Die Tore der Welt
hatte in ihrem ganzen Leben noch nicht versucht, jemanden
zu entflammen, und ihn zuallerletzt. Sie war nur unbeholfen und verlegen. Und
das machte es umso stimulierender, sie in ihrer freigelegten Nacktheit zu
betrachten, während sie den Boden wischte.
Es lag mehrere
Wochen zurück, dass er mit einer Frau zusammen gewesen war, und die letzte war
eine sehr wenig zufriedenstellende Hure in Salisbury gewesen.
Als Philippa sich
erhob, hatte er eine Erektion.
Sie sah, wie er sie anstierte. »Starr mich
nicht so an«, sagte sie. »Geh zu Bett.« Sie warf das beschmutzte Kleidungsstück
in den Wäschekorb.
Sie ging zur
Wäschetruhe und hob den Deckel. Den Großteil ihrer Kleidung hatte sie
zurückgelassen, als sie nach Kingsbridge ging; es galt als unpassend, wenn sich
jemand prächtig kleidete, der im Kloster lebte, auch wenn er dort nur zu Gast
war. Sie fand ein frisches Nachthemd. Ralph fuhr ihren Leib mit den Augen ab,
während sie es heraushob. Er starrte ihre aufgerichteten Brüste an, den Hügel
ihres Geschlechts mit seinem dunklen Haar, und er bekam eine trockene Kehle.
Sie begegnete
seinem Blick. »Rühr mich nicht an«, sagte sie.
Ohne diese Worte
hätte er sich wohl schlafen gelegt. Doch ihre schroffe Zurückweisung stachelte
ihn auf. »Ich bin der Graf von Shiring, und du bist mein Weib«, erwiderte er.
»Ich rühre dich an, wann immer ich will.«
»Das wagst du
nicht«, entgegnete sie und kehrte ihm den Rücken zu, um das Nachthemd
überzustreifen.
Damit verärgerte
sie ihn. Als sie das Hemd über den Kopf hob, schlug er ihr klatschend auf die
Hinterbacke. Mit einem Aufschrei fuhr sie hoch. Der Hieb war fest, und er
merkte, dass er ihr wehgetan hatte. »Ich wage es nicht?«, sagte Ralph. Sie
wandte sich ihm zu, um zu protestieren, und aus dem Impuls heraus schlug er ihr
die Faust ins Gesicht. Sie wurde zurückgeschleudert und fiel zu Boden.
Sie schlug die
Hände vor die Lippen; Blut quoll zwischen ihren Fingern hindurch. Sie lag nackt
auf dem Rücken, die Beine gespreizt, und Ralph sah das haarige Dreieck an der
Gabelung ihrer Schenkel, den Schlitz leicht geöffnet, dass es wie eine
Einladung aussah.
Er warf sich auf
sie.
Sie wand sich
wütend, aber er war größer als sie und kräftig. Mühelos überwand er ihren
Widerstand. Im nächsten Moment war er in sie eingedrungen. Sie war trocken,
doch irgendwie erregte ihn das.
Es war sehr rasch
vorüber. Er rollte sich keuchend von ihr herunter. Nach einigen Augenblicken
sah er sie an. Ihr Mund war blutig.
Sie erwiderte
seinen Blick nicht: Sie hatte die Augen geschlossen. Dennoch schien es ihm, als
zeige Philippas Gesicht einen merkwürdigen Ausdruck. Ralph dachte eine Weile
darüber nach, bis er begriff; danach war er noch verwirrter als zuvor.
Sie sah aus, als triumphiere sie.
Merthin wusste,
dass seine Geliebte nach Kingsbridge zurückgekehrt war, weil er Philippas Magd
im Bell gesehen hatte. Er erwartete, dass Philippa am Abend zu ihm nach Haus
kommen würde, und war enttäuscht, als sie sich nicht sehen ließ. Ohne Zweifel
fühlte sie sich unbehaglich. Keiner Frau konnte bei dem, was sie getan hatte,
wohl zumute sein, auch wenn die Umstände ihr keine andere Wahl ließen und der
Mann, den sie liebte, davon wusste und es verstand.
Eine weitere Nacht
verging, ohne dass sie erschien, dann war es Sonntag, und er war sich sicher,
dass er sie in der Kirche sehen würde. Aber sie kam nicht zur Messe. Es war
fast unerhört, dass ein Mitglied des Adels die Sonntagsmesse ausließ. Was hielt
sie fern?
Nach dem
Gottesdienst schickte er Lolla mit Arn und Em nach Hause, dann ging er über das
Gras des Kathedralenplatzes zum alten Hospital. Im Obergeschoss gab es drei
Zimmer für wichtige Gäste. Merthin nahm die Außentreppe.
Im Korridor stand
er Caris von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Sie fragte ihn gar
nicht erst, was er wollte. »Die Gräfin möchte nicht, dass du sie siehst«, sagte
sie. »Aber es wäre vielleicht trotzdem gut.«
Merthin fiel sofort
ihre eigentümliche Formulierung auf. Nicht: ›Die Gräfin möchte dich nicht
sehen‹, sondern: ›Die Gräfin möchte nicht, dass du sie siehst.‹ Sein
Blick fiel in die Schüssel, die Caris trug. Ein blutiger Lappen lag darin.
Furcht drang in sein Herz. »Was ist geschehen?«
»Nichts Ernstes«,
antwortete Caris. »Dem Kind ist nichts geschehen.« »Gott sei Dank.«
»Der Vater bist
natürlich du?«
»Bitte lass das nie
irgend
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