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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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anging. Als kleines
Mädchen hatte Caris Arzt werden wollen. Sie hatte nicht verstanden, dass es nur
geistlichen Herren gestattet war, Medizin zu studieren.
    Gwenda musste daran
denken, was Caris nach dem Tod ihrer Mutter gesagt hatte: »Aber warum werden
Menschen krank?«
    Mutter Cecilia, die
Priorin des Nonnenklosters, hatte ihr erklärt, die Sünde sei der Grund dafür.
Ihr Vater Edmund hingegen hatte gesagt, niemand wisse das wirklich. Keine der
beiden Antworten hatte Caris zufriedengestellt. Vielleicht suchte sie hier in
Matties Küche noch immer nach einer Antwort auf ihre Frage, warum Menschen erkrankten.
    Caris ließ eine
Flüssigkeit in eine Phiole tropfen, verschloss sie und band den Verschluss mit
einer Kordel fest. Dann reichte sie Gwenda das Fläschchen.
    Gwenda steckte es
in die kleine Lederbörse, die sie am Gürtel trug. Sie fragte sich, wie um alles
in der Welt sie Wulfric eine Stunde für sich allein bekommen sollte. Sie hatte
einfach so daher gesagt, dass sie schon einen Weg finden würde, doch nun, da
sie den Liebestrank in ihrem Besitz hatte, kam ihr die Aufgabe geradezu unmöglich
vor. Wulfric wurde schon rastlos, wenn sie nur mit ihm sprach. Er wollte jeden
freien Augenblick mit Annet verbringen.
    Welchen Grund
sollte Gwenda ihm nennen, um mit ihm allein sein zu können? Vielleicht: »Ich
möchte dir eine Stelle zeigen, wo es wilde Enteneier gibt.« Aber warum sollte
sie ihm die Stelle zeigen und nicht ihr Vater? Wulfric war zwar ein wenig naiv,
aber nicht dumm. Er würde wissen, dass sie etwas im Schilde führte.
    Caris gab Mattie
zwölf Silberpennys — zwei Wochenlöhne von Pa.
    Gwenda sagte:
»Danke, Caris. Ich hoffe, du kommst zu meiner Hochzeit.«
    Caris lachte.
»Genau das wollte ich hören. Nur Mut!« Sie verließen Mattie und machten sich
auf den Weg zurück zum Markt.
    Gwenda beschloss
herauszufinden, wo Wulfric wohnte. Seine Familie war viel zu wohlhabend, als
dass sie wie die Armen kostenlos in der Priorei hätte wohnen können. Vermutlich
waren sie in einem Gasthof abgestiegen. Sie könnte Wulfric oder seinen Bruder ja
einfach beiläufig danach fragen und so tun, als wollte sie wissen, welches
Gasthaus der Stadt das beste war.
    Ein Mönch kam an
ihnen vorbei, und Gwenda bekam ein schlechtes Gewissen. Immerzu ging Wulfric
ihr durch den Kopf, doch ihren Bruder Philemon zu besuchen, daran hatte sie
noch nicht einmal gedacht. Pa jedenfalls würde Philemon nicht besuchen, denn
sie hassten sich nun schon seit Jahren. Gwenda aber liebte ihn. Sie wusste,
dass Philemon hinterlistig, unehrlich und böswillig war, doch er war ihr
Bruder. Gemeinsam hatten sie viele Hungerwinter überstanden.
    Sie würde ihn
später suchen, beschloss sie, nachdem sie Wulfric wiedergesehen hatte.
    Doch ehe sie und
Caris den Marktplatz erreichten, trafen sie auf Gwendas Vater.
    Joby stand unweit
vom Klostertor, vor Bells Gasthaus. Bei ihm stand ein grobschlächtiger Kerl in
gelbem Kittel mit einem Rucksack auf der Schulter — und mit einer Kuh.
    Joby winkte Gwenda
zu sich heran. »Ich habe eine Kuh gefunden«, verkündete er.
    Gwenda schaute sich
das Tier genauer an. Die Kuh war zwei Jahre alt und dünn. Sie sah missmutig
aus, wirkte aber gesund. »Sie scheint ganz in Ordnung zu sein«, sagte sie.
    »Das ist Sim
Chapman«, sagte Joby und deutete mit dem Daumen auf den Burschen im gelben
Kittel. Ein Chapman, ein Hausierer, reiste von Dorf zu Dorf und verkaufte
Kleinigkeiten, die jeder brauchte: Nadeln, Gürtelschnallen, Handspiegel, Kämme.
Vielleicht hatte Sim die Kuh gestohlen, doch das machte Pa nichts aus, solange
der Preis stimmte.
    Gwenda fragte ihren
Vater: »Wo hast du das Geld her?« »Ich bezahle ihn nicht mit Geld«, erwiderte
er und kniepte mit den Augen.
    Gwenda hatte schon
damit gerechnet, dass er irgendetwas ausgeheckt hatte. »Aha. Und mit was dann?«
»Es ist mehr ein Tausch.«
    »Und was gibst du ihm im Tausch für die
Kuh?« »Dich«, antwortete Pa.
    »Lass die Scherze«,
sagte Gwenda, und dann spürte sie, wie ihr eine Schlinge über den Kopf geworfen
und festgezogen wurde, sodass sie ihr die Arme an den Leib drückte.
    Gwenda war verwirrt.
Das konnte doch nicht sein! Sie versuchte, sich zu befreien, doch Sim Chapman
zog den Strick noch fester.
    »Jetzt mach keinen
Aufstand«, sagte Pa.
    Gwenda konnte nicht
fassen, dass er es ernst meinte. »Was …
    Wie stellst du dir
das vor?«, kreischte sie. »Du kannst mich doch nicht einfach so

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