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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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in die Luft.
    Da schrie
Friar Murdo: »Ich sehe es! Ich sehe es!« Vier Nonnen gelang es, Neil wieder
ruhig zu stellen.
    Murdo sagte: »Es
besteht keine Notwendigkeit mehr, ihr die Kleider auszuziehen. Schaut unter
ihren rechten Arm!« Als Neil sich wieder zu winden begann, ging Murdo zu ihr
und zerrte ihren Arm selbst in die Höhe. »Da!«, rief erund deutete auf ihre
Achselhöhle.
    Die Menge drängte
nach vorne. »Ich sehe es!«, rief jemand, und andere wiederholten den Ruf. Caris
hingegen konnte nur ganz normales Achselhaar sehen; allerdings wollte sie auch
nicht so ungehörig sein und würdelos hinstarren. Sie hegte jedoch keinerlei
Zweifel, dass Neil an dieser Stelle irgendeine Art von Wucherung besaß.
    Viele Menschen
hatten Male und Flecken auf ihrem Leib, besonders die älteren.
    Erzdiakon Lloyd
rief die Leute zur Ordnung, und John Constable trieb die Menge mit einem Stock
zurück. Als schließlich wieder Ruhe in der Kirche einkehrte, stand Richard auf.
»Neil von Kingsbridge, die man die Verrückte nennt, man hat dich der Ketzerei
für schuldig befunden«, sagte er. »Du sollst an einen Karren gebunden und durch
die Stadt gepeitscht werden; dann soll man dich an den Ort mit Namen Gallows
Cross bringen, wo du am Hals aufgehängt wirst bis zum Tod.«
    Die Menge jubelte.
Caris wandte sich angewidert ab. Bei solch einer Rechtsprechung war keine Frau
mehr sicher. Ihr Blick fiel auf Merthin, der noch immer auf sie wartete. »Na
schön«, sagte sie missgelaunt. »Was ist?«
    »Es hat aufgehört
zu regnen«, sagte er. »Komm mit zum Fluss.«
     
    Die Priorei besaß
mehrere Ponys, die höherrangige Mönche und Nonnen zum Reisen nutzen konnten,
sowie einige Pferdegespanne zum Warentransport. Diese Tiere waren zusammen mit
den Reittieren wohlhabender Besucher in steinernen Ställen am Südende des
Kathedralengeländes untergebracht. Der in der Nähe befindliche Küchengarten
wurde mit Mist aus diesen Ställen gedüngt.
    Ralph war mit dem
Rest des gräflichen Gefolges im Stallhof. Ihre Pferde waren gesattelt und
bereit, die zweitägige Rückreise zu Rolands Residenz in Earlscastle anzutreten,
nahe Shiring. Sie warteten nur noch auf den Grafen.
    Ralph hielt sein
Pferd am Zügel — einen Braunen mit Namen Griff — und sprach mit seinen Eltern.
»Ich weiß nicht, warum Stephen zum Herrn von Wigleigh ernannt worden ist,
während ich nichts bekommen habe«, sagte er. »Wir sind gleich alt, und er ist
beim Reiten oder Fechten nicht besser als ich.« Jedes Mal, wenn sie sich
trafen, stellte Sir Gerald die gleichen hoffnungsvollen Fragen, und Ralph
musste ihm stets die gleichen unzulänglichen Antworten geben. Ralph hätte seine
Enttäuschung besser ertragen, wäre da nicht der armselige Eifer seines Vaters
gewesen, ihn in einen höheren Stand erhoben zu sehen.
    Griff war ein
junges Pferd. Er war ein Jagdpferd; ein einfacher Junker hatte kein Recht auf
ein teures Schlachtross. Doch Ralph mochte ihn. Griff reagierte bereitwillig
und schnell auf jede Hilfe, wann immer Ralph mit ihm zur Jagd ausritt. Griff
war ganz aufgeregt ob all der Aktivität im Hof und wollte gleich lospreschen.
Ralph flüsterte ihm ins Ohr: »Ruhig, mein Junge, du wirst deine Beine später
noch strecken können.« Das Pferd beruhigte sich beim Klang seiner Stimme.
    »Halte immer nach
Möglichkeiten Ausschau, dem Grafen zu Gefallen zu sein«, mahnte Sir Gerald.
»Dann wird er sich an dich erinnern, wenn es wieder einen Posten zu besetzen
gilt.«
    Das ist ja alles
schön und gut, dachte Ralph, doch wahre Gelegenheiten bieten sich nur in der
Schlacht. Vor allem könnte der Krieg heute schon näher sein als noch vor einer
Woche. Ralph war zwar nicht bei den Treffen zwischen dem Grafen und den Wollhändlern
dabei gewesen, doch die Kaufleute waren offenbar bereit, König Edward Geld zu
leihen. Sie wollten, dass der König entschieden gegen Frankreich vorging und ob
der französischen Angriffe auf englische Häfen einen Vergeltungsschlag
unternahm.
    Bis dahin ersehnte
Ralph sich nichts mehr, als sich zu beweisen und die Ehre zurückzugewinnen, die
seine Familie vor zehn Jahren verloren hatte — nicht nur für seinen Vater, auch
um seines eigenen Stolzes willen.
    Griff scharrte mit
den Hufen und warf den Kopf hin und her. Um ihn zu beruhigen, führte Ralph ihn
auf dem Hof auf und ab, und sein Vater ging mit ihm. Seine Mutter stand an der
Seite. Sie regte sich noch immer über Ralphs gebrochene Nase

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