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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Sünde verheimlicht, die Ihr begangen habt. Tut nicht so, als hättet Ihr es
vergessen. Es ist erst ein paar Monate her.«
    »Achja … Nun, das
war sehr großmütig von dir.« »Mit eigenen Augen habe ich Euch und Margery im Gastgemach
gesehen, als Ihr…« »Seid still, um Himmels willen!«
    »Ihr habt jetzt die
Gelegenheit, mir diese Großmut zu vergelten.
    Redet mit Eurem
Vater. Sagt ihm, er soll nachgeben. Sagt ihm, dass die Hochzeit wichtiger sei.
Besteht darauf, mich als Prior zu bestätigen.«
    Auf Richards
Gesicht zeigte sich Verzweiflung. Mit einem Mal wirkte er wie am Boden
zerstört. »Das kann ich nicht!«, sagte er voller Panik. »Meinem Vater kann man
nicht trotzen. Du weißt, wie er ist.«
    »Versuchtes.«
    »Ich habe es ja
schon versucht! Ich habe ihn dazu überredet, dich zum Subprior zu machen.«
    Godwyn bezweifelte,
dass Roland irgend etwas in der Art genehmigt hatte. Richard hatte es bestimmt
nur erfunden — wohl wissend, dass man ein solches Versprechen leicht brechen
konnte.
    Trotzdem sagte
Godwyn: »Dafür danke ich Euch.« Dann fügte er hinzu: »Aber das reicht nicht.«
    »Denk doch mal
darüber nach«, flehte Richard. »Mehr verlange ich ja gar nicht.«
    »Das werde ich. Und
ich schlage vor, dass Ihr Euren Vater bittet, das Gleiche zu tun.«
    »O Gott«, stöhnte
Richard. »Das wird eine Katastrophe.«
     
    Die Hochzeit war
für Sonntag angesetzt. Am Samstag setzte Godwyn anstelle der Sext eine Probe
an, beginnend mit der Inaugurationszeremonie des neuen Priors; daran
anschließend die Hochzeit. Draußen war wieder ein sonnenloser Tag. Der Himmel
hing voller Regenwolken, und in der Kathedrale war es düster. Nach der Probe,
als die Mönche und Nonnen zum Essen gingen und die Novizen sich daran machten,
die Kirche zu fegen, kamen Carlus und Simeon zu Godwyn. Beide schauten ernst
drein.
    »Das lief ziemlich
glatt, findet ihr nicht auch?«, bemerkte Godwyn gut gelaunt.
    Simeon fragte:
»Wirst du überhaupt zum Prior geweiht?« »Mit Sicherheit.«
    »Wir haben gehört,
der Graf habe eine Neuwahl befohlen.« »Glaubt ihr, er hat das Recht dazu?«
    »Nein«, erwiderte
Simeon. »Er hat nur das Recht zur Nominierung. Aber er sagt, dass Bischof
Richard dich nicht als Prior bestätigen wird.«
    »Hat Richard euch
das gesagt?«
    »Nicht persönlich.«
    »Das dachte ich
mir. Vertraut mir. Der Bischof wird mich bestätigen.« Godwyn hörte seine eigene
Stimme: Sie klang ernst und selbstbewusst. Er wünschte sich, er würde genauso
empfinden.
    Carlus fragte
besorgt: »Hast du Richard gesagt, dass die Mönche sich weigern würden, an der
Hochzeit teilzunehmen?«
    »Das habe ich.«
    »Das war sehr
riskant. Wir sind nicht hier, um uns dem Willen der weltlichen Macht entgegen zu
stellen.«
    Godwyn hätte
vorhersagen können, dass Carlus beim ersten Anzeichen von Widerstand einknicken
würde. Glücklicherweise hatte er nicht vor, die Entschlossenheit der Mönche auf
die Probe zu stellen. »Mach dir keine Sorgen. So weit wird es nicht kommen. Es
war nur eine leere Drohung — aber verrate dem Bischof nicht, dass ich das
gesagt habe.«
    »Dann hast du also
gar nicht vor, die Mönche zu bitten, sich gegen die Hochzeit zu sperren?«
    »Nein.«
    Simeon bemerkte:
»Du spielst ein gefährliches Spiel.« »Vielleicht.
    Aber außer mir
schwebt niemand in Gefahr.« »Du wolltest doch nicht einmal Prior werden. Du
wolltest deinen Namen nicht genannt wissen. Du hast erst akzeptiert, als alles
andere gescheitert ist.«
    »Ich will ja auch
gar nicht Prior werden«, log Godwyn. »Aber wir dürfen dem Grafen von Shiring
nicht gestatten, unsere Wahl zu entkräften. Das ist wichtiger als meine
persönlichen Gefühle.« Simeon schaute ihn mit neu erwachtem Respekt an. »Das
ist eine sehr ehrenvolle Einstellung.« »Ich versuche nur, Gottes Willen zu
erfüllen.« »Möge er dich für deine Mühen segnen, Bruder.« Die beiden alten
Mönche ließen ihn allein. Godwyn hatte einen Anflug von schlechtem Gewissen,
weil er zugelassen hatte, dass die Brüder ihn nun für selbstlos hielten. Sie
betrachteten ihn als eine Art Märtyrer. Aber es stimmt ja irgendwie, sagte er
sich. Er versuchte ja wirklich, Gottes Willen zu erfüllen. So, wie er ihn sah.
    Godwyn schaute sich
um: Die Kathedrale war wieder wie immer.
    Er wollte gerade
zum Essen ins Haus des Priors gehen, als seine Base Caris erschien. Ihr blaues
Kleid war ein bunter Fleck inmitten des trüben Graus der Kirche.

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