Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Titel: Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
Vom Netzwerk:
hätte er sicher mehr Zeit darauf verwendet, doch unter diesen Umständen war es genug. Tristan nickte dem Krieger zu und bedankte sich höflich für das Gespräch. Er wandte sich gerade um und wollte auf die Hintertür zuhalten, als es plötzlich hinter ihm brummte.
    »Berenghor.«
    Tristan hielt inne und drehte sich um. Fragend sah er zu dem Riesen am Tisch.
    »Berenghor ist mein Name.«
    Tristan nickte. Eine überraschende Wendung, mit der er so nicht mehr gerechnet hatte.
    »Seltsamer Name für eine Jungfrau der Herrin.« Diesmal war es an ihm, zu grinsen. Eigentlich missfiel es ihm, den Namen der Herrin spöttisch zu verwenden, doch machte er in diesem Fall eine Ausnahme. Berenghor winkte ab. »Die Zeit ist lange vorbei. Heute arbeite ich für die andere Seite«, antwortete er und führte dann eine Faust mit gestrecktem Daumen am Hals entlang. Eine eindeutige Geste. Wäre da nicht ein amüsiertes Grinsen über Berenghors Gesicht gehuscht, Tristan hätte ihm geglaubt.
    »Dass man Eure Dienste kaufen kann, glaube ich Euch gern. Nur frag ich mich, wo ihr Euer Werkzeug gelassen habt.«
    »Geölt und scharf muss es sein, wenn es den Hals der nächsten Jungfrau küsst.« Für einen kurzen Moment trat Stille ein. Dann lachten beide.
    »Ich danke Euch für eure Offenheit, Berenghor. Sollte Euch dennoch etwas einfallen, so könnt Ihr mich in der Garnison etwas weiter nördlich von hier finden.« Abermals drehte sich Tristan um und ging zur Hintertür.
    »Nimm dich vor Frauen mit guter Figur und schulterlangem, kastanienbraunem Haar in Acht!«, rief ihm Berenghor hinterher. Tristan hielt noch mal kurz inne, sah sich jedoch nicht mehr um und zog die Tür des Goldenen Erkers hinter sich zu.
    Der Wachmann, der ihn nach Sieben Schänken begleitet hatte, stand noch immer auf der Gasse vor der Tür. Tristan gab ihm ein Zeichen und beide machten sich auf den Rückweg zur Garnison. Nun hatte ihm der Söldner doch noch eine Information zugespielt. Jetzt konnte er fast nicht mehr anders. Für einen kurzen Moment spielte er noch mit dem Gedanken, den Fall abzuhaken, doch sofort meldete sich das schlechte Gewissen. Tristan atmete tief durch. Er würde noch einen Blick auf den Toten werfen müssen. Frauen mit guter Figur gab es in Leuenburg einige und kastanienbraunes Haar war zwar etwas ungewöhnlich, aber sicher nicht exotisch. Und allesamt trugen sie es lang, zumindest bis auf die Schultern. Alles in allem nicht wirklich vielversprechend. Sollte ihm der Tote nicht noch eine weitere Spur offenbaren, hatte er endgültig seine Schuldigkeit getan. Auch Hauptmann Taris würde so denken, da war er sich sicher.
     
    Die Leiche lag im Verlies der Garnison. Einem Gefängnistrakt, der neben den Zellen für ungehorsame Soldaten und zivile Verbrecher auch eine kleine Leichenkammer besaß. Dunkel und feucht war es dort unten, und die Ratten ständige Gäste der Gefangenen. Außer einem schmalen Strohlager und den Nachttöpfen gab es nichts. Licht fiel nur über enge Schächte hinab, von denen die meisten sowieso vom Dreck und Unrat der Straßen verstopft waren. Kaum eine der Zellen war belegt und die wenigen, die es waren, stanken erbärmlich. Tristan kam nicht gerne hierher. Obwohl er wusste, dass hier unten niemand saß, der es nicht verdiente, taten ihm die Gefangenen Leid. Kein Tageslicht, schlechte Verpflegung und keinerlei Kontakt zur Außenwelt waren die Strafen, mit denen die Gefangenen zu kämpfen hatten. Viele gingen daran zu Grunde, und die wenigen, die es überlebten, waren danach nicht mehr dieselben. Der Gefängniswärter betrachtete dies freilich als Erfolg und sah sich in seiner Methodik bestätigt. Dem Herzog war dabei nur das Ergebnis wichtig, der Weg dorthin nicht sonderlich. Und selbst wenn er gewillt wäre, etwas zu ändern, spätestens am Stadtsäckel würde sein Vorhaben kläglich scheitern. Die Kassen waren leer. Nicht nur im Herzogtum Leuenburg, auch im Rest des Reiches war bare Münze Mangelware. Der letzte Krieg vor fünf Jahren hatte, einem unüberschaubaren Strudel gleich, alles Geld aus den Stadtsäckeln gesaugt und bis heute hatten sie sich davon nur unmerklich erholt.
    Die Leichenkammer war ein schauriges Loch. In einer Ecke stand eine große, rußende Öllampe und in der Mitte befand sich der Aufbahrungstisch. Altes Blut klebte an den Holzfüßen des Tisches und der Boden war mit blutigen Schleifspuren übersät. Tristan fragte sich, wie, in der Herrin Namen, jemand in diesem Drecksloch arbeiten konnte. Vom

Weitere Kostenlose Bücher