Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
geschah nur für ihn und ihre Liebe; Gott würde ihr verzeihen. Sie nahm all ihren Mut zusammen, drehte sich auf den Bauch und ließ ihn ihr üppiges, weißes Hinterteil sehen.
    Plötzlich ging alles ganz einfach.
    Danach lag Ludwigs Kopf in ihrem Schoß. Er weinte wie ein kleines Kind.
     
    Bei Sonnenaufgang ging Elisabeth als erstes in die Kapelle. Dann schickte sie Isentrud von Hörselgau den schönsten Ring, den sie in ihrer Aussteuertruhe finden konnte.

Aus der Kreuzzugs-Chronik des Raimund von
Kaulberg, geschrieben von 1219–21
    Ich erwachtte sechs Tage nach der Schlachtt und wußt nit, wer noch wo ich war. Mein Leyb war ein einzger Schmertz, am Kopf und an der Seitten war ich zugenäht wie von Weiberhandt. Alß meine Lebensgeißter wieder kehrten, erkannt ich, daß man mich zurück nach Damiet gebracht hatte. Später ertzälte man mir, daß Herr Pelagius mitten im Kampff versucht hatte, zu fliehn, Schimpff und Schand über sein feyges Hertz. Die Ritter hatten darauff hin allen Muth verlorn, sie zerprachen ihre Kreutze und flehten um ihr Leben. Man hat Damietta dann an den Sultan übergeben und ihme viele Grafen und Barone alß Geiseln überlaßen müßen, darunter Herrn Pelagius selber, den tapfern König von Akkon und auch Herzog Ludwig von Bayern. Mir hat der Schimmel das Leben gerettet, den ich bestiegen hatt nachdem man mir das Ross zuschanden geschoßen. Denn man hieltt mich wegen des edlen Hengstes für einen hohen Herrn, trug mich zu einem der saracenischen Wundt-Ärzte und ließ mich pflegen. Man dacht, ich wär eine werttvolle Geisel und brächt ein guts Lößegeldt. Als dann späther herauß kam, daß ich nur ein einfacher Ritter war, zerrten sie mich vom Lager und warffen mich johlend und lachend auff ein Hauffen stinckenden Unraths, in dem Glauben, daß ich dann wohl mein Leben außhauchen würdt. Doch der Herr war mir ein weiters Mal gnedig. Ich hatt nemlich über das gantze Jahr hinweg einen Jungen alß Diener auff genomen, Baha mit Namen. Den gewann ich recht lieb und hab ihn stets gut und gerecht behandelt. Der nun fandt mich im Staube kriechend, dem Todt näher alß dem Leben, und er bracht mich zu einem Artzt im westlichen Theil der Stadt.
    Musa ad-Din Ibn al Gauzi, das war sein Name, Gott schenke ihm ewiges Gedenken. Er wurde mir ein Freund, wie ich selten einen hatte. Sein Hauß lag mitten in dem Virthel, wo man in zahlreychen Webereien die feynen, fast durchsichtgen Stoffe herstellt, die für Kopf-Bedeckungen benutzet werden, Durban genant. Die fürnehmen Männer allhier brauchen darzu fast fünfzig Ellen Stoffs, welche sie auff ihren Häuptern kunstvoll ineinander verschlingen; keiner gehet hier barhäupthig.
    Musa ad-Din nahm mich halb thot in sein Hauß, ohne zu fragen wer ich bin. Wohl konnt er sehen, daß ich ein Francke war, und dennoch schickt er mich nit fort. Späther sagte er mir, Allah – so nennt er Gott – mache kein Unterschiedt, wenn Menschen in Noth sindt. Und daß ein wahrer Artzt da helffen muß, wo Hülff gebraucht wirdt. Damals wußt ich noch nit, daß sein eintziger Sohn bey der Vertheidigungk von Damiet gefallen war. Um so hochhertziger ist dießer brave Mann zu mir geweßen und verdiente damit wahrlich einen Platz im Himelreich. Nie hat ein Christ christlicher an mir gehandelt als dißer brave Anhänger des Propheten Mahomet.
    Meine Kopff Wunde begann, gut zu heylen, nit aber der Stich in die Seiten. Ich bekam das heisse, wüthende Fieber, es loderte wie Feuer in meinen Eingeweyden. Musa ad-Din flößte mir Träncke ein, deren Bitterniß ich heut noch auff der Zunge schmeck. Er schlug mich in kaltte Tücher, wusch mich mit Wein und Essigk, band meine Händt und Füß fest, wenn ich im Fieber kämpffte und umb mich schlug. Hinterher ertzält er mir, daß er wohl alle meine Schlachtten noch einmal mit mir geschlagen hett, von Akko biß zur schmählichen Niederlag vor Damieta.
    Zwölff Tagk schwebt ich zwischen Leben und Todt, biß der Herrgot sich entschied, mich doch noch auff Erden zu laßen. Ich war schwach wie ein Kindt, konnt nit gehen noch stehn. Die Töchtter Musa ad-Dins flößthen mir geduldig Suppe und Mus ein, Gott vergelt’s ihnen. Vier an der Zahl hatte der guthe Artzt, und nie hab ich mehr von ihnen gesehen als Händ und Augen. Sie lebten im obersten Stock in einem Gelaß namens Harim, deßen Fenster mit höltzernen, kunstvoll geschnitzten Läden verschloßen waren. Die jüngkste von ihnen saß so manches Mal an meinem Lager und spielt mir auf eim

Weitere Kostenlose Bücher