Die Tore der Welt
gerührt. Ein neues Hospital … auf Leper
Island … das die Städter bezahlten … mit einem neuen Nonnenorden … der
keine Verbindung zur Priorei besaß …
Sie blickte in die
Runde. Philemon und Sime machten aus ihrer ablehnenden Haltung keinen Hehl.
Henri, Claude und Lloyd sahen nur verblüfft drein.
Schließlich sagte der
Bischof: »Dieser Patron wäre sehr mächtig — er verträte die Städter, würde die
Rechnungen begleichen und die Priorin ernennen. Wer immer diese Stellung
einnimmt, herrscht über das Hospital.«
»Richtig«, sagte
Merthin.
»Wenn ich ein neues
Hospital genehmige, wären die Städter dann wieder bereit, für den Turm
aufzukommen?«
Madge Webber sprach
zum ersten Mal. »Wenn der richtige Patron ernannt wird, ja.«
»Und wer sollte das
sein?«, fragte Henri.
Caris bemerkte,
dass alle sie anblickten.
Einige Stunden später
wickelten sich Merthin und Caris in schwere Mäntel, zogen Stiefel an und gingen
durch den Schnee zur Insel, wo er ihr den Bauplatz zeigte, an den er gedacht
hatte. Er lag auf der westlichen Hälfte der Insel, nicht weit von seinem Haus
entfernt, und bot einen schönen Ausblick auf den Fluss.
Caris schwindelte
noch von der plötzlichen Veränderung in ihrem Leben. Sie würde ihrer Gelübde
als Nonne entpflichtet werden. Nach fast zwölf Jahren wäre sie wieder eine
gewöhnliche Bürgerin. Sie stellte fest, dass der Gedanke, die Priorei zu
verlassen, ihr keinen Schmerz bereitete. Die Menschen, die ihr teuer gewesen
waren, lebten nicht mehr: Mutter Cecilia, die alte Julie, Mair und Tilly. Sie
konnte Schwester Joan und Schwester Oonagh gut leiden, aber mit ihnen war es
nicht mehr das Gleiche.
Und sie würde noch
immer das Hospital leiten. Mit dem Recht, die Priorin der neuen Einrichtung zu
bestimmen, wäre sie in der Lage, das Krankenhaus nach den neuen Gedanken zu
führen, die aus der Zeit der Pest entstanden waren. Der Bischof hatte in alles
eingewilligt.
»Ich finde, wir
sollten wieder den Grundriss eines Kreuzgangs benutzen«, sagte Merthin.
»Während der kurzen Zeit, die du das Hospital geleitet hast, scheint er sich
wirklich bewährt zu haben.«
Sie starrte auf die
unberührte Schneefläche und bewunderte wieder seine Fähigkeit, sich Wände und
Räume vorzustellen, wo sie nur Weiß sah. »Der Eingang wurde fast wie eine
Vorhalle genutzt«, sagte sie. »Dort warteten die Leute, und dort untersuchten
wir die Kranken zunächst, ehe wir entschieden, was mit ihnen zu tun war.«
»Du möchtest sie
größer haben?«
»Ich finde, es
sollte ein richtiger Empfangssaal werden.« »Gut.«
Sie war
fassungslos. »Ich kann es noch kaum glauben. Alles hat sich so ergeben, wie ich
es mir immer gewünscht habe.« Er nickte.
»So war es
geplant.« »Wie meinst du das?«
»Ich habe mich
gefragt, was du dir gewünscht hättest, und dann habe ich mir überlegt, wie man
es erreichen kann.«
Sie starrte ihn an.
Er hatte es leichthin gesagt, als wollte er nur den Gedankengang erklären, der
ihn zu seinen Schlussfolgerungen geführt hatte. Er schien nicht zu ahnen, von
welcher Tragweite es für sie war, wenn er über ihre Wünsche nachdachte und sich
überlegte, wie sie verwirklicht werden konnten.
»Hat Philippa schon
entbunden?«, fragte sie.
»Ja, vor einer
Woche.«
»Was ist es?«
»Ein Junge.«
»Ich gratuliere.
Hast du ihn schon gesehen?« »Nein. Soweit es die Welt betrifft, bin ich nur der
Onkel. Ralph hat mir geschrieben.« »Haben sie ihm schon einen Namen gegeben?«
»Roland, nach dem alten Grafen.« Caris wechselte das Thema. »Das Flusswasser
ist stromabwärts der Stadt nicht sehr rein. Ein Hospital braucht aber sauberes
Wasser.« »Ich werde eine Leitung legen, die dir sauberes Wasser von weiter
flussaufwärts heranführt.« Der Schneefall ließ nach und hörte ganz auf, und sie
hatten einen klaren Blick über die Insel.
Caris lächelte ihn
an. »Du weißt auf alles eine Antwort.« Merthin schüttelte den Kopf. »Nur auf
die einfachen Fragen: sauberes Wasser, luftige Räume, eine Empfangshalle.« »Und
was sind die schwierigen?«
Er wandte sich ihr
zu. In seinem roten Bart waren Schneeflocken. Er sagte: »Zum Beispiel: Liebt
sie mich noch?«
Einen langen
Augenblick starrten sie einander an. Caris war glücklich.
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SIEBTER TEIL
März bis November 1361
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KAPITEL 81
Auch mit vierzig
Jahren war Wulfric der stattlichste Mann, den Gwenda je gesehen hatte. Die
silbernen Fäden, die
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