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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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vermochte, warf ein schwaches, kaltes Licht ins Hauptschiff.
    Godwyn hatte die
Hände hinter dem Rücken verschränkt, um sie vom Zittern abzuhalten.
    Pünktlich kam der
Graf herein.
    Bei ihm waren Herr
William, Lady Philippa, Bischof Richard, Richards Ratgeber Erzdiakon Lloyd und
der Schreiber des Grafen, Vater Jerome. Godwyn hätte sich gerne auch mit einem
Gefolge umgeben, doch keiner der Mönche wusste wirklich, wie riskant sein Plan
war — und hätten sie es gewusst, hätte keiner den Mut gehabt, ihn zu unterstützen.
Also hatte er beschlossen, sich dem Grafen allein zu stellen.
    Die Verbände waren
von Rolands Kopf entfernt worden. Er ging mit langsamen, aber sicheren
Schritten. Wahrscheinlich fühlte er sich noch ein wenig zittrig nach all den
Wochen im Bett, schien aber entschlossen zu sein, es nicht zu zeigen. Er sah
fast wieder normal aus, abgesehen von seiner gelähmten Gesichtshälfte. Seine Botschaft
an die Welt würde heute lauten, dass er wieder vollständig genesen war und die
Zügel fest in der Hand hielt. Und Godwyn drohte diesen Plan zu vereiteln.
    Die anderen
schauten sich ungläubig in der leeren Kathedrale um, doch der Graf zeigte sich
keineswegs überrascht. »Du bist ein wirklich arrogantes Mönchlein«, sagte er zu
Godwyn, wobei er wie stets aus dem linken Mundwinkel sprach.
    Godwyn riskierte
alles. Auch mit Trotz hatte er nichts mehr zu verlieren, und so sagte er: »Und
Ihr seid ein halsstarriger Graf.«
    Roland legte die
Hand aufs Schwert. »Dafür sollte ich dir die Klinge durch den Leib rammen.«
    »Nur zu.« Godwyn
breitete die Arme aus, bereit, sich kreuzigen zu lassen. »Ermordet den Prior
von Kingsbridge, hier in der Kathedrale, so wie König Heinrichs Ritter den
Erzbischof Thomas Becket in Canterbury ermordet haben! Schickt mich in den
Himmel und euch selbst in die ewige Verdammnis!«
    Philippa schnappte
ob Godwyns Respektlosigkeit entsetzt nach Luft. William trat vor, als wolle er
Godwyn zum Schweigen bringen, doch Roland hielt ihn mit einer Geste zurück und
sagte zu Godwyn: »Dein Bischof befiehlt dir, die Kirche für die Hochzeit
vorzubereiten.
    Oder leisten Mönche
kein Gehorsamsgelübde mehr?«
    »Lady Margery kann
hier nicht verheiratet werden.« »Warum nicht? Weil du Prior werden willst?«
»Weil sie keine Jungfrau mehr ist.«
    Philippa schlug die
Hand vor den Mund. Richard stöhnte. William zog sein Schwert. Roland rief: »Das
ist Verrat!«
    Godwyn sagte:
»Steckt Euer Schwert weg, Herr William. Damit könnt Ihr Margerys
Jungfräulichkeit auch nicht wiederherstellen.«
    »Was weißt du von
solchen Dingen, Mönch?«, fragte Roland.
    »Zwei Männer in
dieser Priorei waren Zeugen des fleischlichen Akts, der in einem der
Privatgemächer des Hospitals stattgefunden hat — in eben jenem Raum, in dem Ihr
wohnt.«
    »Ich glaube dir
nicht.«
    »Der Grafvon
Monmouth wird mir glauben.« »Du wirst nicht wagen, ihm das zu sagen.«
    »Ich muss ihm
erklären, warum sein Sohn und Margery nicht in der Kathedrale von Kingsbridge
heiraten können … jedenfalls nicht, ehe sie ihre Sünde gebeichtet haben und
ihnen Absolution erteilt worden ist.«
    »Du hast keinen
Beweis für diese Verleumdung!« »Ich habe zwei Zeugen. Aber fragt das Mädchen.
Ich glaube, sie wird gestehen. Ich kann mir vorstellen, dass sie den Liebhaber,
der ihr die Jungfräulichkeit geraubt hat, nach wie vor einer politischen Ehe
vorzieht, die von ihrem Onkel arrangiert wird.« Erneut lehnte Godwyn sich weit
zum Fenster hinaus. Aber er hatte Margerys Gesicht gesehen, als Richard sie
geküsst hatte, und in jenem Augenblick war er fest davon überzeugt gewesen,
dass Margery verliebt war. Den Sohn des Grafen heiraten zu müssen brach ihr
sicherlich das Herz. Es würde für eine so junge Frau sehr schwer sein, ihre
Gefühle zu verhehlen, wenn sie so stürmisch waren, wie Godwyn vermutete.
    Die lebendige
Hälfte von Rolands Gesicht zuckte vor Wut. »Wer ist der Halunke, den du eines
solchen Verbrechens beschuldigst?
    Wenn du deine
Vorwürfe beweisen kannst, wird der Schuft hängen; das schwöre ich … und wenn
nicht, hängst du. Also schick nach ihm und lass uns hören, was er zu sagen
hat.« »Er ist bereits hier.«
    Roland blickte
ungläubig auf die vier Männer, die bei ihm standen: seine zwei Söhne, William
und Richard — dazu die beiden Priester, Lloyd und Jerome.
    Godwyn starrte
Richard an.
    Roland folgte
seinem Blick. Dann William. Kurz darauf schauten

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