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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Diener
stürzten sich in die Arbeit; sogar die, die Philippa nicht direkt angesprochen
hatte, fanden plötzlich Beschäftigung.
    Ralph hatte nichts
dagegen, dass Philippa den Hausdienern Befehle gab. Ohne eine Herrin, die sie
auf Trab hielt, faulenzten sie nur.
    Sie trat vor ihn
und verneigte sich tief, wie es nach langer Abwesenheit angemessen war. Einen
Kuss bot sie ihm nicht. Er sagte unbeteiligt: »Das ist … unerwartet.«
    Philippa entgegnete
gereizt: »Ich hätte mir die Reise gern erspart.« Ralph stöhnte innerlich. »Was
führt dich her?«, fragte er. Was immer es war, ihm drohten Widrigkeiten, das
merkte er genau. »Mein Gut in Ingsby.« Philippa hatte eigenen Besitz, einige
Dörfer in Gloucestershire, die nicht an den Grafen, sondern an sie Tribut
entrichteten. Seit sie im Kloster lebte, hatten die Vögte dieser Dörfer sie in
der Priorei zu Kingsbridge aufgesucht und ihr dort Bericht über die Abgaben
erstattet. Ingsby war jedoch eine schwierige Ausnahme. Das Gut zahlte den
Tribut an Ralph, und er leitete ihn an sie weiter — was er vergessen hatte,
seit sie fortgegangen war. »Verdammt«, sagte er. »Das ist mir entfallen.« »Es
ist schon gut«, erwiderte sie. »Du musst viel im Kopf behalten.« Es klang
erstaunlich nachsichtig.
    Philippa ging nach
oben in die Schlafkammer, und Ralph setzte sich wieder an die Arbeit. Das halbe
Jahr Trennung ist ihr gut bekommen, dachte er, während ein weiterer Vogt ihm
die Felder voll reifendem Korn aufzählte und den Mangel an Erntearbeitern beklagte.
Dennoch hoffte er, dass sie nicht plante, allzu lange zu bleiben. Nachts neben
ihr zu liegen war, als schliefe er bei einer toten Kuh.
    Zum Abendessen kam
sie wieder aus dem Zimmer. Sie saß neben Ralph und sprach während des Mahles
höflich mit mehreren der anwesenden Ritter. Sie war so kühl und reserviert wie
immer, zeigte keine Zuneigung, nicht einmal Humor. Aber er sah auch keinerlei
Anzeichen für den unversöhnlichen, eisigen Hass, den sie nach ihrer Vermählung
an den Tag gelegt hatte. Der Hass war fort, oder sie verbarg ihn sehr tief. Als
das Essen vorüber war, zog sie sich wieder zurück und überließ es Ralph, mit
den Rittern zu zechen.
    Er überlegte, ob es
möglich sei, dass sie auf Dauer zurückkehrte, aber am Ende verwarf er die Idee.
Sie könnte ihn nie lieben oder auch nur mögen. Die lange Abwesenheit hatte nur
die Schneide ihrer Abneigung gestumpft. Das zugrunde liegende Gefühl würde sie
wohl nie verlassen.
    Er nahm an, dass
sie schon schlief, als er nach oben ging, doch zu seiner Überraschung saß sie
in einem elfenbeinfarbenen linnenen Nachthemd am Schreibtisch, und eine
einzelne Kerze warf weiches Licht auf ihre stolzen Züge und das dichte braune
Haar. Vor ihr lag ein langer Brief in mädchenhafter Schrift, von dem er annahm,
dass er von Odila stammte, die nun Gräfin von Monmouth war. Philippa schrieb
eine Antwort. Wie die meisten Adligen diktierte sie geschäftliche Briefe einem
Schreiber, doch private Zeilen schrieb sie selbst.
    Er trat in den
Aborterker, und als er wieder herauskam, zog er seine Oberkleidung aus. Es war
Sommer, und er schlief gewöhnlich in Unterhose.
    Philippa beendete
den Brief, stand auf — und stieß das Tintenfass um, das auf dem Schreibtisch
stand. Sie sprang zurück, doch zu spät. Irgendwie fiel es in ihre Richtung und
entstellte ihr weißes Nachtgewand mit einem großen schwarzen Fleck. Sie
fluchte. Er verzog belustigt den Mund: Sie war immer so makellos ordentlich,
dass es für ihn eine Freude war, wenn sie sich mit Tinte bespritzte.
    Sie zögerte einen
Augenblick, dann zog sie sich das Nachtgewand über den Kopf.
    Ralph war erstaunt.
Normalerweise legte sie so rasch die Kleider nicht ab. Er begriff, dass sie von
der Tinte aus dem Gleichgewicht gebracht worden war. Er starrte ihren nackten
Körper an. Sie hatte im Nonnenkloster ein wenig Gewicht zugelegt: Ihre Brüste
wirkten größer und runder, ihr Bauch zeigte eine leichte, aber erkennbare
Wölbung, und ihre Hüften hatten eine anziehende, ausladende Kurve. Zu seiner
Überraschung empfand er Erregung.
    Sie beugte sich
nieder, um mit dem zusammengeknüllten Nachthemd die Tinte vom gefliesten Boden
zu wischen. Ihre Brüste wiegten sich, während sie die Kacheln abrieb. Sie
wandte sich um, und er genoss den vollen Anblick ihres üppigen Hinterteils.
Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sie verdächtigt, ihn entflammen zu
wollen. Doch Philippa

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