Die Tore zu Anubis Reich
seine schützenden Schuhe zwischen sich und den quälenden Boden zu bekommen, als die leere Haut und die Kleider Dr. Romanys sich weich wie ein totes Blatt auf einen Teich niedersenkten und auf den Fliesen liegenblieben.
Die Bettler in der Thames Street machten sich nicht an den kleinen Mann heran, der im kühlen Dämmerlicht einherschritt, denn seine schlecht sitzenden Kleider, das blasse grinsende Gesicht und der ungebärdige Schopf grauen Haares zeigten allesamt an, daß er keinen Penny zuviel hatte und möglicherweise sogar verrückt war; trotzdem versuchte ein beinloser Bettler auf einem Brett mit Rädern den Eiligen einzuholen und stieß sich ein paar Schritte hinter dem Mann her, dann aber machte er halt, schüttelte zweifelnd den Kopf und kehrte um, seinen Standplatz wieder einzunehmen.
Der Mann marschierte über das Pflaster von Billingsgate, umging die kleine Schaubude, wo er die dünne Stimme des Hanswursts rufen hörte: »Ah, einer der Schmerzhaften Brüder, glaube...« Die Stimme brach ab, und der Mann blickte zu der Handpuppe.
Er blieb stehen und lächelte. »Na, Hanswurst, kann ich etwas für dich tun?«
Die Puppe starrte ihn mehrere Sekunden lang an. »Uh, nein«, quiekte sie dann. »Einen Augenblick dachte ich, ich... nein.«
Der Mann zuckte die Achseln und ging weiter zu den Kais. Bald klopften seine schiefgelaufenen Stiefelabsätze auf den verwitterten Holzplanken der Anlegebrücke, und er machte erst halt, als er am Wasser stand. Er blickte über das breite, dunkelnde Antlitz des Stroms hin, wo auf der Surreyseite die ersten Lichter aufglommen, dann lachte er leise und flüsterte: »Nun laß uns deine... Ausdauer erproben, Chinnie.« Er ging in die Knie, beugte sich vor und stieß sich, die Arme über den Kopf gestreckt, in einem weiten und ziemlich flachen Kopfsprung von der Pier ab. Es gab ein Platschen und Spritzen, aber es war nicht laut, und sonst war niemand in der Nähe.
Die Riffelwellen begannen sich gerade aufzulösen, als sein Kopf sieben Schritte weiter draußen die Oberfläche durchbrach. Er schüttelte sich das nasse Haar aus den Augen und trat einige Sekunden lang Wasser, während er rasch und keuchend atmete. »Kalt wie das Wasser in der Siebten Stunde«, stieß er hervor. »Nun gut, in wenigen Minuten gibt es Sherry und trockene Kleider.« Er kraulte in ruhigem Tempo, unterbrochen von Ruhepausen, während derer er sich auf dem Rücken treiben ließ und zu den Sternen aufblickte, bis er weit draußen in der Mitte des Flusses war, fern von den wenigen Booten und Barken, die an diesem Abend auf dem Wasser waren.
Dann stieß er alle Luft, die er in den Lungen hatte, in einem leisen Zischen aus, das sich bald, als sein Kopf unter der Oberfläche verschwand, in aufsteigende Blasen verwandelte.
Beinahe eine Minute stiegen noch Blasen empor und zerplatzten in der einsamen Mitte des Flusses. Dann kamen keine mehr, und der Strom zeigte wieder seine glatte, träge ziehende Oberfläche.
Es war die ganze Zeit ziemlich knapp hergegangen, doch endlich sah der alte Harry Angelo von seinem Aussichtspunkt beim Fenster, wie sein erster Schüler seinen Gegner für den Angriffsstoß aufbaute, den Angelo für den Kampf gegen einen linkshändigen Fechter empfohlen hatte.
Der Kampf dauerte bereits mehr als fünf Minuten, und keiner der beiden Fechter hatte einen Treffer erzielt. Richard Sheridan, der, das Brandyglas in der Hand, herübergeschlendert war, um sich der Gruppe der Zuschauer zuzugesellen, flüsterte dem Faustkämpfer »Gentleman« Jackson zu, daß es die beste Vorführung von Fechtkunst sei, die er gesehen habe, seit Angelo seinen Fechtsaal im Opernhaus am Haymarket hatte.
Angelos Schüler, der als der Bewundernswerte Chinnie bekannte Fechter, hatte sich wiederholt von einer Finte zur Außenlinie der Sexte mit einem Stoß in die Quarte auf der anderen Seite der gegnerischen Klinge befreit, und sein Gegner hatte jedesmal mit Leichtigkeit pariert, obwohl es ihm nie gelungen war, eine Riposte zu landen.
Im Alter von vierundfünfzig war Harry Angelo der unbestrittene Meister aller Fechtlehrer Englands, seit sein legendärer Vater vor einem Vierteljahrhundert in den Ruhestand gegangen war, und er konnte in diesen Augenblicken die Absicht seines Schülers so klar erkennen, als ob Chinnie sie laut ausgesprochen hätte: eine weitere Sexte und dann die erwartete Befreiung, aber diesmal nicht ganz zur Quartenlinie, sondern statt dessen unter der Deckung des Gegners aufwärts in die
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