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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Kind – ein Mädchen – sei drei Tage später mit einem Klumpfuß auf die Welt gekommen.
    Es fiel Elisabeth schwer, ihre Schützlinge zu verlassen, aber schließlich willigte sie ein. Abends saßen wir beisammen, bis es dunkel wurde, und machten Handarbeiten. Natürlich bestickten wir keine Taschentücher und spannen auch keinen feinen Flachs. Nicht einmal Wolle spinnen war Elisabeth noch gottgefällig genug. Sie hatte sich stattdessen aus der Stadt fünf große Ballen billiges Leinen kommen lassen, um daraus Totenhemden und Leichentücher zu nähen für die, die im Hospital starben. Es war ein trauriges Geschäft, was wir da jeden Abend betrieben. »Hoffentlich bleibt dem armen ungeborenen Frätzchen nichts«, raunte mir Isentrud einmal zu. »Nicht dass es später mal ein Leben lang an der Melancholei leidet.«
    Auch ich wurde langsam trübsinnig, bis ich kurzerhand beschloss, die Leichentücher sein zu lassen und stattdessen Kinderhemdchen zu nähen. Elisabeth sagte zwar nichts, aber ich spürte schon, dass sie mein Tun missbilligte. Selbst wenn es für ihre eigenen Kinder war – sie litten schließlich keine Not, und was bedeuteten schon Sachen für die Lebenden, wenn die Toten uns brauchten?
    In Creuzburg und den umliegenden Dörfern hatte es sich natürlich sofort herumgesprochen, dass die Landgräfin auf der Burg weilte, und so versammelten sich jeden Tag die Armen aus der Stadt und der ganzen Gegend vor dem Burgtor, um Almosen zu heischen. Elisabeth verteilte wie immer großzügig Essen und milde Gaben, während wir mit Argusaugen darauf achteten, dass sie den Kranken und Missgestalteten nicht zu nahe kam. Alles ging recht gut, und wir sahen der baldigen Niederkunft mit froher Erwartung entgegen. Vor allem auch, weil Elisabeth seit ihrer Ankunft wieder ordentlich aß. Wir hatten von der Wartburg nur wenig Nahrungsmittel mitgenommen, die aus Elisabeths eigenen Einkünften stammten und die sie also essen durfte. Es war mit dem Küchenmeister abgesprochen, dass er uns einen Karren mit Mehl, Wein, Gemüse und Fleisch nachschicken würde. Doch der Karren kam nie. Später erfuhr ich, dass Heinrich Raspe es verboten hatte, aus reiner Gehässigkeit. Er wusste, dass er Elisabeth damit in Schwierigkeiten bringen würde. Zweimal sandten wir einen Boten auf die Wartburg, umsonst. Elisabeth, stur wie sie war, weigerte sich zunächst, »verbotene Speise« zu sich zu nehmen, aber nach einer Woche des Hungerns verlor ich die Geduld und nahm sie zur Seite. »Du musst essen«, sagte ich. »Du bist es dem Kind schuldig, das du trägst.«
    »Aber es ist gegen mein Gewissen«, beharrte sie. »Mir reichen ein paar Beeren aus dem Wald und ein Stückchen Wildfleisch. Es geht mir gut.«
    Ich wurde langsam wütend. »Und was, wenn es deinem Kindchen nicht reicht? Oder wenn du zu wenig Kraft für die Geburt hast? Wer soll es dann Ludwig sagen? Soll er hören, dass sein Kind tot geboren wurde oder aus Schwäche starb? Oder dass du nicht überlebt hast? Soll er hören, dass du schuld bist, weil du dich geweigert hast, vernünftig zu sein? Ich verstehe dich nicht mehr, Elisabeth. Jesus liebt die Kinder. Er kann das nicht wollen!«
    Schließlich gab sie nach. Sie aß dann sogar mit einigem Genuss, ihre Wangen wurden wieder voller und sie bekam eine gesunde Gesichtsfarbe. Guda, Isentrud und ich waren beruhigt, und die anderen beiden, die sich ja ebenfalls zum Speiseverbot verpflichtet hatten, wurden sichtlich ein bisschen dicker. Alles war gut.
    Bis
er
wieder kam.
     
    Eines Morgens stand er mit seinem Eselchen und dem Einhändigen mitten im Burghof. Wir entdeckten ihn vom Fenster aus, und Elisabeth verfiel sofort in große Aufregung. In ihrem Gesichtsausdruck spiegelten sich Freude und Angst zugleich. Mir selber wurde auch ganz flau; wir alle fürchteten, dass es wegen des Speisegebots Ärger geben würde. Demütig ging Elisabeth ihrem finsteren Seelenführer entgegen, beugte schwerfällig vor ihm das Knie und küsste seine Hand. »Ich bin glücklich, Vater, dass Ihr wieder nach mir seht«, sagte sie. »Euer Beistand hat mir gefehlt.«
    Er lächelte nicht. »Meine Anleitung für ein seligmachendes Leben hattet Ihr immer, Liebden«, entgegnete er. »Und Gott ist stets bei Euch. Da kann es Euch an nichts gemangelt haben.«
    Voller Scham senkte sie den Kopf. »Darf ich heute Abend bei Euch beichten, Vater? Ich habe Schuld auf mich geladen.«
    »In der Kapelle«, antwortete er, »vor Sonnenuntergang.«
     
    »Lass uns mitkommen«, bat

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