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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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auf ein paar alte Säcke, die jemand zum Auslüften über ein Reck geworfen hatte. Alles hing voller Spinnweben. Ich trat durch eine schmale Tür in der Ecke und befand mich in einem fensterlosen Gang, der modrig und feucht roch. Aber an der Wand blakte ein Kienspan, also musste ja jemand hier sein. Mich beschlich ein merkwürdiges Gefühl, aber wie immer siegte meine Neugier über die Angst. Also ging ich vorsichtig weiter.
    Links und rechts führten Türen in irgendwelche Zimmer, aber sie waren sämtlich verschlossen. Etwas huschte über meine Fußspitze, und ich stieß einen leisen Schrei aus. Hier gab es Ratten! Als ich mich an der Wand entlang weitertastete, griff ich in feuchten, weichen Schimmel. Mich schauderte. Was wollte ich überhaupt hier? Was, wenn man mich entdeckte? Da, da war etwas Riesiges, Schwarzes, es bewegte sich! Meine Kehle war wie zugeschnürt vor Angst – aber dann sah ich: Es war bloß mein Schatten an der Wand! Mein Herz klopfte wild, und ich war schon im Begriff, wieder umzukehren, als ich plötzlich Stimmen hörte. Ich blieb stehen und lauschte. Ja, tatsächlich, da war ein Murmeln, es schien von weither zu kommen. Leise ging ich weiter den Gang entlang, bis auf der linken Seite hinter einem steinernen Bogen eine enge Treppe begann. Auch sie war von einem Kienspan beleuchtet, und hier wurden die Stimmen schon lauter. Was hatte Raimund von Kaulberg hier bloß zu suchen? Ich musste es unbedingt wissen, also nahm ich all meinen Mut zusammen und schlich auf Zehenspitzen die Stufen hinunter, bis zu einer alten Bohlentür mit einem kindskopfgroßen, vergitterten Guckloch, aus dem schräg ein Lichtstrahl fiel. Da drinnen musste Raimund sein; ich versuchte, aus dem Murmeln seine Stimme herauszuhören.
    Das Guckloch war zu hoch für mich, aber ich schaffte es, mich mit beiden Händen am Gitter festzuhalten und meine Füße auf den unteren Querbalken der Tür zu stellen. Jetzt konnte ich geradeso hineinschauen.
    Drinnen brannten keine einfachen Kienspäne, sondern schöne, teure Bienenwachskerzen. Unter einem niedrigen Rundbogengewölbe waren vielleicht zehn oder fünfzehn Leute versammelt, manche standen, manche saßen auf einfachen Hockern oder Bänken. Ich erkannte den Landgrafen und seine Söhne, alle bis auf Konrad. Dazu noch drei Herren vom Hofadel und die junge Frau des Ritters von Schlotheim. Die anderen hatte ich noch nie gesehen. Mein Blick suchte Raimund von Kaulberg, aber vergebens – er war nicht dabei. Ich war umsonst gekommen. Schon wollte ich von meinem Balken herunter und gehen, als sich hinten im Raum eine Tür knarrend öffnete und ein Mann in schwarzem Kapuzenmantel hereintrat. Das Gemurmel erstarb, der Mann schob die Kopfbedeckung zurück, und mir stockte der Atem.
    Es war Wido! Er blieb neben einer lodernden Wandfackel stehen, die sein Gesicht in gespenstisches gelbliches Licht tauchte. Langsam hob er die Hände, und die Menschen fielen auf die Knie. So hatte ich ihn noch nie gesehen, so würdig, so feierlich und gleichzeitig so furchteinflößend. Er strahlte etwas aus, was ich auf meinem Lauschposten fast körperlich spüren konnte. Etwas Weihevolles, aber gleichzeitig Böses und Unheimliches. Und dann geschah etwas, das ich gar nicht fassen konnte. Der Landgraf trat zu ihm hin und beugte vor ihm das Knie! Als sei Wido ein König oder Kaiser! Und er sagte laut: »Benedicite, parcite nobis!« Dann fügte er hinzu: »Bitte Gott für mich Sünder, dass er mich zum guten Christen mache und zu einem guten Ende führe.«
    Wido antwortete feierlich: »Gott segne Euch und sei gebeten, dass er Euch zum guten Christen mache.«
    Das Ritual wiederholte sich noch zweimal, dann erhob sich der Landgraf. Nacheinander knieten sich alle vor Wido hin, um immer denselben merkwürdigen Segen zu empfangen. Dann nahmen alle ihre Plätze wieder ein. Der alte Mann holte aus den Tiefen seines Umhangs mehrere beschriebene Pergamentblätter hervor und begann zu lesen. Es war zwar Lateinisch, aber ich glaubte, einige Sätze aus dem Johannesevangelium zu erkennen. Ich war völlig gebannt von dem, was in diesem Raum vorging, ich spürte überhaupt nicht, wie sehr meine Finger schmerzten, mit denen ich mich an das Gitter klammerte. Dies hier war keine christliche Messe, o nein. Etwas Verbotenes ging hier vor sich, etwas Gefährliches. Jetzt steckte Wido die beschriebenen Seiten wieder ein und begann, eine Art von Predigt zu halten.
    Ich kann hier nicht mehr genau wiedergeben, was er alles sagte, aber

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