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Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Titel: Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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würde er damit aber sicher nicht verschwenden.
    »Dort hinten habe ich die Leiche gefunden«, erklärte die Nachtwache Tristan.
    »Zu welcher Stunde?« Tristan eilte voran und suchte dabei ungeduldig den Blick seines Begleiters.
    »Schwer zu sagen. Na, ne knappe Stunde nach Mitternacht würd’ ich meinen. Der Körper war noch warm und das Blut auf der Gasse frisch.«
    Dann ist der Mord also unmittelbar vor dem Auftauchen der Wache passiert , schlussfolgerte Tristan nachdenklich. Ein paar Schritte später hatte er den Tatort erreicht. Der Blutfleck war noch zu sehen, die Leiche hingegen befand sich schon in der Garnison. »Das ist doch der Hintereingang zum Goldenen Erker , oder nicht?«
    Die Wache nickte, als der Leutnant auf eine windschiefe Tür an der Seite der Gasse deutete. Tristan kannte diese Spelunke. Ein Ort für Schurken und Halunken, Herumtreiber und Tunichtgute. Sieben Schänken war schon kein angenehmer Stadtteil, doch die Gegend um den Goldenen Erker herum war berüchtigt. Schlägereien oder gar Schlimmeres standen hier beinahe auf der Tagesordnung. Vermutlich ging das Opfer der letzten Nacht auch auf das Konto einer dieser Schlägereien. Oft blieb es dabei ja nicht bei den Fäusten. Die Hemmschwelle war gering und häufig, und vor allem schnell, wurden Messer oder Dolche mit ins Spiel gebracht. Für Tristan war der Fall klar. Zunächst ist jemand wegen Geld oder womöglich einer Frau in der Kaschemme nebenan aneinander geraten. Die Auseinandersetzung wurde nach draußen verlegt, und aus der Schlägerei wurde schnell bitterer Ernst. Todesfälle dieser Art gab es immer mal wieder in Leuenburg, und oft blieb die Suche nach den Tätern erfolglos.
    Er hatte genug gesehen. Am liebsten wäre er wieder zurück in die Garnison gegangen, doch eine Mischung aus Selbstdisziplin und schlechtem Gewissen brachten ihn zu dem Entschluss, wenigstens noch einen Blick in den Goldenen Erker zu werfen. Taris’ Befehl war eindeutig gewesen und Tristan wollte ihn nicht allzu stiefmütterlich behandeln. Ein kurzer Abstecher in die Spelunke würde sicher nicht viel Zeit kosten. Und wenn es so laufen sollte wie er erwartete, dann würde er sowieso nur zugeknöpfte, wortkarge Gestalten vorfinden.
     
    Selbst am Tag war es im Goldenen Erker trüb. Die Schankstube war nahezu leer. Nur am Tisch beim Tresen saß ein großgewachsener Mann und aß. Der Wirt war nicht zu sehen. Eine ältere Frau, trotz ihres Alters nur spärlich bekleidet, ging mit einem zerfransten Reisigbesen halbherzig über den Boden. Alles in allem ein trostloser Anblick. Tristan wollte gerade wieder kehrtmachen, als sein Blick nochmal auf den großen Mann am Tisch fiel. Erst jetzt erkannte er dessen gewaltige Körperausmaße. In der Höhe gut und gerne zwei Schritt mutmaßte Tristan, und Arme so dick wie die Oberschenkel einer jungen Frau. Einem inneren Impuls folgend näherte er sich dem Tisch. Er wusste nicht warum, doch etwas hatte sein Interesse an diesem Kerl geweckt.
    Käse, etwas Honig und trockenes Brot lagen vor ihm auf einem Holzbrett, daneben ein großer Krug mit Wasser. Das Frühstück war karg, doch nicht ungewöhnlich. Viele Leuenburger aßen vormittags ähnlich, und nur die wenigsten konnten sich frisches Obst oder gar Säfte leisten. Ihm hier schien die Art jedenfalls nichts auszumachen. Sein Appetit war groß und seine Manieren überraschend gut. Beim Anblick des essenden Mannes meldete sich plötzlich auch Tristans Magen und ihm wurde bewusst, dass er heute auch noch nichts gegessen hatte. Er würde das später nachholen. Jetzt musste er sich zunächst auf die Ermittlungen konzentrieren. Auf den letzten Metern versuchte Tristan, den Kerl am Tisch einzuschätzen. Er hatte ohne Zweifel einen Krieger vor sich. Zwar fehlte ihm die entsprechende Waffe, doch war er sich sicher, dass es sie gab. Narben durchzogen sein Gesicht und trotz der Anwesenheit von Tristan hatte der Krieger noch kein einziges Mal aufgesehen. Selbstsicherheit , dachte er und trat mit einem leisen Räuspern an den Tisch.
    »Bekommt man bei der Stadtwache kein Frühstück oder warum starrst du mich so an?«, gab der hünenhafte Krieger plötzlich und ohne aufzusehen von sich. Gleich darauf wanderte ein großes Stück Käse in seinen Mund.
    Aufmerksamkeit , ergänzte Tristan in Gedanken. Der Riese hatte ihn sehr wohl bemerkt und auch gesehen. Ihm selbst war das nicht aufgefallen. Tristan schob das auf seine durchwachte Nacht in der Kapelle und versuchte, sich von diesem Umstand

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