Die Tore des Himmels
Wir Frauen müssen doch zusammenhalten.« Sie drückte Elisabeths Hand.
So saßen sie eine Weile schweigend, bis Elisabeth schließlich doch fragte. »Warum saßet Ihr damals in der Vorratskammer?«
Isentrud schnaufte. »Weil ich vor meinem Ehegatten geflüchtet bin, ganz einfach. Ich konnte es nicht ertragen, neben ihm zu liegen.«
»Ich bin auch vor meinem Ehegatten geflüchtet«, flüsterte Elisabeth und begann wieder zu weinen. Sie zitterte am ganzen Leib, und Isentrud sah sich selber da sitzen, als junges Ding, voller Verzweiflung. »Hat er … hat er Euch auch geschlagen? Euch erniedrigt? Euch Gewalt angetan?«, fragte sie sanft.
Elisabeth sah ungläubig zu ihr auf. »Aber nein«, antwortete sie und schüttelte heftig den Kopf. »Das würde Ludwig nie tun. Es ist … anders. Er … wir … können nicht …« Sie brachte nicht fertig, es auszusprechen.
Ja so. Isentrud zog die Augenbrauen hoch. Also stimmte es doch, was man munkelte. Der Landgraf hegte gottlose Vorlieben. »Ihr meint, Euer Gatte hat die Ehe mit Euch noch nicht vollzogen?«
»Es ist nicht so, wie Ihr glaubt.« Elisabeth wusste schon, was die Hörselgauerin dachte.
»Natürlich«, sagte Isentrud und tätschelte ihrer Herrin die Schulter. Tja, da konnte man wohl nichts machen.
Elisabeth fing wieder an zu weinen. Und dann erzählte sie der Hörselgauerin unter Schluchzen die ganze Geschichte. »Und jetzt will er, dass ich mit seinem Bruder … bis ein Kind kommt.«
Naheliegend, dachte Isentrud. Und vernünftig. »Aber Ihr wollt das nicht, ja?«, fragte sie.
»Ich kann das nicht«, schluchzte Elisabeth. »Es wäre wie Ehebruch in den Augen des Herrn.« Sie packte Isentrud bei den Händen. »Hörselgauerin, Ihr seid verheiratet, Ihr habt Kinder, Ihr wisst doch alles. Sagt mir, was ich tun soll!«
Ach du heilige Zeit! Isentrud überlegte. Nun, es gab verschiedene Arten von Liebeszauber, von denen man sich erzählte. Sie kannte einige davon, ohne sie je selber ausprobiert zu haben. Seit uralter Zeit versuchten die Menschen, mit magischen Mitteln Liebe zu erlangen, das war im Adel nicht anders als beim gemeinen Volk. Ob so etwas helfen mochte? Nun, man konnte nie wissen. »Schneidet etwas von Eurem Schamhaar ab und mischt es ihm ins Abendessen. Das macht einen Mann verrückt, sagt man. Dann müsst Ihr ein paar abgeschnittene Nägel von Eurer linken Hand und Eurem rechten Fuß verbrennen, zusammen mit ein bisschen Bibergeil. Die Asche tut Ihr zusammen mit ein paar Tropfen Eures Wassers in seinen Wein. Das stärkt sein Begehren für Euch.« Sie überlegte noch ein bisschen. Was würde wohl einem Mann gefallen, der Männer liebte? »Und dann hilft es vielleicht, wenn Ihr ihm dazu noch Euer nacktes Hinterteil hinhaltet.«
Elisabeth riss die Augen auf. »Aber das ist verboten! Das ist die Umkehr der Weltordnung, wenn man es macht wie die Tiere!«
Isentrud trat sofort den Rückzug an, erschrocken über sich selber. Natürlich war das von der Kirche nicht erlaubt. »Ihr habt recht, Herrin. Das war ein dummer Gedanke. Lasst es lieber sein und vergesst, was ich gesagt habe.«
Elisabeth nickte. »Ja, das ist wohl besser so.« Sie putzte sich mit dem Saum ihres Umhangs die Nase.
»So, und jetzt gehen wir beide zurück ins Bett, bevor uns jemand vermisst«, meinte Isentrud. Tröstend strich sie ihrer jungen Herrin übers Haar. »Das wird schon.«
»Lasst uns beide zur Jungfrau Maria beten«, sagte Elisabeth.
Drei Tage später – die Hühner-Els hatte auf Bitten Gislinds hin kopfschüttelnd vom Freyburger Krämer ein Stück getrocknete Biberdrüse besorgt – war es so weit. Elisabeth streute dem jungen Landgrafen eine Prise kleingeschnittene Schamhaare ins Kraut und mischte eine Messerspitze Asche in seinen Wein, dazu einige Tropfen ihres Urins, den sie in einem kleinen Fläschchen aufgefangen hatte.
Dann gingen sie zu Bett. Ludwig hatte eigentlich nicht vorgehabt, es noch einmal zu versuchen, er wartete nur noch geduldig auf Elisabeths Entscheidung. Doch da spürte er ihre Hand zwischen seinen Schenkeln. Noch nie hatte sie von sich aus das Liebesspiel begonnen! Es erregte ihn, dass sie den Anfang machte. Er drehte sich zu ihr und küsste sie. Immer noch behielt sie ihre Hand an seinem Geschlecht, streichelte ihn, ließ seine Männlichkeit immer mehr anschwellen.
Elisabeth merkte, dass diesmal etwas anders war. Er atmete schneller, sein Körper war angespannter als sonst. Und dann tat sie es doch. Ganz gleich, was sein mochte, es
Weitere Kostenlose Bücher