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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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an!‹, und ich tat es, und sah all die Schlangen.« Sammy fing wieder an zu schluchzen. »Ich kann nicht mehr dorthin zurückgehen, auch nicht nach Hause. Sie würden in alle anderen hin einkriechen. «
    »Sie sind fort«, sagte Doyle mit Überzeugungskraft. »Hast du mich verstanden? Sie sind fort. Sie halten die Kälte nicht aus. Ich sah sie alle halbtot fortkriechen, als ich hierher kam. Nun, wohin ist der Bastard gegangen?«
    Sammy schnupfte. »Sind sie fort? Und tot? Wahrhaftig?« Er blickte angstvoll an sich hinab.
    »Ja, verdammt. Hast du gesehen, wohin er ging?«
    Nachdem er mit nachlassender Angst seine Kleider abgeklopft und zurechtgezupft hatte, begann der junge Mann zu zittern. »Ich m-muß zurück«, sagte er und stieg von einem Fuß auf den anderen. »Teuflisch kalt. Oh, gewiß, Sie wollten wissen, Sir, wohin er ging.«
    »Ja.« Doyle hatte vor Kälte auf dem Kopfsteinpflaster zu tanzen begonnen. Seine Zehen waren ohne Gefühl, desgleichen sein rechter Knöchel, und er fürchtete, daß die umgebundene Kette an seiner Haut festfrieren würde.
    Sammy schnupfte wieder. »Er sprang über das Haus dort in die nächste Straße.«
    Doyle neigte den Kopf, um besser zu hören. »Was?« »Er sprang über das Haus dort, wie ein Grashüpfer. Er hatte Metallfedern unter den Schuhen«, fügte Sammy erläuternd hinzu.
    »Ah. Nun... danke.« Offensichtlich hatte Romany diesen Jungen hypnotisiert, überlegte Doyle. Und innerhalb von Sekunden! Er täte gut daran, sich durch den Umstand, daß der Zauberer ihn zu fürchten schien, nicht zu übertriebenem Selbstvertrauen verleiten zu lassen, wenn er ihm wieder begegnete. »Ach, übrigens«, sagte er, als der Junge weitergehen wollte, »wo sind wir? Ich habe mich verlaufen.«
    »Borough High Street. Southwark.« Doyle zog die Brauen hoch. »London?«
    »Nun freilich, Sir, wo sonst?« sagte der Junge, auf der Stelle tretend.
    »Äh... und was für ein Jahr haben wir? Das Datum?«
    »Großer Gott, ich weiß es nicht Sir. Es ist Winter, das ist gewiß.« Er machte kehrt und rannte zurück zum Wirtshaus.
    »Wer ist König?« rief Doyle ihm nach. »Karl!« rief er zur Antwort über die Schulter. Karl der Wievielte, dachte Doyle. »Wer war vor ihm König«, rief er der entschwindenden Gestalt nach.
    Sammy überhörte das, aber über ihm knirschte und knarrte ein aufgestoßenes Fenster. »Oliver, der Gesegnete«, rief eine ärgerliche Männerstimme, »und als er regierte, wurde nachts nicht dergestalt auf den Straßen gelärmt.«
    »Ich bitte um Vergebung, Sir«, sagte Doyle hastig, richtete den Blick seiner vor Kälte tränenden Augen nach oben und versuchte die Stelle auszumachen, wo eines der Dutzend kleinen Fenster ein wenig geöffnet worden war. »Ich leide an einem... - warum nicht? dachte er - »an einem Gehirnfieber und habe mein Gedächtnis verloren. Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll.
    Könnten Sie mich bis zum Morgen in der Küche schlafen lassen, lieber Herr, oder mir einen dickeren Rock herabwerfen? Ich...«
    Er hörte, wie das Fenster zugeschlagen wurde und der Riegel kratzte, noch bevor er entdeckt hatte, welches Fenster es war. Typisch Cromwellisch, dachte er mit einem Seufzer, der als eine kleine Wolke davonsegelte. Also, dachte er, während er vor Kälte schlotternd weiterging, ich bin irgendwo zwischen... ah... 1660 und - was? Wann starb Karl II.? Um 1690 glaube ich. Das ist noch schlimmer. 1810 hatte ich wenigstens noch die Chance, Darrows Leute zu finden und mit ihnen heimzukehren, oder, falls dies nicht gelänge, mein Schicksal auf mich zu nehmen und mein Leben als William Ashbless in bescheidenem Wohlstand zu Ende zu bringen. (Verfluchte Kälte.) Du Idiot - warum hast du das nicht getan? Du hättest einfach Ashbless' Gedichte aus dem Gedächtnis niederschreiben, Ägypten besuchen und den bescheidenen Ruhm und das Vermögen - und sogar eine hübsche Frau - auf dich zukommen lassen können. Aber nein, statt dessen mußtest du Zauberer bei der Arbeit stören, und so ist die Geschichte jetzt des William Ashbless beraubt, und du steckst in einem verdammten Jahrhundert, in dem kein Mensch sich die Zähne putzte oder ein Bad nahm, und wo ein Mann mit dreißig mittleren Alters ist.
    Er blickte zufällig nach oben, als eine bizarre Gestalt diagonal über den schmalen Himmelsstreifen sauste, der zwischen den überhängenden Giebeldächern sichtbar war - sie hob sich einen Augenblick lang vor dem beinahe vollen Mond ab -, und er sprang unwillkürlich von der Straße

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