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Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Titel: Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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linken Handrücken aufgefallen. Sie wusste, was er bedeutete und, was noch viel wichtiger war, wer dahinter stand. In ihrer Branche liefen die Geschäfte nun mal auf eine ganz subtile Art und Weise ab. Emotionen waren dort fehl am Platz und nur allzu oft brachten eben diese meist Probleme mit sich. Sie hatte diesen Grundsatz stets beherzigt. Sicherlich fiel es das eine Mal leichter und das andere Mal schwerer, aber Gefühle mit in die Arbeit zu bringen hatte sie bisher immer vermieden. Warum man ihr in dieser Sache noch immer nachstellte konnte sie sich selbst nicht erklären, doch wusste sie nun, dass sie noch immer auf der Hut sein musste.
    Shachin blieb plötzlich unvermittelt stehen. Etwas stimmte nicht. Der Schatten dort vorne am Ende der Gasse war eben noch nicht da gewesen. Sie rührte sich nicht. Sämtliche Muskeln in ihrem geschmeidigen Körper spannten sich und eine unwirkliche Ruhe legte sich im nächsten Moment auf die Gasse.
    Der Schatten bewegte sich und etwas blitzte für den Bruchteil einer Sekunde auf. Shachin trat einen Schritt zur Seite. Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Lichtverhältnisse der Gasse gewöhnt, und das Dunkel war einem grauen Zwielicht gewichen. Sie waren also zu zweit gewesen , stellte Shachin überrascht fest. Nun gut, dass würde sie als Fehler ihrerseits verbuchen müssen, doch noch war nicht alles verloren. Im Gegenteil, es würde ein offener und fairer Kampf werden. Kein Versteckspiel und keine Schatten mehr. Von jetzt an stand nur noch das Können des Einzelnen im Vordergrund. Sie ging einen Schritt vor, und die Gestalt am anderen Ende tat es ihr gleich. Shachin hielt kurz inne und machte dann abermals einen Schritt. Und wieder, einem Spiegelbild gleich, ahmte der Fremde ihre Bewegung nach. Auf diese Art und Weise näherten sich die beiden Kontrahenten langsam. Der Tanz würde gleich beginnen und ein zartes Lächeln umspielte Shachins Lippen. Sie mochte diesen Kampf schon jetzt.

Andacht
    D ie erste der letzten sechs Nächte vor dem großen Aufbruch hatte er in Andacht verbracht. Schweigend, auf den Knien und die Insignien der Herrin fest in den Händen haltend. Eine Zeit der Ruhe, eine Zeit der Einkehr. Niemals war er sich selbst so nah wie in diesen Momenten der völligen Hingabe, und auch wenn es dieses Mal anders gewesen war, so hatte er dennoch wieder ihre Anwesenheit und Präsenz gespürt. Schlicht gekleidet, ohne Zeichen des Ranges war er an den Altar getreten, waffenlos und mittellos, so wie es geschrieben stand.
    Es war kalt in der kleinen Kapelle, unterhalb des Grünwalder Tores gewesen und auch die ersten Strahlen der späten Frühjahrssonne hatten seinen zitternden, frierenden Körper nicht wärmen können. Mit dem dritten Schrei des Hahns hatte er sich langsam aus seiner knienden Haltung gelöst und das Gefühl, dass bereits wenige Stunden nach Sonnenuntergang verschwunden war, kehrte erst jetzt, im Sitzen, langsam und schmerzvoll in die Beine zurück.
    Gleichmäßig rieb er sich mit beiden Händen über Oberschenkel und Wade. Weg vom Herz, runter zum Fuß, so wie es ihn vor vielen Jahren die alten Priester gelehrt hatten. Immer wieder, wenn er sich dieser Tortur unterzog, musste er sich an deren Ende fragen, wie es diese alten Herren nur schafften, jede dritte Nacht in dieser unbarmherzigen Haltung zu verbringen. Selbstdisziplin und Leidensfähigkeit, dessen war er sich sicher, hatten die alten Priester oben auf dem Leuenberg mehr als genug. Es musste aber noch etwas anderes geben, ein Geheimnis oder einen Trick, den man ihm nie beigebracht hatte. Und wenn nicht, dann war vielleicht genau das der Grund, warum er den Weg des Kriegers, des Soldaten eingeschlagen und seine Füße nicht auf den Pfad der Herrin gesetzt hatte.
    Ein Kribbeln in den Zehen riss ihn aus seinen Gedanken und er wusste, dass es nun an der Zeit war aufzustehen. Vorsichtig zog er sich an dem alten, verwitterten und mit Moos bewachsenen Altar hoch. Es fiel ihm nicht schwer, das Gleichgewicht zu halten und nach ein, zwei Schritten spürte er, wie die Kraft langsam in seine Beine zurückkehrte. Er richtete sich vollends auf und sah sich tief durchatmend um. Tristan mochte die kleine, halb verfallene Kapelle. Es kamen nicht viele Leute hier her und wenn, dann hielten sie sich nicht lange auf. Ein Stoßgebet und vielleicht ein kleines Opfer, mehr wurde diesem Leuenburger Kleinod nicht mehr gegönnt, und umso mehr gefiel im der Gedanke, hier seine seltenen Andachten der Herrin zu

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