit, die
Mönche zu führen, ernsthaft beeinträchtigt. Godwyn dämmerte die schreckliche
Erkenntnis, dass er Philemon beschützen musste, um sich selbst zu schützen.
    Er fand Philemon im
Hospital, wo er den Fußboden fegte. Godwyn winkte ihn nach draußen und führte
ihn auf die Rückseite der Küche, wo niemand sie sehen würde.
    Er schaute Philemon
in die Augen und sagte: »Da wird ein Rubin vermisst… «
    Philemon riss die
Augen auf. »Wie schrecklich!« »Er gehört zu dem Altarkruzifix, das Carlus bei
seinem Sturz heruntergeworfen hat.« Philemon spielte den Unschuldigen. »Wie
konnte der Stein nur verloren gehen?« »Er könnte sich von dem Kruzifix gelöst
haben, als es auf dem Boden aufgeschlagen ist. Aber er ist nicht zu finden; ich
habe gerade nachgesehen. Irgend jemand hat ihn entdeckt… und behalten.« »Wie
schändlich.«
    Godwyn wurde
wütend. »Du Narr, jeder hat gesehen, wie du das Kruzifix aufgehoben hast!«
    Philemons Stimme
drohte sich zu überschlagen. »Ich weiß nichts davon!« »Verschwende nicht meine
Zeit mit Lügen! Wir müssen das wieder in Ordnung bringen. Wegen dir könnte ich
die Wahl verlieren.« Godwyn stieß Philemon gegen die Wand der Bäckerei. »Wo ist
er?« Zu seinem Erstaunen brach Philemon in Tränen aus.
    »Um der Liebe der
Heiligen willen«, sagte Godwyn angewidert, »hör mit diesem Unsinn auf! Du bist
ein erwachsener Mann!«
    Philemon schluchzte
weiter. »Es tut mir leid«, sagte er. »Es tut mir leid.« »Wenn du nicht sofort
damit aufhörst … « Godwyn riss sich zusammen. Mit Philemon zu schimpfen würde
ihm auch nichts bringen. In sanfterem Tonfall sagte Godwyn: »Reiß dich
zusammen. Wo ist der Rubin?« »Ich hab ihn versteckt … «
    »Ja? Weiter?«
    »Im Kamin des

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